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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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zwei Hundertschaften Uraler warteten vergeblich auf Zuzug von Kameraden. Sawinkow, mit dem Sowjet der Kosakenheere eng verbunden, von diesem sogar ins Vorparlament geschickt, bemühte sich mit Hilfe des Generals Alexe-jew, die Kosaken in Bewegung zu bringen. Doch die Häupter des Kosakensowjets konnten, nach einer richtigen Bemerkung Miljukows, "ebensowenig über die Kosakenregimenter verfügen wie der Stab über die Truppen der Garnison". Nachdem sie die Sache von allen Seiten durchgesprochen hatten, erklärten die Kosakenregimenter endgültig, sie würden ohne Infanterie nicht kämpfen, und boten dem Militärischen Revolutionskomitee ihre Dienste an für die Bewachung des Staatseigentums. Gleichzeitig beschloß das Uraler Regiment, Delegierte in das Winterpalais zu entsenden, um die zwei Hundertschaften in die Kaserne zurückzuholen. Dieser Vorschlag entsprach ganz der Stimmung, die bei den "Alten" der Uraler endgültig Platz gegriffen hatte. Ringsum nur Fremde: Junker, unter denen nicht selten Juden waren, invalide Offiziere und dazu Stoßbrigadlerinnen. Mit bösen, finsteren Gesichtern packten die Kosaken ihre Säcke. Kein Zureden half mehr. Wer blieb als Kerenskis Schutz? "Juden und Weiber ... das russische Volk aber ist dort, mit Lenin geblieben." Bei den Kosaken fand sich eine Verbindung mit den Belagerern, und diese öffneten ihnen einen der Verteidigung bis dahin unbekannt gewesenen Durchgang. Gegen 9 Uhr abends verließen die Uraler das Winterpalais. Nur ihre Maschinengewehre überließen sie den Verteidigern einer hoffnungslosen Sache.
    Auf dem gleichen Wege, von der Milljonaja-Straße aus, waren schon vorher Bolschewiki ins Palais gelangt, zum Zwecke der Zersetzung des Gegners. Immer häufiger stieß man in den Korridoren auf geheimnisvolle Gestalten, Seite an Seite mit Junkern. Der Widerstand sei zwecklos. Die Aufständischen hätten Stadt und Bahnhöfe in der Gewalt, Verstärkung gäbe es nicht, im Palais werde einfach "aus Gewohnheit weitergelogen". Was nun tun? fragten die Junker. Die Regierung weigert sich, direkte Befehle zu erteilen. Die Minister selbst bleiben bei ihrem alten Entschluß, die anderen mögen handeln, wie sie wollen. Das bedeutete: die Proklamierung des freien Abzugs aus dem Palais für alle, die es wünschten. Im Verhalten der Regierung war weder Vernunft noch Wille. Die Minister harrten passiv ihres Geschicks. Maljanto-witsch erzählte später: "In einer riesigen Mausefalle irrten gezeichnete Menschen herum, die nur dann und wann alle zusammen oder in kleineren Gruppen zu kurzen Gesprächen sich trafen, Einsame, von allen Verlassene. Um uns war Leere, in uns war Leere. Und in ihr erwuchs die unbedenkliche Entschlossenheit gleichgültiger Teilnahmslosigkeit." Antonow-Owssejenko hat mit Blagonrawow verabredet: sobald die Einkreisung des Winterpalais beendet ist, wird auf dem Festungsmast eine rote Laterne hochgezogen. Auf dieses Signal hin gibt die Aurora einen Blindschuß ab, um zu schrecken. Geben die Belagerten nicht nach, beginnt die Festung die Beschießung des Palais mit Kampfgeschossen aus leichten Geschützen. Ergibt sich das Winterpalais auch dann nicht, eröffnet die Aurora wirkliches Feuer aus ihren Sechszölligen. Der Zweck dieser Stufung war, Opfer und Beschädigungen auf ein Minimum herabzusetzen, gelingt es nicht, sie ganz zu vermeiden. Aber die zu komplizierte Lösung der einfachen Aufgabe drohte zu entgegengesetzten Resultaten zu führen. Die Schwierigkeiten der Durchführung müssen sich unweigerlich zeigen. Sie beginnen schon mit der roten Laterne: sie ist nicht bei der Hand. Man sucht, verliert Zeit, findet endlich. Aber es ist gar nicht ganz einfach, sie so an dem Mast zu befestigen, daß sie von allen Seiten zu sehen ist. Immer neue und neue Versuche mit zweifelhaftem Ergebnis. Und die kostbare Zeit verrinnt.
    Die Hauptschwierigkeiten setzen jedoch bei Berührung mit der Artillerie ein. Nach Blagonrawows Bericht konnte man die Beschießung des Palais auf das erste Signal schon mittags beginnen. In Wirklichkeit kam es ganz anders. Da es eine ständige Artillerie in der Festung nicht gab, sieht man von der Vorderladekanone ab, die die Mittagsstunde verkündete, war man gezwungen, auf den Festungsmauern Feldgeschütze aufzustellen. Dieser Teil des Programms war gegen Mittag tatsächlich durchgeführt. Aber schlimm stand die Sache mit der Geschützbedienung. Es war im voraus bekannt, daß die Artilleriekompanie, die im Juli auf seiten der Bolschewiki gekämpft

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