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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Polizeimärchen verflechten sich hier mit der rauhen Wirklichkeit. Der Lösung nahegerückt, wühlte die revolutionäre Krise bis auf den Grund die gesellschaftlichen Tiefen auf. Deserteure, Diebesbanden, Spelunken hatten sich tatsächlich auf das Gedröhn des nahenden Erdbebens hin erhoben. Die Spitzen der Gesellschaft blickten mit physischem Grauen auf die entfesselten Kräfte ihres Regimes, dessen Laster und Gebresten. Die Revolution hatte sie nicht geschaffen, sondern nur bloßgelegt.
    In diesen Tagen schrieb im Korpsstab zu Dwinsk der uns bereits bekannte Baron Budberg, galliger Reaktionär, nicht ohne Beobachtungsgabe und eigenartigem Scharfsinn: "Kadetten, Kadettoiden, Oktobristen und Revolutionäre verschiedener Färbungen, der alten und der Märzformationen, wittern ihr nahes Ende und kreischen aus aller Kraft, Muselmanen ähnlich, welche die Mondfinsternis durch Klappern abwenden möchten."
    Am 18. wird zum erstenmal die Garnisonberatung einberufen. Ein Funktelegramm an die Truppenteile forderte auf, von eigenmächtigen Aktionen abzusehen und nur jene Stabsbefehle auszuführen, die durch die Soldatensektion bekräftigt sind. Der Sowjet machte somit einen entscheidenden Versuch, offen die Kontrolle über die Garnison in seine Hände zu nehmen. Der Fernspruch stellte im Grunde nichts anderes dar als einen Aufruf zur Absetzung der bestehenden Behörden. Doch konnte man, wenn man wollte, ihn deuten als friedlichen Akt der Ablösung der Versöhnler durch die Bolschewiki in der Doppelherrschaftsmechanik. Praktisch kam es auf dasselbe hinaus, nur ließ die biegsamere Deutung Raum für Illusionen. Das Präsidium des Zentral-Exekutivkomitees, das sich als Herr des Smolny betrachtete, machte den Versuch, die Verbreitung des Fernspruchs zu unterbinden. Dadurch hatte es sich nur um ein übriges kompromittiert. Die Versammlung der Vertreter der Regiments und Kompaniekomitees Petrograds und Umgebung trat zur festgesetzten Stunde zusammen und war außerordentlich zahlreich besucht.
    Dank der von den Gegnern geschaffenen Atmosphäre konzentrierten sich die Referate der Teilnehmer an der Garnisonberatung automatisch auf die Frage der bevorstehenden "Erhebung". Es erfolgte ein bemerkenswerter namentlicher Appell, zu dem sich die Führer kaum aus eigener Initiative entschlossen haben würden. Gegen die Erhebung sprechen sich aus: die Fähnrichschule von Peterhof und das 9. Kavallerieregiment. Die Marschschwadronen der Gardekavallerie neigen zu Neutralität. Die Fähnrichschule von Oranienbaum wird nur den Befehlen des Zentral-Exekutivkomitees gehorchen. Darauf beschränken sich die feindlichen oder neutralen Stimmen. Die Bereitschaft, sich auf den ersten Ruf des Petrograder Sowjets zu erheben, erklären: die Jäger-, Moskauer-, Wolyner-, Pawlowsker-, Keksholmer-, Semjo-nowsker-, Ismajlowsker-, 1. Schützen- und 3. Reserveregimenter, die 2. Baltische Equipage, das Elektrotechnische Ek-taillon, die Artillerie-Gardedivision. Das Grenadierregiment will hervortreten erst nach Aufforderung des Sowjetkongresses: dies genügt. Kleinere Truppenteile schließen sich der Mehrheit an. Vertretern des Zentral-Exekutivkomitees, das noch vor kurzem, und nicht ohne Berechtigung, als die Quelle seiner Macht die Petrograder Garnison betrachtet hatte, wird diesmal fast einstimmig das Wort verweigert. In ohnmächtiger Wut verlassen sie die "unrechtmäßige" Versammlung, die auf Antrag des Vorsitzenden sofort beschließt: ohne Gegenzeichnung des Sowjets sind Befehle ungültig. Was sich im Bewußtsein der Garnison während der letzten Monate und besonders Wochen vorbereitet hatte, kristallisierte sich jetzt. Die Bedeutungslosigkeit der Regierung erwies sich größer, als man hatte vermuten können. Während die Stadt erfüllt war von Gerüchten über Erhebung und blutige Kämpfe, machte die Beratung der Regimentskomitees, die ein erdrückendes Übergewicht der Bolschewiki ergab, sowohl Demonstrationen wie Massenkämpfe unnötig. Die Garnison ging sicheren Schrittes der Umwälzung entgegen, die sie nicht als Aufstand empfand, sondern als Verwirklichung des unbestrittenen Rechtes der Sowjets, über das Schicksal des Landes zu verfügen. In dieser Bewegung lag unüberwindliche Kraft, doch gleichzeitig auch Schwerfälligkeit. Die Partei mußte ihr Handeln geschickt dem politischen Schritt der Regimenter anpassen, deren Mehrzahl auf den Ruf des Sowjets, einige aber auf den des Sowjetkongresses warteten.
    Und die Gefahr einer auch nur vorübergehenden

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