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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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bisher niemand eine Ahnung gehabt hatte. "Die Ortsintelligenz und die Sozialrevolutionäre verbreiteten das Gerücht, ich brächte viel deutsches Gold mit und besteche die Bauern." In verschiedenen Maßstäben entwickeln sich überall die gleichen Prozesse. Jeder Bezirk hatte seine Miljukows, seine Kerenskis und - seine Lenins.
    Im Gouvernement Smolensk verstärkte sich der Einfluß der Sozialrevolutionäre nach dem Gouvemementskongreß der Bauerndeputierten, der sich, wie üblich, für den Übergang des Bodens in die Hände des Volkes ausgesprochen hatte. Die Bauern nahmen diesen Beschluß restlos an, aber, zum Unterschiede von den Führern, ernsthaft. Nunmehr wächst die Zahl der Sozialrevolutionäre im Dorfe ununterbrochen. "Wer bei irgendeinem Kongreß in der Fraktion der Sozialrevolutionäre gewesen war", berichtet ein Politiker jener Gegend, "hielt sich für einen Sozialrevolutionär oder ähnliches" ... In der Kreisstadt standen zwei Regimenter, die sich gleichfalls unter dem Einfluß der Sozialrevolutionäre befanden. Die Bezirkskomitees begannen, den gutsherrlichen Acker zu bestellen und die Wiesen abzumähen. Der Gouvernementskommissar, der Sozialrevolutionär Jefimow, schickte Drohbefehle. Das Dorf stutzte: der gleiche Kommissar hatte doch auf dem Gouvernementskongreß gesagt, die Bauern seien jetzt selbst die Macht, und Nutznießer des Bodens dürfe nur der sein, der ihn bearbeite. Aber man mußte den Tatsachen Rechnung tragen. Auf Anordnung des sozialrevolutionären Kommissars Jefimow wurden in den nächsten Monaten allein im Jelninski-Kreis von 17 Bezirkskomitees 16 wegen Aneignung gutsherrlicher Länder vor Gericht gestellt. Auf diese eigenartige Weise ging der Roman der Volkstümler-Intelligenz mit dem Volke seiner Lösung entgegen. Im ganzen Kreise gab es drei, vier Bolschewiki, nicht mehr. Ihr Einfluß war jedoch im schnellen Wachsen und verdrängte oder spaltete die Sozialrevolutionäre.
    Anfang Mai wurde ein allrussischer Bauernkongreß nach Petrograd einberufen. Die Vertretung trug einen repräsentativen und in vielen Fällen rein zufälligen Charakter. Blieben schon die Arbeiter- und Soldatenkongresse hinter den Ereignissen und der politischen Evolution der Massen ständig zurück, so braucht nicht erst gesagt zu werden, wie weit die Vertretung der zersplitterten Bauernschaft hinter den wirklichen Stimmungen der Dörfer zurück war. Als Delegierte fungierten einerseits Narodniki-Intelligenzler rechtester Spielart, Menschen, die mit der Bauernschaft hauptsächlich durch Handelskooperation oder Jugenderinnerungen verbunden waren. Das echte "Volk" war durch die wohlhabenderen Spitzen des Dorfes, Kulaken, Krämer, Bauerngenossenschaftler, vertreten. Die Sozialrevolutionäre herrschten auf diesem Kongreß uneingeschränkt, und zwar in Gestalt ihres rechtesten Flügels. Mitunter jedoch hielten auch sie inne, erschreckt durch die verblüffende Mischung von Landgier und politischem Schwarzhunderttum der anderen Deputierten. In bezug auf den gutsherrlichen Landbesitz war die allgemeine Position des Kongresses sehr radikal: "Übergang des gesamten Bodens in den Besitz des Volkes zur ausgleichenden werktätigen Benutzung ohne jegliche Ablösung." Natürlich verstanden die Kulaken unter Ausgleichung nur ihre Gleichstellung mit den Gutsbesitzern, keinesfalls aber mit den Landarbeitern. Dieses kleine Mißverständnis zwischen dem fiktiven Narodniki-Sozialismus der Narodniki und dem agrarischen Muschik-Demokratismus aufzudecken, war der Zukunft vorbehalten.
    Ackerbauminister Tschernow, der vor Verlangen brannte, dem Bauernkongreß ein Osterei zu schenken, trug sich vergeblich mit einem Dekretentwurf über das Verbot von Landverkäufen. Der Justizminister Perewersew, der ebenfalls für eine Art Sozialrevolutionär galt, hatte gerade in den Tagen des Kongresses verfügt, daß die Ortsbehörden den Landverkäufen keine Hindernisse in den Weg legen dürften. Die Bauerndeputierten brummten deshalb ein wenig darüber. Die Sache kam aber keinen Schritt vorwärts. Die Provisorische Regierung des Fürsten Lwow war nicht gewillt, auf die gutsherrlichen Länder Hand zu legen. Die Sozialisten wollten nicht auf die Provisorische Regierung Hand legen Die Zusammensetzung des Kongresses war indes am allerwenigsten fähig, aus den Widersprüchen zwischen ihrem Appetit auf Land und ihrem Reaktionarismus einen Ausweg zu finden.
    Am 20. Mai sprach auf dem Bauernkongreß Lenin. Es konnte scheinen, sagt Suchanow, daß Lenin in ein

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