Gesang des Meeres - Feehan, C: Gesang des Meeres - Turbulent Sea (6 - Joley u. Ilya Prakenskii)
abstreiten, dass ich einen sehr gesunden Sexualtrieb habe. Täusche dich nicht. Ich werde mir von dir nehmen, was ich will und was ich brauche, aber deine Lust und deine Bedürfnisse stehen für mich an erster Stelle, und so wird es immer sein, selbst dann, wenn du deine eigenen Bedürfnisse nicht kennst.«
Sie schnitt eine Grimasse, blickte aber weiterhin zur Decke auf. »Du redest, und ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
»Du weißt genau, wovon ich spreche. Ich mache keine halben Sachen und dir liegt das auch nicht. Du hast dich mit mir eingelassen und du hast oft genug in mich hineingeschaut, um zu wissen, was für eine Sorte Mann ich bin.«
Joley holte scharf Luft, doch der Atem blieb ihr in der Kehle stecken. Sie wusste es – und wusste es doch nicht. Sie hatte
sich zu ihm hingezogen gefühlt, fast schon hypnotisch, und sie war von ihm, von seiner Aura und von seinem Lied verführt worden. Von seiner Magie. Und von seiner Kraft. Seine Stärke war das, wonach sie sich mehr als nach allem anderen auf Erden verzehrte. Dieses absolute Selbstvertrauen, diese Aggression, die sie an Orte führte, die sie bisher nur im Traum gesehen hatte. Orte, nach denen sie sich sehnte, vor denen sie sich gleichzeitig aber auch fürchtete. Er würde die Herrschaft über sie an sich reißen, und sie würde sich gegen ihn zur Wehr setzen und ihn unablässig bekämpfen. Er würde ihr das Leben zur Hölle machen – oder zum Himmel.
Sie feuchtete ihre Lippen an. »Glaubst du, du wirst mich beherrschen? Denn wenn du das glaubst, geht deine Fantasie weit über die Realität hinaus.«
Er nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände und drehte es gewaltsam zu sich um. Ihr verblüffter Blick richtete sich abrupt auf seine Augen. »Fang keinen Streit mit mir an, Joley. Nicht jetzt. Uns bleiben nur noch wenige gemeinsame Stunden.« Er beugte sich hinunter und hauchte Küsse auf ihre Augenlider, auf ihre Nasenspitze und auf ihre Lippen.
Joley stieß alarmiert gegen seine Brust. Er raubte ihr das Herz. Er hatte ihr bereits ihren Körper und ihre Seele genommen, und sie dachte gar nicht daran, ihm auch noch ihr Herz zu überlassen, damit er es zerstören konnte. Er hatte ihr die fantastischste sexuelle Erfahrung ihres ganzen Lebens beschert, und sie würde ihn immer wieder brauchen. Nichts würde sich jemals an dem messen können, was sie mit ihm hatte, aber mit Liebe hatte das nichts zu tun. Sie hatte nicht das Gefühl gehabt, dass er sie liebte. Er hatte von ihr Besitz ergriffen und seine Ansprüche auf sie geltend gemacht, das ja. Er hatte sie sogar besessen, aber geliebt hatte er sie nicht, und es mochte zwar sein, dass sie süchtig nach ihm war und ihn im Bett über sie herrschen ließ, aber sie weigerte sich und würde sich immer
weigern, ihr Herz einem Mann zu überlassen, der in grässliche Dinge verwickelt sein könnte.
Er küsste sie wieder, zarte, kleine Küsse, die ihr ein Gefühl von Hilflosigkeit einflößten, weil Wogen von Zärtlichkeit über sie hinwegspülten.
Er wusste, wovor sie sich fürchtete. Sie fühlte ihn in ihrem Innern, wo sie ihn nicht aufhalten konnte. »Es ist bereits zu spät«, flüsterte er und hinterließ eine Spur von Küssen, die von ihrem Wangenknochen zu ihrem Mundwinkel führte.
Sie schmolz innerlich. Wieder fühlte sie das Flattern von Schmetterlingsflügeln. Sie wurde nicht nur feucht und verlangte nach ihm, sondern sie verzehrte sich nach seinen Berührungen, nach seiner Stimme und seinem Duft, aber mehr als alles andere wollte sie, dass auch er diese erschreckende Verletzbarkeit fühlte, die für sie in seiner Nähe immer schlimmer zu werden schien.
Seine Hände glitten über ihre Haut und prägten sich jeden Zentimeter ihres Körpers ein, und währenddessen sprach er unablässig von fernen Orten, von seiner Kindheit in einem kalten, harten Land, und dass er ihr und nur ihr allein gehörte. Sie fühlte, wie die Klänge seines Liedes sie mit betörenden Tönen einhüllten und sie festhielten, während sie abdriftete, sich auf einer Woge von Sex und den zerbrechlichen Anfängen der Liebe treiben ließ.
Sie schlief zum leisen Murmeln seiner Stimme ein und erwachte nur eine Stunde später, um sich der sinnlichen Lockung eben dieser Stimme erneut hinzugeben. Er war bereits steif und bewegte sich in ihr, und sein Kuss raubte ihr den Atem, während sich seine Hände auf ihre Brüste legten.
In den Bussen dauerte die Fahrt von Red Rocks nach Dallas gut vierzehn Stunden. Ilja weckte sie immer wieder,
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