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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Verbindungen und Finanzquellen und hauptsächlich seiner aufrichtigen Bereitschaft, der Revolution die Kehle zu durchschneiden.
    Kornilow, der in seinen Aufrufen sich "Sohn eines Bauern" nannte, baute seinen Umwälzungsplan völlig auf Kosakentum und Bergtruppe. Unter den gegen Petrograd geworfenen Soldaten war nicht ein einziger Infanterietruppenteil. Zum Muschik hatte Kornilow keinerlei Wege, und er versuchte auch nicht, sie zu erschließen. Im Hauptquartier fand sich allerdings in der Person irgendeines "Professors" ein Agrarreformator, der jedem Soldaten eine phantastische Zahl Deßjatinen zu versprechen bereit war. Doch der zu diesem Thema entworfene Aufruf wurde nicht einmal veröffentlicht: von Agrardemagogie hielt die Generale die nicht unbegründete Angst zurück, die Gutsbesitzer zu schrecken und abzustoßen.
    Der Mohilewer Bauer Tadäusch, der in jenen Tagen die Umgebung des Hauptquartiers aus der Nähe beobachten konnte, erzählt, daß unter den Soldaten und in den Dörfern niemand den Manifesten des Generals Glauben schenkte: "die Macht will er, aber von Land kein Wort, von Beendigung des Krieges kein Wort". Die Massen hatten in den sechs Monaten Revolution einigermaßen gelernt, sich in den lebenswichtigsten Fragen zurechtzufinden. Kornilow brachte dem Volk nur Krieg, Schutz der Generalsprivilegien und des gutsherrlichen Besitzes. Nichts anderes konnte er ihm geben, und nichts anderes erwartete es von ihm. In dieser für die Verschwörer im voraus offenkundigen Unmöglichkeit, sich auf die Bauerninfanterie, geschweige denn auf die Arbeiter stützen zu können, äußerte sich eben die soziale Verdammnis der Kornilowschen Clique.
    Das Bild der politischen Kräfte, das der Diplomat des Hauptquartiers, Fürst Trubetzkoi, ausmalte, war in vielem richtig, aber falsch in einem: von jener Gleichgültigkeit, die bereit ist, "sich jedem Peitschenhieb zu unterwerfen", war im Volke nicht die Spur; im Gegenteil, die Massen warteten gleichsam nur auf die Drohung mit der Peitsche, um zu zeigen, welche Quellen an Energie und Selbstlosigkeit sich in ihren Tiefen verbergen. Der Fehler in der Beurteilung der Massenstimmung verwandelte alle übrigen Berechnungen in Staub.
    Die Verschwörung wurde von jenen Kreisen geleitet, die nicht gewohnt und außerstande waren, ohne die unteren Schichten etwas zu tun, ohne Arbeitskraft, ohne Kanonenfutter, ohne Offiziersburschen, Dienstboten, Schreiber, Chauffeure, Gepäckträger, Köchinnen, Waschfrauen, Weichensteller, Telegraphisten, Pferdeknechte, Kutscher. Indes, alle diese kleinen menschlichen Schrauben, diese unmerklichen, zahllosen, unentbehrlichen, waren für die Sowjets und gegen Kornilow. Die Revolution war allgegenwärtig. Sie drang überall hin, die Verschwörung überziehend. Sie hatte überall ihr Auge, ihr Ohr, ihren Arm.
    Das Ideal der militärischen Erziehung besteht darin, daß der Soldat hinter dem Rücken des Vorgesetzten so handele wie vor dessen Augen. Indes erfaßten die russischen Soldaten und Matrosen im Jahre 1917, während sie die offiziellen Befehle auch unter den Augen der Kommandeure unausgeführt ließen, gierig im Fluge die Befehle der Revolution und erfüllten sie noch häufiger aus eigener Initiative, ehe sie sie erreichten. Die zahllosen Diener der Revolution, deren Agenten, Kundschafter, Kämpfer, brauchten weder Antreibung noch Aufsicht.
    Formell lag die Liquidierung der Verschwörung in den Händen der Regierung. Das Exekutivkomitee leistete Beistand. In Wirklichkeit ging der Kampf durch ganz andere Kanäle. Während Kerenski, gebeugt unter der Last der "übermenschlichen Verantwortung", einsam das Parkett des Winterpalais durchmaß, entfaltete das Komitee der Verteidigung, das auch Militärisches Revolutionskomitee hieß, eine umfassende Tätigkeit. Seit dem Morgen ergingen telegraphische Instruktionen an die Eisenbahn-, Post- und Telegraphenangestellten sowie an die Soldaten. "Alle Truppenbewegungen erfolgen", berichtete am selben Tage Dan, "auf Befehl der Provisorischen Regierung, gegengezeichnet vom Komitee der Volksverteidigung". Wirft man das Konventionelle beiseite, so bedeutet das: das Komitee der Volksverteidigung disponierte über die Truppen unter der Firma der Provisorischen Regierung. Gleichzeitig ging man an die Vernichtung der Kornilowschen Nester in Petrograd selbst, wo Haussuchungen und Verhaftungen in Militärschulen und Offiziersorganisationen durchgeführt wurden. Man fühlte die Hand des Komitees überall. Für den

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