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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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mit dem bereits begonnenen revolutionären Ausmarsch der Soldaten auf die Straße. Im Laufe des Tages verschmolzen diese zwei mächtigen Ströme in eins, um zuerst Dach, dann Mauern und schließlich Fundament des alten Gebäudes fortzuspülen und abzutragen.
    Tschugurin erschien als einer der ersten im Quartier der Bolschewiki mit einem Gewehr in der Hand und einem Patronengürtel über den Schultern, "ganz beschmutzt, aber strahlend und siegreich". Wie konnte man da nicht strahlen! Die Soldaten gehen mit dem Gewehr in der Hand zu uns über! An manchen Orten war es den Arbeitern bereits gelungen, sich mit den Soldaten zu vereinigen, in die Kasernen einzudringen und dort Gewehre und Patronen zu erhalten. Gemeinsam mit dem entschlossensten Teil der Soldaten entwarfen die Wyborger einen Aktionsplan: Eroberung der Polizeireviere, in denen sich bewaffnete Schutzleute verschanzt haben, Entwaffnung aller Polizeibeamten, Befreiung der Arbeiter, die in den Polizeirevieren festgehalten werden, und der politischen Gefangenen aus den Gefängnissen; Niederschlagung der Regierungstruppen in der Stadt selbst und Vereinigung mit den noch nicht auf die Beine gebrachten Truppenteilen und mit den Arbeitern der übrigen Stadtbezirke.
    Das Moskauer-Regiment schloß sich nicht ohne inneren Kampf dem Aufstand an. Es ist verwunderlich, daß es solche Kämpfe in den Regimentern überhaupt so wenig gegeben hat. Die monarchische Oberschicht fiel kraftlos um vor der Soldatenmasse und verkroch sich entweder in den Löchern oder beeilte sich, die Farbe zu wechseln. "Um zwei Uhr mittags", schreibt Koroljew, ein Arbeiter aus der Fabrik "Arsenal", "nach dem Ausmarsch des Moskauer-Regiments, bewaffneten wir uns ... Wir nahmen jeder einen Revolver und ein Gewehr, bildeten aus den an uns herangetretenen Soldaten Gruppen (einige von ihnen ersuchten uns, das Kommando zu übernehmen und ihnen zu sagen, was sie zu tun hätten) und begaben uns in die Tichwinskajastraße, ein Polizeirevier auszuheben." Die Arbeiter waren, wie man sieht, nicht eine Minute in Verlegenheit, den Soldaten zu zeigen, "was zu tun" sei.
    Freudige Siegesnachrichten lösten einander ab: Man ist im Besitz von Panzerwagen! Mit ihren roten Bannern jagen sie in den Bezirken allen jenen Schrecken ein, die sich noch nicht unterworfen haben. Jetzt braucht man nicht mehr unter den Bäuchen der Kosakenpferde herumzukriechen! Die Revolution reckt sich in ihrem ganzen Wuchse hoch!
    Gegen zwölf Uhr mittags wurde Petrograd wieder zum Schauplatz kriegerischer Aktionen. Gewehr- und Maschinengewehrgeknatter ertönte überall. Wer schießt und wo geschossen wird, ist nicht immer zu unterscheiden. Klar war eines: Es beschossen sich Vergangenheit und Zukunft. Es gab auch nicht selten unnötiges Geschieße: Jugendliche feuern aus Revolvern, die auf so unerwartete Weise in ihre Hände geraten sind. Das Arsenal ist ausgeraubt: "Man sagt, allein an Brownings wurden mehrere zehntausend erbeutet." Von den brennenden Gebäuden des Bezirksgerichts und der Polizeireviere steigen Rauchsäulen zum Himmel. An einigen Punkten verdichten sich die Zusammenstöße und Schießereien zu wahren Schlachten. Zu den Baracken am Sampsonjewski-Prospekt, in denen eine Radfahrertruppe untergebracht ist, von der ein Teil vor dem Tore sich zusammendrängt, kommen Arbeiter. "Was steht ihr da, Kameraden?" Die Soldaten lächeln - "lächeln nicht gut", berichtet ein Teilnehmer - und schweigen, die Offiziere aber befehlen den Arbeitern grob, weiterzugehen. Die Radfahrer sowohl wie die Kavalleristen zeigten sich in der Februar- wie in der Oktoberrevolution als die konservativsten Armeeteile. Vor dem Zaune sammeln sich bald Arbeiter und revolutionäre Soldaten. Man muß das verdächtige Bataillon herausholen! Jemand sagt, man habe bereits nach Panzerwagen geschickt, anders seien die Radfahrer wohl kaum zu bezwingen, da sie sich befestigt und Maschinengewehre aufgestellt hätten. Aber der Masse fällt das Warten schwer: sie ist unruhig und ungeduldig, und sie hat mit ihrer Ungeduld recht. Auf beiden Seiten fallen Schüsse. Der Bretterzaun, der die Soldaten von der Revolution trennt, ist hinderlich. Die Angreifer beschließen, den Zaun umzulegen; ein Teil wird niedergerissen, ein Teil in Brand gesteckt. Die Baracken, etwa zwanzig an der Zahl, stehen entblößt da. In zwei, drei von ihnen sind die Radfahrer untergebracht. Die leeren Baracken werden auf der Stelle angezündet. Sechs Jahre später wird sich Kajurow entsinnen: "Die lodernden

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