Geschenke aus dem Paradies
wunderbaren Aquamarinring, den sie oben versteckt hatte. Sie hatte ihn nicht in ihren Schmuckkasten gelegt, damit Fleur ihn nicht fand. War ein wunderschöner Ring ihre Unabhängigkeit wert? Nein. Teufel auch, sie konnte sparen und sich ihre eigenen Ringe kaufen. Sie würde mit Simon Schluss machen – wahrscheinlich mit den Männern überhaupt – und so weiterleben wie zuvor, unabhängig und glücklich, im Kreis ihrer Kinder.
Sie nippte an dem Tee. Er war sehr heiß und scharf und machte ihr Mut. Diese Sorte, hatten Viv und sie entschieden, kam von allen Tees einem kräftigen Whisky am nächsten. Wie würde sie sich fühlen, wenn sie ihre Kinder nicht mehr um sich hatte? Was, so schnell wie die Zeit verging, in ungefähr fünf Minuten passieren würde. Würde sie dann auch allein glücklich sein?
Ein weiterer Schluck, eine weitere Antwort: besser, allein zu sein und einsam, als ihre Unabhängigkeit für einen Mann zu opfern, der es vielleicht nicht wert war. Das mit Simon war schade. Sie kannte ihn schon lange, hatte ihm vertraut und war in kleinen Dingen sogar abhängig von ihm. Aber in letzter Zeit hatte er ihr ein Gesicht gezeigt, das sie nicht recht wiederzuerkennen vermochte, das Gesicht eines Mannes, der mit einflussreichen Leuten Golf spielte; der Dinge hinter ihrem Rücken tat; der, wie ihr jetzt klar wurde, zu großes Interesse an ihrem Haus zeigte. Wollte er sie wegen ihres Besitzes heiraten? Wäre er gar nicht so liebevoll und aufmerksam gewesen, wenn sie in einer modernen Doppelhaushälfte gelebt hätte, mit einem Garten, in dem man unmöglich bauen konnte?
Es war ein sehr niederschmetternder Gedanke. Niemand wollte sie, es sei denn, es gab noch eine Dreingabe dazu: Einfluss auf einen wichtigen Ausschuss, ein Haus mit einem wertvollen Garten.
Nein. Der letzte Schluck von dem Frauentee brachte die Lösung mit sich. Eine einsame Witwenschaft war das einzig Richtige. Es war nur ein Jammer, dass diese Schlussfolgerung sie nicht zu Freudentänzen veranlasste.
Villette legte ihr die Tatzen aufs Knie, und Nel hievte sie auf ihren Schoß. Es gab viele Entschädigungen für das Alleinsein. Schließlich war es nicht nur Sex, was einen glücklich machte. Abgesehen von ihren Kindern, hatte sie ihren Garten, ihr Haus, das sie verschönern konnte, und ihre Tiere. Eines Tages würde es auch Enkelkinder geben, nicht allzu bald, hoffte sie, aber all diese Dinge würden ihr Zufriedenheit schenken und die Art von alltäglichem Glück, das die Welt in Gang hielt. Eines Tages würde sie der Typ Frau sein, dessen dringlichstes Problem die Entscheidung war, wie sie ihren Flur streichen sollte. Tausende glücklicher, zufriedener Frauen lebten ohne Sex. Sie selbst hatte es jahrelang getan. Sie konnte es wieder tun.
»Vielleicht werde ich ja eine exzentrische Hundezüchterin«, sagte sie zu Villette, die müde seufzte. »Und die Hundehaare erkläre ich einfach zum Bestandteil der Dekoration.«
»Also, Mum, diese Parzelle ist schätzungsweise hundert Meter lang und zehn Meter breit?« Sam, der von der Universität hergekommen war, wollte einige alte Freunde besuchen, aber zuerst gab er seiner Mutter eine Nachhilfestunde in Mathematik.
»Ich denke, schon.« Sobald es um Mathematik ging, legte sich ein Nebel über Nels Gehirn, und es fiel ihr furchtbar schwer, sich zu konzentrieren. Sie konnte durchaus gut rechnen, wenn es sein musste, wenn sie nicht wusste, dass sie es überhaupt tat, zum Beispiel wenn sie ein Rezept ummodelte oder überlegte, wie viel Farbe sie kaufen musste. Aber jetzt, weil es wichtig war (und weil ihr Gehirn, wie sie es sich eingestehen musste, durch unerwiderte Liebe nicht richtig funktionierte), war sie nur müde und ratlos.
»Also, du kannst es auf die einfache Weise machen und tausend Parzellen von jeweils einem Quadratmeter verkaufen. Nimm, sagen wir, hundert Pfund pro Parzelle, und im Handumdrehen hast du hunderttausend Pfund beisammen.«
»Nein! So geht das nicht! Zunächst einmal kann ich unmöglich tausend Leute finden, die eine Parzelle kaufen würden, nicht einmal dann, wenn ich bis zur nächsten Jahrtausendwende Zeit hätte, geschweige denn bis zum 1. April. Und zweitens könnte ich nicht hundert Pfund pro Parzelle verlangen! Ich dachte eher an zwanzig.«
Sam tippte flink ein paar Zahlen in seinen Taschenrechner. »Okay, fünfhundert Leute ...«
»Nein, Sam. Denk an fünfzig, vielleicht hundert, höchstensfalls zweihundert. Wie viel müsste ich dann verlangen?«
Ein paar Sekunden
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