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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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wieder auf und lief aus der Admiralität auseinander. Nur in Unkenntnis der Lage hat die Revolution am Abend des 27. den mit schrecklichen Vollmachten ausgerüsteten, aber gar nicht mehr schrecklichen General nicht verhaftet. Das wurde ohne Schwierigkeiten am nächsten Tag getan.
    War das wirklich der ganze Widerstand des furchtbaren kaiserlichen Rußlands angesichts der tödlichen Gefahr? Ja, beinahe der ganze, trotz der großen Erfahrung in Exekutionen gegen das Volk und der sorgfältigst ausgearbeiteten Pläne. Die später zur Besinnung gekommenen Monarchisten erklärten die Leichtigkeit des Februarsieges des Volkes mit dem besonderen Charakter der Petrograder Garnison. Der gesamte weitere Verlauf der Revolution widerlegt jedoch diese
    Behauptung. Es ist richtig, daß bereits zu Beginn des schicksalsvollen Jahres die Kamarilla dem Zaren den Gedanken von der Notwendigkeit einer Erneuerung der Petrograder Garnison einzuflüstern versucht hatte. Mühelos ließ sich der Zar davon überzeugen, daß die Gardekavallerie, die als besonders ergeben galt, "lange genug im Feuer gestanden" hätte und eine Ruhepause in den Petrograder Kasernen verdiene. Allein nach ehrfurchtsvollen Vorstellungen seitens der Front willigte der Zar ein, vier Gardekavallerieregimenter durch drei Gardematrosenequipagen zu ersetzen. Nach der Protopopowschen Version wurde dieser Wechsel angeblich ohne Wissen des Zaren vorgenommen, mit einer treubrüchigen Absicht des Kommandos: "Die Matrosen sind aus Arbeitern ausgewählt und stellen das revolutionäre Element in der Armee dar." Das ist aber reiner Unsinn. Es ist einfach so, daß die höheren Gardeoffiziere, besonders der Kavallerie, zu gute Karriere an der Front machten, um Sehnsucht nach dem Hinterlande zu verspüren. Außerdem dachten sie wohl nicht ohne Angst an die ihnen vorbehaltenen Unterdrückungsfunktionen an der Spitze von Regimentern, die an der Front ganz anders geworden, als sie am Standort, in der Hauptstadt, gewesen waren. Wie die Ereignisse an der Front bald zeigten, unterschied sich zu dieser Zeit die Gardekavallerie nicht von der übrigen Reiterei, während die in die Hauptstadt übergeführten Gardematrosen sich beim Februarumsturz keinesfalls durch eine aktive Rolle auszeichneten. Die ganze Sache war so, daß das Gewebe des Regimes endgültig verfault und an ihm kein heiler Faden geblieben war.
    Im Laufe des 27. Februars wurden ohne Opfer aus zahlreichen Gefängnissen der Hauptstadt die politischen Gefangenen befreit, darunter die patriotische Gruppe des Kriegsindustriekomitees, die seit dem 26. Januar verhaftet war, und die Mitglieder des Petrograder Komitees der Bolschewiki, die Chabalow vierzig Stunden vorher festgenommen hatte. Die politische Absonderung vollzieht sich an Ort und Stelle, jenseits des Gefängnistores: die Menschewikipatrioten begeben sich in die Duma, wo Rollen und Posten verteilt werden, die Bolschewiki gehen in die Bezirke, zu den Arbeitern und Soldaten, um gemeinsam mit ihnen die Eroberung der Hauptstadt zu vollenden. Man darf dem Feinde keine Atempause gewähren. Mehr als irgendeine andere Sache muß man eine Revolution bis ans Ende führen.
    Wer auf den Gedanken gekommen war, die aufständischen Regimenter zum Taurischen Palais zu dirigieren, läßt sich nicht beantworten. Diese politische Marschroute ergab sich aus der ganzen Situation. Zum Taurischen Palais, als dem Sammelpunkt der oppositionellen Information, strebten natürlicherweise alle Elemente des Radikalismus, die mit den Massen nicht verbunden waren. Es ist höchst wahrscheinlich, daß gerade diese Elemente, die am 27. plötzlich einen Zustrom neuer Lebenskräfte verspürten, als Anführer der meuternden Garde auftraten. Diese Rolle war ehrenvoll und beinahe schon ungefährlich. Das Palais Potemkin war seiner ganzen Lage nach sehr geeignet als Zentrum der Revolution. Nur eine Straße trennte den Taurischen Garten von einem ganzen Militärstädtchen, wo die Gardekasernen lagen und verschiedene Kriegsämter untergebracht waren. Allerdings galt dieser Stadtteil während einer Reihe von Jahren sowohl bei der Regierung wie bei den Revolutionären als militärische Hochburg der Monarchie. Er war es auch. Jetzt aber verwandelte sich alles. Vom Gardesektor ging die Soldatenrevolte aus. Die aufständischen Truppen hatten nur eine Straße zu überqueren, um in den Garten des Taurischen Palais zu gelangen, den wieder nur ein Straßenblock von der Newa trennte. Hinter der Newa aber liegt der Wyborger

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