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Geschichte der deutschen Sprache

Geschichte der deutschen Sprache

Titel: Geschichte der deutschen Sprache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Roelcke
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mittelhochdeutscher Zeit vom 11. bis zum 13. Jahrhundert aufgenommen, als die höfische Kultur ausdem französischen über den niederländischen Raum übernommen wird. Andere niederländische Lehnwörter stammen aus den Bereichen Seefahrt, Landgewinnung sowie Handel und stammen dabei meist aus dem 17. Jahrhundert, nachdem die Hanse ihre Vormachtstellung im Nord- und Ostseeraum verloren hat. Beispiele hierfür sind
Düne
,
Schleuse
,
Apfelsine
,
Stoff
und andere. Aus der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Blütezeit der Hanse selbst stammen wiederum zahlreiche niederdeutsche Wörter, die aus dem Mittelniederdeutschen ins Hochdeutsche Eingang gefunden haben; so etwa aus den Bereichen des Rechts (
echt
,
Gerücht
); des Handels (
Fracht
,
Laken
,
Stockfisch
) oder Seefahrt (
Hafen
,
Ebbe
,
Teer
). Das Ansehen des Mittelniederdeutschen sinkt bis zum 17. Jahrhundert indessen erheblich; und so setzt sich die Bezeichnung
Platt
(
deutsch
) (aus französisch und niederländisch
plat
(
t
) ‹gemeinverständlich›) immer mehr durch.
    Neben all diesen Entlehnungen finden sich im Deutschen auch Wörter, die ursprünglich aus weit entfernten Ländern und Sprachen stammen: Hierzu zählen beispielsweise:
Dschungel
,
Ingwer
,
Nirwana
,
Pyjama
,
Pfeffer
oder
Reis
aus dem Indischen,
Algebra
,
Alkohol
,
Atlas
,
Harem
,
Kaffee
,
Safran
,
Scheich
oder
Ziffer
aus dem Arabischen sowie
Kokain
,
Kondor
,
Schokolade
,
Tomate
oder
Tabak
aus den amerikanischen Indianersprachen. Dabei handelt es sich in der Regel um natur- oder kulturspezifische Ausdrücke sowie um Bezeichnungen für Kolonialwaren bzw. -produkte, die oft mittelbar über andere europäische Sprachen wie Latein, Englisch oder Französisch in das Deutsche gelangt sind. In diesem Zusammenhang sei hier auch ausdrücklich auf den großen Einfluss der arabischen Kultur auf Deutschland und ganz Europa im Mittelalter hingewiesen. In der Gegenwartssprache finden sich noch einige weitere Ausdrücke, die der wachsenden Globalisierung (auch im kulinarischen Bereich) zu verdanken sind:
Judo
,
Manga
,
Sudoku
,
Sushi
oder
Tsunami
aus dem Japanischen,
Feng-shui
,
Kung-Fu
oder
Qi-Gong
aus dem Chinesischen sowie
Rooibos
aus dem Afrikaans.
    Der wiederholte und deutliche Einfluss fremder Sprachen auf das Deutsche führt immer wieder zu gesellschaftlichen Strömungen,die diesem entgegenzuwirken versuchen. Solch sprachpuristische Tendenzen im Deutschen finden sich in der Neuzeit mehrfach: Sie beginnen mit den sog. Sprachgesellschaften im Barock (allen voran der bereits 1617 gegründeten «Fruchtbringenden Gesellschaft»), die im 17. und 18. Jahrhundert versuchen, den Einfluss des Lateinischen und vor allem des Französischen zurückzudrängen (dabei werden auch recht absurde Neuerungen vorgeschlagen: so etwa
Gesichtserker
für
Nase
oder
Lusthöhle
für
Grotte
). Um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert folgt dann der wachsende Patriotismus zur Zeit der Befreiungskriege gegen Napoleon, aus dem heraus ebenfalls zahlreiche Verdeutschungen vorgeschlagen werden (besonders einflussreich erweist sich hier das Verdeutschungswörterbuch von Campe). Fortgeführt wird der Purismus nach der Reichsgründung 1871 insbesondere vom Allgemeinen Deutschen Sprachverein, der 1885 gegründet wird und sich insbesondere der Sprachreinigung und -pflege verpflichtet fühlt. Der Sprachverein bleibt lange Zeit sehr einflussreich, bis sich ausgerechnet Hitler in einem Führererlass von 1940 gegen eine «künstliche Ersetzung längst ins Deutsche eingebürgerter Worte» ausspricht. Eine weitere Welle sprachlichen Purismus’ ist in der Gegenwart zu beobachten: Die wachsende Zahl an Wörtern englischer Sprache, die nicht nur in den deutschen Fachsprachen, sondern auch in der deutscher Standardsprache Verwendung finden, wird vielerorts als kulturell entfremdend, wenn nicht gar als bedrohend empfunden und hat die Diskussion um die Pflege des Deutschen erneut aufleben lassen. Ob die Furcht vor kultureller Entfremdung berechtigt ist, mag früher wie heute bezweifelt werden, nicht aber, dass sie zur jüngeren Geschichte der deutschen Sprechergemeinschaft gehört.
    Fazit
Wird der Wortschatz immer reicher?
– Die Zahl der bekannten Wörter und Begriffe hat sich vom frühen Mittelalter bis in die Gegenwart etwa verzehnfacht. Hierfür können zahlreiche neue Wortbildungen, fremdsprachliche Entlehnungen sowie Zunahmen an einzelnen Bedeutungen verantwortlich gemacht werden. Da diesen aber auch eine Vielzahl an

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