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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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angesetzt; das geschah nicht durch den Petrograder Sowjet, sondern durch das versöhnlerische Zentral-Exekutivkomitee. Aus dieser Tatsache heraus, und nicht aus angeblicher Unvorsichtigkeit des Sowjets, ergaben sich für den Gegner gewisse Schlußfolgerungen: Die Bolschewiki werden, wollen sie nicht von der Bühne verschwinden, versuchen müssen, im Augenblick des Kongresses die Macht zu erobern. "Aus der Logik der Dinge", schrieben wir später, "ergab sich, daß wir den Aufstand auf den 25. Oktober ansetzten. So verstand die Sache auch die gesamte bürgerliche Presse." Verschwommene Erinnerungen an die "Logik der Dinge" verwandelten sich bei Stalin in "unvorsichtige" Bekanntgabe des Aufstandstages. So wird Geschichte geschrieben!
    Am zweiten Jahrestag der Umwälzung verwies der Autor dieses Buches in dem soeben dargelegten Sinne darauf; daß der "Oktoberaufstand sozusagen im voraus auf ein bestimmtes Datum, den 25. Oktober, festgesetzt" und an diesem Tage auch vollbracht war, und fügte hinzu; vergeblich würden wir in der Geschichte das zweite Beispiel eines Aufstandes suchen, der durch den Gang der Dinge von vornherein einem bestimmten Datum angepaßt war. Diese Behauptung ist irrig: der Aufstand vom 10. August 1792 war ebenfalls etwa acht Tage zuvor auf ein bestimmtes Datum festgelegt worden, und gleichfalls nicht aus Unvorsichtigkeit, sondern aus der Logik der Dinge heraus.
    Am 3. August beschloß die Gesetzgebende Versammlung, die Petitionen der Pariser Sektionen, die die Absetzung des Königs forderten, am 9. zur Beratung zu stellen. "Indem sie den Tag der Beratung festlegte", schreibt Jaurès, der manches bemerkt hat, was den alten Historikern entgangen war, "setzte sie damit allein auch den Tag des Aufstandes an." Der Führer der Sektionen, Danton, nahm eine Defensivposition ein: "Bricht eine neue Revolution aus", erklärte er beharrlich, "so wird sie ... eine Antwort auf den Treubruch der Regierung sein." Die Verweisung der Frage durch die Sektionen zur Beratung an die Gesetzgebende Versammlung war keinesfalls eine "konstitutionelle Illusion": sie war nur eine Methode der Vorbereitung des Aufstandes und gleichzeitig dessen legale Deckung. Zur Unterstützung ihrer Positionen erhoben sich bekanntlich die Sektionen auf ein Sturmläuten mit der Waffe in der Hand.
    Der Ähnlichkeitszug der zwei voneinander durch einen Abstand von 125 Jahren getrennten Umwälzungen ergibt sich keineswegs zufällig. Beide Aufstände spielen sich nicht zu Beginn der Revolution ab, sondern an deren zweiter Etappe, was sie politisch viel bewußter und planvoller macht. In beiden Fällen erreicht die revolutionäre Krise hohe Reife. Die Massen legen sich im voraus Rechenschaft ab über die Unabwendbarkeit und Nähe der Umwälzung. Das Bedürfnis nach Tateinheit zwingt sie, ihre ganze Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes "legales" Datum zu konzentrieren als auf den Brennpunkt der heranrückenden Ereignisse. Dieser Logik der Massenbewegung unterwirft sich die Leitung. Bereits die politische Lage beherrschend, schon fast die Hand auf dem Sieg, nimmt sie nach außen hin eine Defensivposition ein. Den geschwächten Gegner provozierend, wälzt sie auf ihn im voraus die Verantwortung für die nahenden Zusammenstöße. So vollzieht sich ein Aufstand an einem "im voraus bestimmten Datum".
    Die durch ihre Ungereimtheiten verblüffenden Behauptungen Stalins - einige von ihnen sind in den vorangegangenen Kapiteln angeführt - beweisen, wie wenig er über die Ereignisse von 1917 in ihrem inneren Zusammenhang nachgedacht und welch summarische Spur sie in seinem Gedächtnis hinterlassen haben. Wie das erklären? Es ist bekannt, daß Menschen Geschichte machen, ohne deren Gesetze zu kennen, wie sie Speisen verdauen, ohne einen Begriff von der Physiologie der Verdauung zu haben. Es mag scheinen, dieses könne sich nicht auf führende Politiker, dazu noch Führer einer Partei beziehen, die sich auf ein wissenschaftlich fundiertes Programm stützt. Indes bleibt es Tatsache, daß viele Revolutionäre, die auf sichtbaren Posten an der Revolution teilnahmen, schon nach sehr kurzer Zeit nicht mehr die Fähigkeiten besitzen, den inneren Sinn dessen zu begreifen, was unter ihrer unmittelbaren Teilnahme geschah. Der außerordentliche Reichtum der Literatur des Epigonentums erweckt den Eindruck, als seien die gewaltigen Ereignisse über menschliche Gehirne hinweggegangen und hätten sie zerquetscht, wie eine Eisenwalze Hände und Füße zerquetscht. Bis zu einem

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