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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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schlossen sich die Vertreter acht lettischer Regimenter der bolschewistischen Losung "Alle Macht den Sowjets" an. Im weiteren Verlauf der Revolution werden sie noch eine große Rolle spielen.
    Ein unbekannter Soldat schreibt von der Front: "Heute, am 13. Juni, hielt unser Kommando eine kleine Versammlung ab, und man sprach über Lenin und Kerenski: die Soldaten sind meistens für Lenin, aber die Offiziere sagen, daß Lenin selbst ein Bourgeois ist." Nach der Katastrophe der Offensive wurde Kerenskis Name in der Armee völlig verhaßt.
    Am 21. Juni marschierten durch die Straßen Peterhofs Junker mit Bannern und Plakaten: "Nieder mit den Spionen", "Hoch Kerenski und Brussilow." Die Junker waren selbstredend für Brussilow. Die Soldaten des 4. Bataillons überfielen die Junker, verprügelten sie und zerstreuten die Demonstration. Den stärksten Haß rief das Plakat zu Ehren Kerenskis hervor.
    Die Junioffensive hatte die politische Evolution der Armee außerordentlich beschleunigt. Die Popularität der Bolsche-wiki, der einzigen Partei, die im voraus die Stimme gegen die Offensive erhoben hatte, war in rapidem Steigen begriffen. Allerdings fanden die bolschewistischen Zeitungen nur unter großen Schwierigkeiten Eingang bei der Armee. Ihre Auflage war sehr gering im Vergleich mit den Auflagen der liberalen und überhaupt der patriotischen Presse. "... Nirgendwo ist auch nur eine eurer Zeitungen zu sehen", schreibt eine rauhe Soldatenhand nach Moskau, "es kommen nur Gerüchte von eurer Zeitung zu uns. Wir werden hier kostenlos mit bürgerlichen Zeitungen überschüttet, man trägt sie an der Front paketweise herum." Aber gerade die patriotische Presse schuf den Bolschewiki eine unvergleichliche Popularität. Alle Rufe der Unterdrückten nach Landaneignung, nach Abrechnung mit den verhaßten Offizieren schrieben die Zeitungen den Bolschewiki zu. Die Soldaten zogen die Schlußfolgerung: die Bolschewiki sind ein gerechtes Volk. Anfang Juli berichtete der Kommissar der 12. Armee an Kerenski über die Stimmung der Soldaten: "Als Endresultat wird alles auf die Bourgeois-Minister und den Sowjet, der sich den Bourgeois verkauft habe, geschoben. Aber im allgemeinen herrscht in der großen Masse undurchdringliche Finsternis; ich muß leider feststellen, daß in der letzten Zeit sogar Zeitungen schwach gelesen werden, absolutes Mißtrauen zum gedruckten Wort: "süß schreiben sie", "um den Mund gehen sie" ... In den ersten Monaten waren die Berichte der patriotischen Kommissare gewöhnlich Hymnen auf die revolutionäre Armee, ihre Aufgeklärtheit und Disziplin. Als aber nach vier Monaten fortdauernder Enttäuschungen die Armee das Vertrauen zu den Regierungsrednern und Zeitungsschreibern verloren hatte, entdeckten die gleichen Kommissare in ihr undurchdringliche Finsternis.
    Je linker die Garnison wird, um so rechter wird der Bürger. Unter dem Anstoß der Offensive entstanden in Petrograd konterrevolutionäre Verbände wie Pilze nach dem Regen. Sie wählten sich Namen, einen klangvoller als den anderen: Bund der Heimatehre, Bund der Kriegspflicht, Freiheitsbataillon, Organisierung des Geistes, und so weiter. Diese großartigen Schilder deckten Ambitionen und Ansprüche des Adels, des Offiziersstandes, der Bürokratie, der Bourgeoisie. Einige dieser Organisationen, wie die Kriegsliga, der Bund der Kavaliere des Georgskreuzes oder die FreiwilligenDivision, bildeten fertige Zellen militärischer Verschwörung. Indem sie als glühende Patrioten auftraten, öffneten die Ritter der "Ehre" und des "Geistes" nicht nur mit Leichtigkeit die Türen der alliierten Missionen, sondern erhielten mitunter auch Regierungssubsidien, die seinerzeit dem Sowjet als einer "Privatorganisation" abgelehnt worden waren. Ein Sprößling der Familie des Zeitungsmagnaten Suworin ging inzwischen an die Herausgabe der Kleinen Zeitung, die als das Organ des "unabhängigen Sozialismus" eiserne Diktatur predigte und als Kandidaten den Admiral Koltschak empfahl. Die solidere Presse sorgte, ohne den letzten Punkt auf das I zu setzen, auf jede Weise für die Popularität Kolt-schaks. Das weitere Schicksal des Admirals beweist, daß es sich schon seit dem Frühsommer 1917 um einen großangelegten Plan in Verbindung mit seinem Namen handelte und daß hinter Suworin einflußreiche Kreise standen.
    Der einfachsten taktischen Berechnung gehorchend, gab sich die Reaktion, rechnet man vereinzelte Schnitzer ab, den Anschein, als richte sie ihre Schläge ausschließlich gegen

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