Geschenke aus dem Paradies
Ewigkeiten eine Kopie zu Hause und hatte die aus dem Hospiz nur mitgenommen, damit sie sonst niemand zu Gesicht bekam. »Oh nein«, erklärte Chris mit ungewohnter Leutseligkeit. »Ich habe sie einem Freund geliehen. Er interessiert sich für die Lokalgeschichte und wollte die Urkunden gern sehen.« Nel konnte dagegen kaum Einwände erheben. Sie war nicht verantwortlich für die Urkunden, und wahrscheinlich waren sie in der Tat von einigem Interesse für einheimische Historiker. »Wollen Sie nicht ins Wohnzimmer kommen und einen Sherry mit mir trinken?«
»Das wäre schön«, sagte sie.
Christopher Mowbrays Wohnzimmer war, wie Nel nicht zu bemerken umhin kam, der Inbegriff eines neureichen Hauses: all das, was sie bei Abraham, dem Bauunternehmer, erwartet und nicht vorgefunden hatte. Butzenscheiben, Kamin aus nachgemachtem Catswold-Stein und kitschige Skulpturen in den Nischen. Außerdem zog sich ein Soundsystem über eine ganze Wand, aber Bücher waren keine zu sehen. Es roch nach einer toxischen Chemikalie, die den Raum sehr sauber wirken ließ, aber zugleich irgendwie so unpersönlich wie eine Behörde. Nel erinnerte sich daran, dass Christopher Mowbray geschieden war, und fragte sich, ob es wirklich klug war, sich auf das Sofa zu setzen, wo er neben ihr Platz nehmen konnte.
Statt ihre eigenen Bedenken zu offenbaren, sagte Nel, sobald sie den Tío Pepe in der Hand hielt: »Also, was halten Sie von den Bauplänen für die Feuchtwiesen? Sie stimmen mir doch sicher zu, dass es für das Hospiz das Beste wäre, Abraham den Auftrag zu geben?!«
Er setzte sich neben sie, worauf die lederne Sitzfläche einsackte, sodass Nel unausweichlich auf ihn zu rutschte. »Eigentlich bin ich ganz und gar nicht Ihrer Meinung, Nel. Ich glaube nicht, dass Abraham – ist das übrigens sein Vorname oder sein Familienname?«
»Keine Ahnung. Er wird überall einfach nur Abraham genannt.«
»Ist ja auch egal. Aber ich glaube nicht, dass Abraham einen Plan vorlegen können wird, der für die Hunstantons auch nur annähernd attraktiv wäre. Er ist ein alter Mann. Er versteht nichts von all der neuen Technologie. Nein, ich denke, das Hospiz sollte Gideon Freebodys Pläne unterstützen.«
»Aber warum, wenn Abraham meint, dass er uns den Zugang zum Fluss bewahren könnte? Ich weiß, dass wir die Wiesen trotzdem verlieren würden, aber es wäre besser als gar nichts, wenn wir auch weiterhin das Boot erreichen könnten. Würde das nicht bedeuten, dass das Hospiz in Sicherheit ist?«
Chris Mowbray schüttelte den Kopf, und Nel nahm einen Schluck Sherry, den sie nicht besonders gern mochte, und rückte ein wenig von dem Mann ab. Es war ihr grässlich, wenn der Abstand zwischen ihr und einem anderen Menschen falsch war, sei es, dass sie zu weit entfernt oder dem Betreffenden zu nah war. Christopher Mowbray war ihr eindeutig zu nah. »Ich fürchte, das sind doch kleine Fische. Für das Hospiz wäre es bei weitem besser, den größeren Plan zu unterstützen.«
»Aber warum?«
Nel rückte ein wenig weiter von ihm ab. Sie hielt sich im Allgemeinen nicht für die Art Frau, der Männer Avancen machten, aber selbst sie konnte die Signale, die sie jetzt empfing, nicht falsch deuten.
»Ich fürchte, Nel ...« Er legte eine Hand auf ihr Knie. Sie konnte sich vorstellen, dass sie einen Fettfleck auf ihrer Hose hinterlassen würde. »Ich fürchte, es gibt einige Dinge, die ich Ihnen nicht offenbaren darf. Aber lassen Sie es sich von mir gesagt sein, Gideon Freebody ist unser Mann.«
»Das klingt sehr verdächtig, Christopher!« Nel lachte, obwohl sie das Ganze absolut nicht komisch fand.
»Ich weiß, dass es so klingen muss, aber glauben Sie mir, es ist wirklich im Interesse des Hospizes.« Er beugte sich vertraulich vor, und Nel bemerkte, dass er Mundgeruch hatte. »Wir schlagen vielleicht genug Geld für ein brandneues Hospiz heraus. Was würden Sie dazu sagen?«
Oberflächlich betrachtet, war es schwierig, auf diese Idee nicht mit Begeisterung zu reagieren, aber Nel misstraute dem Mann mit jeder Faser ihres Körpers. Sie wusste jetzt, dass Viv Recht gehabt hatte, in zweifacher Hinsicht. »Nun, das wäre natürlich wunderbar. Sie müssten diese Idee dem Ausschuss vorlegen. Meine Sorge gilt der Frage, was aus dem Hospiz würde, während ein neues Haus dafür gebaut wird. Und sollten wir solche Entscheidungen wirklich treffen, solange wir keinen Direktor haben? Bei einer solchen größeren Veränderung würde der neue Mann oder die neue Frau doch
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