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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Litejny-Prospekt Feuer erhielten. Der Sowjetoffiziosus erwähnte, daß die Kosaken, bevor sie noch an der Litejny-Brücke anlangten, aus einem Steinhause mit Maschinengewehrfeuer beschossen wurden. Der Arbeiter Metelew behauptet, daß die Soldaten bei Durchsuchung dieses Hauses in der Wohnung eines Generals Vorräte an Schußwaffen, darunter zwei Maschinengewehre mit Munition, entdeckt hätten. Daran ist nichts Unwahrscheinliches. In den Händen des Kommandobestandes sammelte sich während des Krieges auf rechtmäßige und unrechtmäßige Weise eine Menge verschiedenster Waffen. Die Versuchung, ungestraft dieses ganze "Pack" von oben mit einem Bleiregen zu überschütten, war zu groß. Allerdings trafen die Schüsse die Kosaken. Doch in der Julimenge lebte die Überzeugung, die Konterrevolutionäre hätten absichtlich auf die Regierungstruppen geschossen, um diese zu einem erbarmungslosen Strafgericht zu provozieren. Die Offiziersklasse, die noch gestern uneingeschränkt geherrscht hat, kennt im Bürgerkrieg keine Grenze der Heimtücke und Grausamkeit. Petrograd wimmelte von geheimen und halbgeheimen Offiziersorganisationen, die hohe Gönnerschaft und freigebige Unterstützung genossen. In einer Geheiminformation, die der Menschewik Liber fast einen Monat vor den Julitagen erteilte, war erwähnt, daß Verschwörer-Offiziere einen besonderen Eingang zu Buchanan hatten. Konnten denn die Ententediplomaten etwa nicht besorgt sein um die schnellste Schaffung einer starken Macht?
    Liberale und Versöhnler suchten in allen Exzessen die Hand der "Anarcho-Bolschewiki" und der deutschen Agenten. Arbeiter und Soldaten schrieben in voller Überzeugung die Verantwortung für die Julizusammenstöße und -opfer den patriotischen Provokateuren zu. Auf wessen Seite ist die Wahrheit? Die Urteile der Masse sind natürlich nicht unfehlbar. Aber gröblichst irrt, wer glaubt, die Masse sei blind und leichtgläubig. Wo es sie am Nerv trifft, nimmt sie mit tausend Augen und Ohren Tatsachen und Vermutungen wahr, überprüft auf ihrem Rücken Gerüchte, wählt die einen aus, verwirft die anderen. Wo Versionen, die Massenbewegungen betreffen, auseinandergehen, erweist sich als der Wahrheit am nächsten jene, die die Masse selbst sich zu eigen gemacht hat. Deshalb sind für die Wissenschaft so unfruchtbar die internationalen Sykophanten vom Typus Hippolyte Taine, die beim Studium großer Volksbewegungen die Stimme der Straße ignorieren und sorgfältigst den leeren, aus Isoliertheit und Angst geborenen Salonklatsch auswählen. Demonstranten belagerten wieder das Taurische Palais und forderten Antwort. Im Augenblick der Ankunft der Kron-städter ließ irgendeine Gruppe Tschernow zu ihnen herausrufen. Die Stimmung der Masse erfassend, hielt der redselige Minister diesmal nur eine kurze Ansprache, streifte die Regierungskrise und bemerkte über die aus der Regierung ausgetretenen Kadetten verächtlich: "Glückliche Reise!" Er wurde durch Zwischenrufe unterbrochen: "Warum habt ihr es nicht früher gesagt?" Miljukow erzählt sogar, es habe "ein großgewachsener Arbeiter mit der Faust dicht vor dem Gesicht des Ministers gefuchtelt und besessen geschrien: "Nimm, Hundesohn, die Macht, wenn man sie dir gibt."" Wenn dies auch nichts mehr als eine Anekdote ist, gibt sie doch mit rauher Schärfe das Wesen der Julisituation wieder. Die Antworten Tschernows bieten kein Interesse, jedenfalls haben sie ihm die Kronstädter Herzen nicht erobert ... Schon nach zwei, drei Minuten stürzte jemand in den Sitzungssaal des Exekutivkomitees hinein mit dem Geschrei, die Matrosen hätten Tschernow verhaftet und wollten mit ihm abrechnen. In unbeschreiblicher Erregung kommandierte das Exekutivkomitee einige seiner angesehenen Mitglieder, ausschließlich Internationalisten und Bolschewiki, dem Minister zu Hilfe. Tschernow gab später vor der Regierungskommission an, daß er, beim Verlassen der Tribüne, hinter den Säulen am Eingang eine feindliche Bewegung einiger Personen wahrgenommen hätte. "Sie umringten mich und ließen mich nicht zur Türe ... Eine verdächtige Person, die über die Matrosen, die mich festhielten, das Kommando führte, zeigte fortwährend auf das in der Nähe stehende Automobil ... In diesem Augenblick kam aus dem Taurischen Palais Trotzki an das Automobil heran, bestieg den Vorderteil des Wagens, in dem ich mich befand, und hielt eine kurze Ansprache." Indem er empfahl, Tschernow freizulassen, forderte Trotzki jene, die dagegen seien, auf, die

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