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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Stabskapitäns rittlings auf die bolschewistische Garnison zu setzen, war offensichtlich aussichtslos. Der Sowjet wies ihn zurück und stellte die Verhandlungen ein.
    Der von Potressow entlarvte Aufstand fand am 17. nicht statt. Nun nannten die Gegner mit Bestimmtheit ein neues Datum: den 20. Oktober. Für diesen Tag war ja ursprünglich die Eröffnung des Sowjetkongresses geplant, der Aufstand aber folgte dem Kongreß wie ein Schatten. Zwar hatte man inzwischen den Kongreß um fünf Tage verlegt; doch einerlei: der Gegenstand war verschoben, der Schatten blieb. Die Regierung traf auch diesmal alle nötigen Maßnahmen zur Verhinderung der "Erhebung". An der Stadtperipherie wurden verstärkte Sperrketten aufgestellt, Kosakenpatrouillen durchzogen die Arbeiterviertel während der ganzen Nacht. An verschiedenen Punkten Petrograds hielt man berittene Reserven versteckt. Die Miliz ist in Kampfbereitschaft gebracht, und eine Hälfte ihres Bestandes hält dauernd Wache in den Kommissariaten. Vor dem Winterpalais sind Panzerwagen, leichte Artillerie und Maschinengewehre postiert. Die Zugänge zum Palais werden durch Wachposten geschützt.
    Der Aufstand, den niemand vorbereitet und zu dem niemand aufgerufen hatte, erfolgte auch diesmal nicht. Der Tag verlief ruhiger als viele andere, die Arbeit in den Fabriken wurde nicht unterbrochen. Die von Dan geleiteten Iswestja feierten einen Sieg über die Bolschewiki: "Ihr Abenteuer mit der bewaffneten Erhebung in Petrograd ist aus." Die Bolschewiki waren vernichtet allein schon durch das Gezeter der vereinigten Demokratie: "Sie ergeben sich bereits." Man konnte buchstäblich glauben, die kopflos gewordenen Gegner hätten sich die Aufgabe gestellt, durch vorzeitige Ängste und noch vorzeitigere Siegesposaunen die eigene "öffentliche Meinung" zu verwirren und die Pläne der Bolschewiki zu decken.
    Der ursprünglich am 9. angenommene Beschluß über Schaffung des Militärischen Revolutionskomitees kam erst eine Woche später vor das Sowjetplenum: der Sowjet ist keine Partei, seine Maschine arbeitet schwerfällig. Vier weitere Tage waren erforderlich für die Bildung des Komitees. Diese zehn Tage verstrichen jedoch nicht unnütz: die Eroberung der Garnison war im vollen Gange, die Beratung der Regimentskomitees konnte ihre Lebensfähigkeit beweisen, die Bewaffnung der Arbeiter machte Fortschritte, so daß das Militärische Revolutionskomitee, das erst am 20., fünf Tage vor dem Aufstande, an die Arbeit gehen konnte, gleich eine hinlänglich wohlgeordnete Wirtschaft übernahm. Unter Boykott seitens der Versöhnler gingen in das Komitee nur Bolschewiki und linke Sozialrevolutionäre hinein: das erleichterte und vereinfachte die Aufgabe. Von den Sozialrevolutionären arbeitete nur Lasimir, der sogar an die Spitze des Büros gestellt wurde, um den Sowjet- und nicht den Parteicharakter der Institution - desto krasser zu unterstreichen. Im wesentlichen jedoch stützte sich das Komitee, dessen Vorsitzender Trotzki, dessen Hauptmitarbeiter, Podwojski, Anto-now-Owssejenko, Laschewitsch, Sadowski und Mechonoschin waren, ausschließlich auf die Bolschewiki. In voller Zusammensetzung, gemeinsam mit den Vertretern aller in der Verordnung aufgezählten Organisationen, hat das Komitee wohl nicht ein einziges Mal getagt. Die laufende Arbeit erledigte das Büro unter Leitung des Vorsitzenden mit Hinzuziehung von Swerdlow in allen wichtigen Fällen. Das eben war der Stab des Aufstandes.
    Das Bulletin des Komitees registriert bescheiden seine ersten Schritte: Für die aktiven Truppenteile der Garnison, einige Ämter und Lager sind "zur Überwachung und Leitung" Kommissare ernannt. Das bedeutete, daß der Sowjet, nachdem er die Garnison politisch erobert hatte, sie sich nun auch organisatorisch unterordnete. Bei der Auswahl der Kommissare spielte die Militärische Organisation der Bolschewiki eine große Rolle. Unter den nahezu tausend Mitgliedern, die sie in Petrograd besaß, gab es nicht wenige entschlossene und der Revolution treu ergebene Soldaten und junge Offiziere, die nach den Julitagen in Kerenskis Gefängnissen die nötige Stählung erhalten hatten. Die aus ihrer Mitte erwählten Kommissare fanden bei den Truppenteilen einen wohlvorbereiteten Boden: man zählte sie zu den eigenen Leuten und unterwarf sich ihnen bereitwilligst.
    Die Initiative zur Besetzung von Ämtern kam am häufigsten von unten. Die Arbeiter und Angestellten des Arsenals bei der Peter-Paul-Festung erklärten eine Kontrolle

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