Geschenke aus dem Paradies
aus zwei verschiedenen Quellen zu hören, machte die Sache erheblich schwieriger.
Ewan leerte seinen Teebecher. »Sie sollten mal mit Abraham reden und sich anhören, was er vorhat.«
»Wissen Sie, wo er wohnt?«
»Nicht weit von hier. Ich rufe ihn an, wenn Sie wollen. Mal sehen, ob er zu Hause ist. Er arbeitet auch zu Hause, daher könnten Sie ihn durchaus antreffen.«
Nel war sich gar nicht sicher, ob sie Abraham, den Bauunternehmer, besuchen wollte. Sie hatte keine Ahnung vom Baugewerbe und würde nicht wissen, was sie sagen sollte. Sie hob die Hand, um Ewan aufzuhalten, aber er hatte bereits nach dem Telefonhörer gegriffen. Trotz all seiner Gutmütigkeit und seiner Liebe zur Natur war Ewan offensichtlich fest entschlossen, dass die Menschen tun sollten, was er für das Richtige hielt, auch wenn sie selbst andere Vorstellungen hatten.
Nel hörte zu, wie er mit seinem Freund einen Termin vereinbarte und ihm erzählte, dass diese Frau gleich bei ihm sein werde. Jetzt konnte sie keinen Rückzieher mehr machen. Sobald Ewan eingehängt hatte, drehte er sich aufgeregt zu ihr um. »Das ist ja wirklich ein erstaunlicher Zufall. Er hat versucht, Sie zu erreichen. Er muss sofort mit Ihnen reden – können Sie jetzt gleich zu ihm rübergehen?«
Nel seufzte. »In Ordnung. Dürfte ich vorher kurz Ihre Toilette benutzen?«
Abraham wohnte in einem großen, neuen Haus, das mehr Charme und Eleganz besaß, als Nel erwartet hatte. Es gab nichts Unpassendes oder Nippes wie Butzenscheiben oder kitschige Putten, die im Garten die Vogeltränken stützten, und die Türglocke spielte auch nicht die ersten Takte der Ouvertüre von Wilhelm Tell, als sie darauf drückte. Während Nel vor der Tür wartete, tadelte sie sich für ihre Vorurteile; selbst Bauunternehmer, die ein Vermögen mit dem Bau von Häusern verdienten, in denen sie persönlich nicht hätten wohnen wollen, konnten in ihrem Privatleben durchaus guten Geschmack an den Tag legen.
Abraham schien sich zu freuen, sie zu sehen, und selbst angesichts ihrer Unfähigkeit, Leute zu hassen, erlag Nel dem altmodischen Charme ihres Gastgebers beunruhigend schnell.
»Kommen Sie herein, meine Liebe. Meine Frau ist beim Friseur, aber sie wird bald wieder da sein und uns eine Tasse Kaffee machen. Mir ist klar, dass Sie am liebsten überhaupt keine Häuser auf den Wiesen hätten, aber ich denke, wenn Sie sehen, was mir vorschwebt, würde das den Schlag ein wenig mildern.«
Es war schwer, sich seiner väterlichen Güte zu widersetzen. Nel folgte ihm ins Esszimmer, wo auf dem Tisch die Pläne ausgebreitet lagen.
Nel hatte sie schon einmal gesehen, bei der Planungssitzung vor Weihnachten im Büro der Gemeindeverwaltung, aber sie war dankbar für die Gelegenheit, sie in einer friedlicheren Umgebung noch einmal studieren zu können. Außerdem waren diese Pläne in einem größeren Maßstab gezeichnet. Sie betrachtete sie genau. Irgendwie schien es sich nicht um dieselben Pläne zu handeln.
»Sie werden sehen, dass das ganze Projekt sehr ehrgeizig ist«, sagte Abraham.
»Sehr teuer natürlich.« Nel war verwirrt und versuchte immer noch, das, was jetzt vor ihr lag, mit den anderen Plänen in Einklang zu bringen. Der größere Maßstab veränderte das Bild natürlich. Aber trotzdem ...
»Moment mal, Abraham, tut mir Leid, wenn ich mich dumm anstelle, aber wie sollen all diese Häuser auf Paradise Fields Platz finden?«
»Indem man auch das Hospiz abreißt und auf diesem Grundstück ebenfalls baut.«
Nel spürte, wie alles Blut aus ihrem Gesicht wich, und einen Augenblick lang befürchtete sie, in Ohnmacht zu fallen.
»Deshalb habe ich versucht, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen. Mir ist klar geworden, dass Sie keinen Schimmer von dem Ausmaß haben, in dem Gideon Freebody zu bauen plant.«
Sie setzte sich auf einen etwas abseits stehenden Stuhl. »Aber warum wusste niemand davon?«
Abraham zuckte die Achseln. »Weil man nicht wollte, dass Sie davon erfahren.«
»Wer steckt dahinter? Gideon Freebody?«
Abraham schüttelte den Kopf. Er hatte anscheinend die Informationen, die sie benötigte, aber offensichtlich widerstrebte es ihm aus irgendeinem Grund, sie ins Vertrauen zu ziehen. »Sie meinen, es ist jemand vom Hospiz?« Ihr wurde plötzlich heiß. »Chris Mowbray?«
Der alte Mann nickte. »Ich schätze, so ist es. Sie sehen ein wenig blass aus, Kind. Möchten Sie ein Glas Wasser?«
Nel nickte, weniger weil sie das Wasser haben wollte, sondern weil sie Zeit brauchte, um ihre
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