Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution
Generalgouverneur interessierte sich kaum jemand.
Die unteren Sowjetorganisationen ihrerseits warteten nicht erst auf Weisungen von oben. Die Hauptarbeit war in den Bezirken konzentriert. In den Stunden der größten Schwankungen der Regierung und der quälenden Verhandlungen des Exekutivkomitees mit Kerenski fanden sich die Bezirkssowjets enger zusammen und beschlossen: die Beratung der Bezirke in Permanenz zu erklären; eigene Vertreter dem vom Exekutivkomitee gebildeten Stab anzugliedern; eine Arbeitermiliz zu schaffen; die Regierungskommissare unter Kontrolle der Bezirkssowjets zu stellen; fliegende Abteilungen zu organisieren zwecks Festnahme konterrevolutionärer Agitatoren. In ihrer Gesamtheit bedeuteten diese Maßnahmen nicht nur Aneignung von bedeutenden Funktionen der Regierung, sondern auch von Funktionen des Petrograder Sowjets. Die Logik der Situation zwang die höheren Sowjetorgane, sich stark zusammenzudrängen, um den unteren Platz zu machen. Das Eintreten der Petrograder Bezirke in die Arena des Kampfes veränderte jäh dessen Richtung und Schwung. Wieder bewies die Erfahrung die unerschöpfliche Lebensfähigkeit der Sowjetorganisation: von oben durch die Leitung der Versöhnler paralysiert, erwachte sie im kritischen Moment unter dem Vorstoß der Massen von unten zu neuem Leben.
Für die die Bezirke inspirierenden Bolschewiki kam Kornilows Aufstand am wenigsten überraschend. Sie hatten ihn vorausgesehen, hatten gewarnt und waren als erste auf dem Posten. Schon in der Vereinigten Sitzung der Exekutiven vom 27. August teilte Sokolnikow mit, daß die bolschewistische Partei alle ihr möglichen Maßnahmen zur Informierung des Volkes über die Gefahr und zur Vorbereitung der Verteidigung getroffen habe; die Bolschewiki erklärten sich bereit, ihre Kampfarbeit mit den Organen des Exekutivkomitees in Übereinstimmung zu bringen. In der Nachtsitzung der Militärischen Organisation der Bolschewiki, unter Beteiligung von Delegierten zahlreicher Truppenteile, wurde beschlossen, die Verhaftung aller Verschwörer zu fordern, die Arbeiter zu bewaffnen und für sie Instrukteure aus den Soldaten heranzuziehen, die Verteidigung der Hauptstadt von unten her zu sichern und gleichzeitig sich auf die Schaffung einer revolutionären Macht aus Arbeitern und Soldaten vorzubereiten. Die Militärische Organisation veranstaltete in der ganzen Garnison Meetings. Die Soldaten wurden aufgerufen, unter Gewehr zu stehen, um beim ersten Alarm auszumarschieren.
"Ungeachtet dessen, daß sie in der Minderheit waren", schreibt Suchanow, "war es ganz klar: im Militärischen Revolutionskomitee gehörte die Hegemonie den Bolschewiki." Er erklärt die Gründe dafür: "Wollte das Komitee ernstlich handeln, dann mußte es revolutionär handeln", für revolutionäre Handlungen jedoch. "besaßen nur die Bolschewiki reale Mittel", denn die Massen gingen mit ihnen. Die Gespanntheit des Kampfes rückte überall die aktivsten und kühnsten Elemente in den Vordergrund. Diese automatische Auslese hob die Bolschewiki unvermeidlich empor, festigte ihren Einfluß, konzentrierte die Initiative in ihren Händen und übertrug ihnen die faktische Leitung sogar in jenen Organisationen, wo sie in der Minderheit waren. Je näher zum Bezirk, Betrieb, zur Kaserne, um so unbestrittener und vollständiger die Herrschaft der Bolschewiki. Alle Parteizellen sind auf die Beine gebracht. Bei den Fachgruppen der Großbetriebe ist ununterbrochener Wachdienst der Bolschewiki organisiert. Im Bezirkskomitee der Partei halten Vertreter kleinerer Betriebe Wache. Die Verbindung erstreckt sich von unten, von der Werkstatt, über die Bezirke bis zum Zentralkomitee der Partei.
Unter dem unmittelbaren Druck der Bolschewiki und der von ihnen geleiteten Organisationen erklärte das Komitee der Verteidigung es für wünschenswert, einzelne Arbeitergruppen zu bewaffnen zum Schutze der Arbeiterviertel, Fabriken und Werkstätten. Diese Sanktion hatten die Massen nur gebraucht. In den Bezirken bildeten sich nach den Worten der Arbeiterpresse "lange Schlangen, die darauf harrten, in die Rote Garde einzutreten". Es setzte die Ausbildung in Waffenhandhabung und Schießen ein. Als Instrukteure wurden erfahrene Soldaten hinzugezogen. Bereits am 29. entstanden in fast allen Bezirken Kampfmannschaften. Die Rote Garde meldete ihre Bereitschaft, unverzüglich eine Abteilung von vierzigtausend Mann unter Gewehr zu stellen. Die unbewaffneten Arbeiter formierten Mannschaften zum Auswerfen von
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