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Geschichte der deutschen Sprache

Geschichte der deutschen Sprache

Titel: Geschichte der deutschen Sprache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Roelcke
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gebildet werden. Solche Ausdrücke finden sich etwa in Wissenschaft und Technik:
elektrisch
(vom lateinischen Adjektiv zu griechisch
elektron
‹Bernstein›),
Kommunismus
(aus lateinisch
communis
‹gemeinsam›; nach 1840 aus dem Französischen ins Deutsche);
Photographie
(aus
phōtós
‹Licht› und
gráphein
‹schreiben›),
Telegramm
(aus griechisch
tele
‹fern› und
grámma
‹Geschriebenes›),
Automobil
(aus griechisch
autós
‹selbst› und lateinisch
mobilis
‹beweglich›). – Im jüngeren Gegenwartsdeutschen sind unter anderem folgende Internationalismen zu finden, die meist über das Englische als internationale Fach- und Verkehrssprache in die deutsche Sprache gelangen:
Morphem
(aus griechisch
morphe
‹Gestalt›),
Aquaplaning
(aus lateinisch
aqua
‹Wasser› und englisch
to plane
‹gleiten›),
optimal
(aus lateinisch
optimus
‹der Beste›),
Infrastruktur
(aus lateinisch
infra
‹unterhalb› und
structura
‹Schichtung›),
operationalisieren
(aus lateinisch
operatio
‹Arbeit, Verrichtung›).
    Neben dem Lateinischen ist es insbesondere das Französische, das bereits seit Längerem den deutschen Wortschatz wiederholt beeinflusst hat. Dabei sind mit der höfischen Zeit des Mittelalters einerseits sowie mit der Periode des Dreißigjährigen Kriegs und der Alamodezeit andererseits letztlich zwei große Wellen der Entlehnung aus dem Französischen festzustellen.
    Mit französisch-provenzalischen Lebensformen werden in der sog. höfischen Zeit (von 1150 bis 1250) auch französische Wörter in die deutsche Sprache des Hochmittelalters übernommen, wobei diese meist über das Mittelniederländische vermittelt werden. Zahlreiche Ausdrücke der Ritterkultur gehen aus dieser Entwicklung hervor; so zum Beispiel:
Turnier
(zum Verb
tournier
),
Abenteuer
(
aventure
‹gefährliche Begegnung›),
Preis
(
pris
),
Tanz
(
danse
) und
Samt
(
samit
). Es werden hierbei aber nicht nur einzelne Wörter, sondern mit diesen auch diverse grammatische Endungen entlehnt, die dann zusammen mit anderen, deutschsprachigen Ausdrücken verwendet werden. Zu diesen Suffixen gehören unter anderem -
ieren
und -
îe
(-
ei
), die letztlich auf entlehnte Wörter wie
turnieren
oder
parlieren
sowie
melodîe
oder
courtoisîe
zurückgehen und später dann auch in deutschen Ausdrücken wie
buchstabieren
oder
hausieren
sowie
Fischerei
oder
Zauberei
erscheinen.
    Im 17. Jahrhundert ist es dann zunächst der DreißigjährigeKrieg , der zahlreiche (meist dem militärischen Bereich zuzurechnende) Wörter aus dem Französischen ins Deutsche bringt; so zum Beispiel
Bombe
,
Brigade
oder
Offizier
. In der sich hieran anschließenden Alamodezeit , in der fast ganz Europa
à la mode
dem kulturellen Vorbild Frankreichs folgt, sind es dann andere Bereiche, deren Wörter im Deutschen Eingang finden. Hierzu gehören unter anderem auch Mode (
Kostüm
,
Parfüm
,
Perücke
,
frisieren
; später
Monokel
,
Korselett
), Küche (
Bouillon
,
Ragout
,
Serviette
,
delikat
), Wohnen (
Balkon
,
Salon
,
Gardine
,
Sofa
) und gesellschaftliches Leben im Allgemeinen (
amüsieren
,
Maskerade
,
Karussell
,
Promenade
). Wie stark die französische Lebensart die Kultur in Deutschland seinerzeit bestimmt, zeigt sich nicht zuletzt auch in der Übernahme von französischer Anredeformen wie beispielsweise
Gnädige Frau
(nach
Madame
) und
gnädiges Fräulein
(nach
Mademoiselle
) oder von Verwandtschaftsbezeichnungen wie
Papa
,
Mama
,
Onkel
(für
Oheim
)
Tante
(für
Muhme
),
Cousin
(für
Vetter
) und
Cousine
(für
Base
). – Im 19. Jahrhundert geht der französische Einfluss auf das Deutsche spürbar zurück; dennoch bleibt das Französische (nicht zuletzt auch durch die Ereignisse der Französischen Revolution und deren Folgen) in der Politik und Diplomatie noch lange von Bedeutung. Zu denken ist hier an Schlagwörter wie
Revolutionär
,
Sozialist
,
Bourgeoisie
oder
Reaktionär
.
    Im Vergleich zu den Lehnentwicklungen aus dem Lateinischen und dem Französischen ist der Einfluss, den der deutsche Wortschatz schließlich aus dem britischen oder amerikanischen Englisch erfährt, eine sprachgeschichtlich junge Erscheinung. Der Einfluss des Englischen nimmt im 19. Jahrhundert langsam seinen Anfang und zeigt sich insbesondere in den Bereichen von Mode und gesellschaftlichem Leben (vgl. zum Beispiel
Smoking
,
Klub
,
toasten
oder
Roastbeef
), Politik und Handel (etwa
Streik
,
Lokomotive
oder
Partner
) und Sport (so

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