Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman
öffnete die Wagentür. „Ja, hier“, er schwenkte den Schlüsselbund vor seinem Gesicht. „Ich mach auf.“
Das Tor war noch abgeschlossen. Karlo war also nicht im Garten. Einser schloß auf, Kuhl fuhr hinein und parkte seinen Wagen vor der Hütte. Als er den Motor ausgeschaltet hatte, öffnete Einser den Kofferraum, um Kuhls schweren Werkzeugkasten herauszuheben. Der Rasenmäher hatte vorige Woche wieder einmal seinen Dienst versagt, wie schon öfter in der letzten Zeit, und die beiden wollten ihn nun etwas genauer unter die Lupe nehmen.
Vor einigen Jahren noch hatte Kuhl auf seine alte Sense aus ostdeutscher Produktion geschworen, wenn es um einen zünftigen Rasenschnitt gegangen war. Dann aber war ihm von seinen Vereinsfreunden ein moderner Rasenmäher geschenkt worden. Nach anfänglicher Skepsis hatte Kuhl sich schnell an das Gerät und die viel bequemere Bedienung gewöhnt. Mit der Zeit jedoch musste Kuhl feststellen, dass der Motormäher wohl eher einer Montagsproduktion entstammte. Kaum ein Monat verging, ohne dass das Verdrussgerät, wie es Kuhl nun insgeheim nannte, seinen Geist aufgab. Am liebsten hätte er das Ding auf den Schrott gefahren. Ab und zu, wenn er sich unbeobachtet fühlte, hatte er auch schon heimlich seine alte Sense hervorgeholt, um den Rasen zu mähen. Doch Geschenk blieb Geschenk, und so mühte er sich wohl oder übel in den meisten Fällen mit dem verhassten „Verdrussgerät“ ab.
„Einen kleinen Moment noch“, rief Kuhl, während er zurück auf den Weg vor dem Garten trat. Er hatte den Schaden an der MZ noch nicht gesehen und wollte den Zufall nutzen, um sich ein Bild vom Ausmaß der Beschädigung zu machen.
Was er auf den ersten Blick feststellen konnte, beruhigte ihn. Man würde das Heck des Seitenwagens mit wenig Aufwand ausbeulen können. Er hatte jedoch vor, den Rahmen vermessen zu lassen, um kein Risiko einzugehen. Und zwar auf Kosten der Polizei. Er würde mit Karlo reden und sich heute noch darum kümmern.
Apropos Karlo. Wo steckte der Kerl bloß? Nun, er würde bestimmt gleich auftauchen. Weit weg konnte er ja nicht sein, wenn das Gespann vor der Tür stand.
Kuhl ging zurück in den Garten, holte den Rasenmäher aus dem Unterstand und stellte ihn hinter seinem Auto ab.
„Mistding“, beschimpfte er das Gerät rüde. Die Maschine schwieg und ignorierte ihn. Wie so oft.
Einser stellte den Werkzeugkasten neben Kuhl ab. Plötzlich fing er an zu schnuppern und schaute sich um. „Sag mal, hier riecht es doch nach Rauch, oder?“
Kuhl saß in der Hocke vor dem streikenden Rasenmäher und schaute grinsend auf. „Was? Eine rauchen? Jetzt machen wir erst einmal den Rasenmäher flott.“ Kuhl kicherte über seinen platten Scherz.
„Sehr witzig, Kuhl!“ Einser behielt sein ernstes Gesicht. „Hier riecht es nach Rauch“, beharrte er. „Da brennt es irgendwo.“ Nervös drehte er den Kopf hin und her. „Da hinten. Jetzt schau doch mal, da qualmt es. Und zwar ganz gewaltig.“
Er wies in die Richtung, in der Frankfurt seine großstädtischen Ambitionen mit einer bunt zusammengewürfelten Ansammlung von Hochhäusern zu vermitteln suchte.
Kuhl stand auf und schaute in die Richtung, in die Einser wies. Eine dunkelgraue Rauchsäule stieg zwischen den Gärten auf und verdeckte die Sicht auf die Frankfurter Skyline. „Ach was, da wird nur jemand seine Gartenabfälle verbrennen.“
Einser schaute alarmiert. „Gartenabfälle? Ich glaube, das würde anders aussehen.“
Kuhl zögerte. Er betrachtete noch einen Moment lang unschlüssig die Rauchentwicklung, dann stimmte er zu. „Du hast recht. Komm, lass uns nachsehen.“
Er strebte mit schnellem Schritt aus dem Garten, dann rannte er den Weg entlang. Die Zeit als aktiver Fußballer in der Jugend des FSV Frankfurt lag freilich seit Jahrzehnten hinter ihm. Kuhl war kein schlechter Spieler gewesen, doch sein im Laufe der Jahre stetig angewachsenes Eigengewicht und die daraus resultierende Leibesfülle forderten nun ihren Tribut.
Nach hundert Metern schon bildeten sich hektische rote Flecken in seinem Gesicht, er blieb stehen und schaute sich um.
Karl Einser, ebenfalls ein respektables Schwergewicht, allerdings noch etwas jünger und deshalb um einiges besser zu Fuß, kam angerollt wie eine Dampfwalze. Bei ihm konnte man durchaus noch von
Kampfgewicht
sprechen. In den Händen hielt er den Feuerlöscher, der im Clubheim für den Fall der Fälle auf seinen Einsatz wartete.
Kuhl drehte sich um und rannte weiter. Nach
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