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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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zwei Gehilfen des Kriegsministers. Es war ein Moment, wo die Lage der Regierung hoffnungslos schien. Die Preobraschensker, Semjonowsker und Ismajlowsker, die sich den Bolschewiki nicht angeschlossen hatten, erklärten auch der Regierung, sie würden "Neutralität" wahren. Auf dem Schloßplatz standen zur Verteidigung des Stabes nur Invaliden und einige Hundertschaften Kosaken," General Polowzew veröffentlichte am Morgen des 4. Juli eine Bekanntmachung über die bevorstehende Säuberung Petrograds von bewaffneten Haufen; die Bewohner wurden strengstens angehalten, die Tore zu schließen und nicht ohne dringende Notwendigkeit auf die Straße zu gehen. Der dräuende Befehl erwies sich als Blindgänger. Der Kreiskommandierende der Truppen vermochte bloß, kleine Kosaken- und Junkerabteilungen gegen die Demonstranten zu werfen. Im Laufe des Tages riefen sie sinnlose Geplänkel und blutige Zusammenstoße hervor. Der Kornett des 1. Don-Regiments, das das Winterpalais beschützte, berichtete der Untersuchungskommission: "Es war befohlen, vorbeikommende kleinere Menschengruppen, welcher Art immer, ebenso bewaffnete Automobile zu entwaffnen. In Ausführung dieses Befehls liefen wir von Zeit zu Zeit in Marschordnung vors Palais und nahmen Entwaffnungen vor ... " Die simple Darstellung des Kosakenfähnrichs schildert fehlerlos sowohl das Kräfteverhältnis wie das Kampfbild. Die "meuternden" Truppen treten aus den Kasernen in Kompanien und Bataillonen heraus und beherrschen Straßen und Plätze. Die Regierungstruppen operieren aus dem Hinterhalt durch jähe Überfälle, in kleinen Abteilungen, das heißt gerade so, wie es sich für aufständische Partisanen geziemt. Der Rollenwechsel erklärt sich damit, daß fast die gesamte bewaffnete Macht der Regierung dieser feindlich, im günstigsten Falle neutral gegenübersteht. Die Regierung lebt von Gnaden des Exekutivkomitees, das sich selbst nur hält durch die Hoffnung der Massen, es werde sich endlich besinnen und die Macht übernehmen. Den höchsten Schwung verlieh der Demonstration das Erscheinen der Kronstädter Matrosen in der Petrograder Arena. Bereits am Vorabend hatten in der Garnison der Seefestung Delegierte der Maschinengewehrschützen gearbeitet. Für die lokalen Organisationen unerwartet, fand auf Initiative aus Petrograd eingetroffener Anarchisten auf dem Ankerplatz ein Meeting statt. Die Redner forderten Hilfe für Petrograd. Roschal, Student der Medizin, einer der jungen Kronstäd-ter Helden und Liebling des Ankerplatzes, versuchte mit einer mäßigenden Rede aufzutreten. Tausende Stimmen unterbrachen ihn. Roschal, an andere Empfänge gewöhnt, mußte die Tribüne verlassen. Erst in der Nacht wurde bekannt, daß die Bolschewiki in Petrograd auf die Straße rufen. Das entschied die Frage. Die linken Sozialrevolutionäre in Kronstadt gab es und konnte es keine rechten geben - erklärten, auch sie seien entschlossen, an der Demonstration teilzunehmen. Diese Menschen gehörten der gleichen Partei wie Kerenski an, der zur gelben Zeit an der Front Truppen zur Niederschlagung der Demonstranten sammelte. Die Stimmung in der nächtlichen Sitzung der Kronstädter Organisationen ist derart, daß sogar der schüchterne Kommissar der Provisorischen Regierung, Partschewski, für den Marsch auf Petrograd stimmt. Es wird ein Plan entworfen, die schwimmenden Hilfsmittel werden mobilisiert, für Bedürfnisse der politischen Landung aus dem Waffendepot fünfundsiebzig Pud Schießvorräte ausgegeben. Auf Schleppern und Passagierdampfern fahren annähernd zehntausend bewaffnete Matrosen, Soldaten und Arbeiter gegen 12 Uhr nachts in die Newamündung hinein. Auf beiden Flußufern landend, vereinigen sie sich zu einem Zuge und marschieren, Gewehre am Riemen, mit Musik. Hinter Matrosen- und Soldatenabteilungen Arbeiterkolonnen der Petrograder und Wassil-jiostrower Bezirke, abwechselnd mit Mannschaften der Roten Garde. An den Seiten Panzerwagen. Über den Häuptern zahllose Banner und Plakate.
    Zwei Schritt entfernt das Palais Kschessinskaja. Der kleine, schmächtige, pechschwarze Swerdlow, einer der Stammorganisatoren der Partei, in der Aprilkonferenz dem Zentralkomitee zugeteilt, stand auf dem Balkon und gab, sachlich wie immer, von oben mit mächtigem Baß Anweisungen: "Die Spitze des Zuges vorrücken, dichter zusammenschließen, die hinteren Reihen zusammenziehen." Die Demonstranten begrüßte vom Balkon aus Lunatscharski, stets bereit, sich von der Stimmung der Umgebung anstecken zu

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