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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Minister, die am 26. nur in Form eines Präventivbedenkens demissioniert hatten, sie träten nunmehr endgültig aus der Regierung aus, da sie die Verantwortung für Kerenskis Handlungen bei der Unterdrückung eines so patriotischen, so loyalen, so rettenden Aufstandes nicht tragen wollten. Minister a.D., Berater, Freunde verließen, einer nach dem anderen, das Winterpalais. Das war, nach Kerenskis eigenen Worten, "ein Massenauszug aus dem offenkundig dem Untergange geweihten Ort". Es gab eine Nacht, vom 28. auf den 29., wo Kerenski im Winterpalais "fast in Einzahl spazierenging". Die lustigen Arien waren ihm aus dem Sinn. "Die Verantwortung, die in diesen quälend sich hinschleppenden Tagen auf mir lastete, war eine wahrhaft übermenschliche." Das war in erster Linie die Verantwortung für Kerenskis persönliches Schicksal: alles übrige vollzog sich bereits ohne ihn.

Kapitel 10: Die Bourgeoisie mißt ihre Kräfte mit der Demokratie
    Am 28. August, als Angstfieber das Winterpalais schüttelte, meldete der Kommandeur der "wilden" Division, Fürst Bagration, telegraphisch Kornilow, "die Einheimischen erfüllen ihre Pflicht vor der Heimat und werden auf Befehl ihres obersten Helden ... ihren letzten Tropfen Blut vergießen". Schon wenige Stunden darauf kam der Vormarsch der "wilden" Division zum Stehen, und am 31. August versicherte eine Sonderdeputation mit demselben Bagration an der Spitze Kerenski, die Division unterwerfe sich völlig der Provisorischen Regierung. All das geschah nicht nur ohne Kampf, sondern ohne einen einzigen Schuß. Es kam nicht nur nicht bis zum letzten, sondern auch nicht zum ersten Blutstropfen. Kornilows Soldaten machten nicht einmal den Versuch, sich mit Waffengewalt den Weg nach Petrograd zu bahnen. Die Kommandeure hatten nicht gewagt, es ihnen zu befehlen. Die Regierungstruppen waren nirgends g3-zwungen, Gewalt anzuwenden, um den Vorstoß der Kornilowschen Abteilungen aufzuhalten. Die Verschwörung verfiel, zerbröckelte, verdampfte.
    Um dies zu erklären, genügt es, die Kräfte, die in den Kampf gegangen waren, näher zu betrachten. Wir werden dabei vor allem feststellen müssen - und diese Entdeckung wird für uns nicht überraschend sein -, daß der Stab der Verschwörung der alte zaristische Stab war, eine Kanzlei von Menschen ohne Köpfe, unfähig, in dem von ihnen begonnenen großen Spiel zwei, drei Züge im voraus zu überlegen. Obwohl Kornilow Wochen vorher den Tag der Umwälzung festgelegt hatte, war nichts vorausgesehen und gebührend berechnet. Die rein militärische Vorbereitung des Aufstandes war ungeschickt, unordentlich, leichtfertig durchgeführt. Komplizierte Änderungen in der Organisation und im Kommando wurden unmittelbar vor dem Ausmarsch, bereits im Gehen, getroffen. Die "wilde" Division, die der Revolution den ersten Schlag versetzen sollte, zählte insgesamt 1.350 Kämpfer, denen 600 Gewehre, 1.000 Lanzen und 500 Säbel fehlten. Fünf Tage vor Eröffnung der Kampfoperationen erließ Kornilow einen Befehl, die Division in ein Korps umzuformieren. Diese Maßnahme, schon von den Schulbüchern verurteilt, hielt man offenbar für nötig, um die Offiziere durch höhere Gehälter zu verlocken. "Das Telegramm, wonach die fehlenden Waffen in Pskow geliefert werden würden", schreibt Martynow, "erhielt Bagration erst am 31. August, nach dem endgültigen Scheitern des ganzen Unternehmens."
    Mit der Abkommandierung der Instrukteure von der Front nach Petrograd beschäftigte sich das Hauptquartier ebenfalls erst in allerletzter Minute. Die beauftragten Offiziere wurden ausgiebig mit Geld und Sonderwaggons ausgerüstet. Doch die patriotischen Herren beeilten sich vermutlich gar nicht sehr, das Vaterland zu retten. Nach zwei Tagen war die Eisenbahnverbindung zwischen Hauptquartier und Hauptstadt unterbrochen, und die Mehrzahl der Abkommandierten erreichte den Platz der beabsichtigten Heldentaten überhaupt nicht.
    In der Hauptstadt bestand jedoch eine eigene Organisation von Kornilow-Anhängern, die etwa zweitausend Mitglieder zählte. Die Verschwörer wurden in Gruppen aufgeteilt mit speziellen Aufgaben: Erbeutung von Panzerautos, Verhaftung und Ermordung der angesehensten Sowjetmitglieder, Verhaftung der Provisorischen Regierung, Einnahme der wichtigsten Ämter. Nach den Worten des uns bereits bekannten Winberg, des Vorsitzenden des Verbandes der Kriegspflicht, "sollten beim Eintreffen der Truppen Krymows die wichtigsten Kräfte der Revolution bereits gebrochen, vernichtet

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