Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman
trennen. Es kommt mir mittlerweile vor wie eine kleine Ewigkeit. Ich sollte das eigentlich nicht tun, es schmerzt auf diese Weise nur länger. Aber zumindest die alten Möbel haben wir jetzt endlich weggeschafft.“
Dann zuckte Berwald mit den Schultern. „Wir haben nämlich bei der Firma in Langen gewohnt. Im gleichen Gebäude. Das war damals einfach praktischer“, erklärte er dann. „Nun ja, vielleicht hat mein Sohn recht. Es ist immerhin schon einige Zeit her, dass meine Frau gestorben ist, und Martin möchte die Räumlichkeiten gerne für sich nutzen.“
„Ich kann Sie schon gut verstehen. Wie lange waren Sie verheiratet?“
Berwalds Antwort geriet schroff und abweisend. „Zu kurz. Aber was geht Sie das eigentlich an?“
Karlo hob entschuldigend die Hände. „Tut mir leid, ich wollte nicht neugierig sein. So etwas geht nicht bei der ersten Wäsche raus, ganz klar“, spielte Karlo seine Neugier herunter. Dann hielt er sein Mobiltelefon in der Hand. „Ich rufe jetzt besser die Polizei.“
Es war nur ein kurzes Gespräch und man hatte ihm versichert, dass sofort ein Streifenwagen käme. Nach dem Anruf herrschte eine betretene Stille. Karlo hatte den Eindruck, etwas sagen zu müssen, und lenkte das Interesse wieder auf die beiden Schüsse.
„Eine Ahnung, wer das gewesen sein könnte?“, versuchte er, seinem Vermieter etwas über die Hintergründe der Tat zu entlocken.
„Ich habe nicht die leiseste Ahnung, obwohl …“ Berwald wollte gerade fortfahren, da hörte man, wie ein Fahrzeug mit quietschenden Reifen vor dem Haus anhielt. Oder präzise gesagt: fast anhielt. Einen winzigen Moment nämlich, bevor der Wagen endgültig zum Stehen kam, hörte man den Aufprall.
Streifenpolizist Dietmar Hund hatte den Funkwagen auf das Heck von Karlos Motorradgespann gesetzt. Einige quälend lange Sekunden war es mucksmäuschenstill im Funkwagen. Dann stieß Manfred Haffmann die Beifahrertür auf, sprang auf die Straße und tanzte umher wie Rumpelstilzchen. Was er deshalb nicht mitbekam: Das Ungemach nahte in Fahrtrichtung. Man hörte einen kehligen Schrei und den schrillen Ton einer Fahrradklingel.
Der rasch nahende Radfahrer hatte keine Chance mehr zum Bremsen. Alles war viel zu schnell gegangen. Und so rissen seine geschätzten zwei Zentner Lebendgewicht, mit freundlicher Unterstützung einer Geschwindigkeit von circa fünfundzwanzig Kilometern in der Stunde, Haffmann mit Leichtigkeit von den Beinen. Das Fahrrad rutschte knapp an der geöffneten Fahrzeugtür vorbei und blieb ein paar Meter weiter fast unversehrt liegen.
Karlo und Berwald standen derweil am Fenster und staunten nicht schlecht, wie schnell dieser überaus kräftige Mann wieder auf den Beinen stand. Seine feiste Pranke schoss nach vorne, schnappte Haffmann am Kragen und zog ihn zu sich heran. Der fing sofort an zu zetern, allerdings war der bange Ton unüberhörbar.
„Lassen Sie mich los! Sofort! Das gibt eine Anzeige wegen Angriffs auf eine Amtsperson“, quäkte Haffmann mit angstverzerrtem Gesicht.
„Das gibt keine Anzeige, du Bratwurst, das gibt eine auf’s Maul!“, unterbrach der Hüne den verängstigten Beamten.
Der Schlag kam völlig ansatzlos. Die rechte Faust des Schwergewichts krachte auf Haffmanns Nase. Mit den Fingern seiner Linken tippte der kräftige Radfahrer dem Polizisten darauf noch leicht gegen die Stirn. Der kleine blonde Beamte fiel zurück auf den Beifahrersitz. Der Dicke wischte sich die Hände an den Hosenbeinen ab, hielt seine flache Hand an die Stirn, knallte die Hacken aneinander und schickte Dietmar Hund, dem unglückseligen Fahrer des Streifenwagens, einen paramilitärischen Gruß. Der stand mit offenem Mund neben dem Wagen und brachte keinen Ton hervor.
Der Mann stapfte zu seinem Fahrrad, hob es auf und unterzog es einer kurzen Prüfung. Als er keine tiefergehenden Schäden feststellte, stieg er auf und fuhr, einen weiteren Gruß in die Nacht winkend, ungerührt weiter. An der Ampel bog er nach rechts ab.
Drei dunkle Biere später, im
Knöpfchen
, der kleinen Kneipe in der Pfortenstraße, amüsierte er sich dann mit den Gästen an der vollbesetzten Theke über die Kompetenz, welche die beiden ortsbekannten Uniformierten in puncto Fettnapftreten wieder mal bewiesen hatten.
„Unsere Freunde und Helfer sind da.“ Karlo warf einen Blick auf den fassungslosen Berwald, seufzte ergeben und wusste nicht, ob er lachen oder fluchen sollte. Außerdem stieg langsam auch so etwas wie Wut in ihm auf. Dieser Tag hatte
Weitere Kostenlose Bücher