Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution
Subjekte ... mit bösen bohrenden Augen und Wolfsschnauzen" ein. An den anderen Abschnitten geschah das gleiche. "Überall finden Neuwahlen der Komitees statt, überall werden nur Bolschewiki und Defätisten gewählt." Die Regierungskommissare begannen den Reisen zu den Truppenteilen auszuweichen: "jetzt ist ihre Lage nicht besser als die uns-rige". Wir zitieren Baron Budberg. Zwei Kavallerieregimenter seines Korps, ein Husaren- und ein Uraler Kosakenregiment, die am längsten in den Händen der Kommandeure verharrt und die Teilnahme an die Unterdrückung aufständischer Regimenter nicht verweigert hatten, kamen auf einmal ins Schwanken und verlangten, daß man sie "von der Rolle der Unterdrücker und Gendarmen befreie". Des bedrohlichen Sinnes dieser Warnung war sich der Baron klarer als sonst jemand. "Man kann über einen Haufen Hyänen, Schakale und Schafe nicht mittels Geigenspielens verfügen", schrieb er, "... Rettung besteht nur in der Möglichkeit einer Massenanwendung glühenden Eisens." Und sogleich ein tragisches Geständnis: "das nicht vorhanden und nicht zu erlangen ist".
Wenn wir ähnliche Aussagen über andere Korps und Divisionen nicht anführen, so nur deshalb, weil deren Führer nicht solche Beobachtungsgabe besaßen wie Baron Budberg oder keine Tagebücher führten, oder aber weil diese Tagebücher noch nicht an die Oberfläche gedrungen sind. Doch unterschied sich das Korps bei Dwinsk außer durch den krassen Stil seines Kommandeurs in nichts Wesentlichem von den anderen Korps der 5. Armee, die ihrerseits den anderen Armeen nur wenig vorauseilte.
Das schon längst in der Luft hängende Versöhnlerkomitee der 5. Armee fuhr fort, telegraphische Drohungen nach Petrograd zu senden- mit dem Bajonett Ordnung schaffen zu wollen. "Das ist alles nur Prahlerei und Lufterschütterung", schreibt Budberg. Das Komitee lebte in Wirklichkeit seine letzten Tage. Am 23. wurde es neu gewählt. Vorsitzender des neuen, bolschewistischen Komitees wurde Doktor Skljanski, ein ausgezeichneter junger Organisator, der bald danach seine Begabung auf dem Gebiete des Aufbaues der Roten Armee weitgehend entfaltete und später einen zufälligen Tod bei einer Spazierfahrt auf einem amerikanischen See fand.
Der Gehilfe des Regierungskommissars der Nordfront berichtete am 22. Oktober dem Kriegsminister, die Ideen des Bolschewismus gewännen in der Armee immer mehr an Boden, die Masse wolle Frieden, und sogar die Artillerie, die sich bis zur allerletzten Zeit gehalten hätte, werde "empfänglich für die defätistische Propaganda". Das war kein unwesentliches Symptom. "Die Provisorische Regierung genießt keine Autorität", so berichtet der Regierung deren direkter Agent bei der Armee drei Tage vor der Umwälzung.
Gewiß, das Militärische Revolutionskomitee kannte damals alle diese Dokumente nicht. Aber auch das, was es kannte, genügte vollauf. Am 23. defilierten Vertreter verschiedener Frontteile vor dem Petrograder Sowjet und forderten Frieden; andernfalls würden die Truppen zurückluten und "alle Parasiten vernichten, die sich anschicken, noch zehn Jahre Krieg zu führen". Ergreift die Macht, sagten die Frontler dem Sowjet: "die Schützengräben werden euch unterstützen". An den entfernteren und rückständigen Fronten, der südwestlichen und der rumänischen, waren die Bolschewiki immer noch vereinzelte Exemplare, seltsame Erscheinungen. Die Stimmungen der Soldaten waren aber auch dort die gleichen. Eugenia Bosch erzählt, daß bei dem in der Umgebung von Schmerinka liegenden 2. Gardekorps auf sechzigtausend Soldaten ein junger Kommunist und zwei Sympathisierende kamen; das hinderte das Korps nicht, sich in den Oktobertagen zur Unterstützung des Aufstandes zu erheben.
Auf das Kosakentum hofften die Regierungskreise bis zur allerletzten Stunde. Doch weniger verblendete Politiker des rechten Lagers hatten begriffen, daß es auch hier mit der Sache gar schlimm bestellt war. Fast alle Kosakenoffiziere waren Kornilowianer. Die gemeinen Kosaken strebten immer mehr nach links. In der Regierung wollte man das lange nicht begreifen und erklärte sich die Kühle der Kosakenregimenter für das Winterpalais mit ihrem Gekränktsein Kaledins wegen. Aber letzten Endes leuchtete es auch dem Justizminister Maljantowitsch ein, daß hinter Kaledin "nur die Kosakenoffiziere standen, die gemeinen Kosaken jedoch, wie alle Soldaten, einfach zum Bolschewismus neigten".
Von jener Front, die in den ersten Märztagen Hände und Füße des
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