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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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haben". Auf Lenins Antrag beschloß das Zentralkomitee an Ort und Stelle, in einer im Winkel abgehaltenen fliegenden Sitzung, diese Lücke auszufüllen. Das Protokoll lautet: "Das Zentralkomitee organisiert ein militärisch-revolutionäres Zentrum in folgender Zusammensetzung: Swerdlow, Stalin, Bubnow, Uritzki und Dserschinski. Dieses Zentrum wird dem Revolutionären Sowjetkomitee einverleibt," Die von allen vergessene Verfügung wurde in den Archiven zum erstenmal im Jahre 1924 entdeckt. Man begann sie zu zitieren wie ein wichtiges historisches Dokument. So schrieb Jaroslawski: "Dieses Organ (und kein anderes) leitete alle Organisationen, die am Aufstande teilnahmen (revolutionäre Truppenteile, Rote Garde)." Die Worte "und kein anderes" zeigen freimütig genug den Zweck dieser ganzen nachträglichen Konstruktion. Noch freimütiger schrieb Stalin: "In das praktische Zentrum, berufen, den Aufstand zu leiten, kam seltsamerweise nicht hinein ... Trotzki." Um die Möglichkeit zu haben, sich über dieses Thema zu verbreiten, war Stalin gezwungen, die zweite Hälfte der Verfügung wegzulassen: "Dieses Zentrum wird dem Revolutionären Sowjetkomitee einverleibt." Berücksichtigt man, daß an der Spitze des Militärischen Revolutionskomitees Trotzki stand, dann ist nicht schwer zu begreifen, weshalb sich das Zentralkomitee beschränkte auf Ernennung neuer Arbeiter zur Unterstützung jener, die bereits ohnehin im Mittelpunkt der Arbeit standen. Weder Stalin noch Jaroslawski erklärten darüber hinaus, weshalb man sich des "praktischen Zentrums" zum erstenmal ins Jahre 1924 erinnerte.
    Zwischen dem 16. und 20. Oktober stellt sich der Aufstand, wie wir gesehen haben, endgültig auf das Sowjet-Geleise. Das Militärische Revolutionskomitee konzentriert in seinen Händen von den ersten Schritten an die unmittelbare Leitung nicht nur der Garnison, sondern auch der Roten Garde, die schon seit dem 13. Oktober dem Petrograder Exekutivkomitee untersteht. Für irgendein anderes leitendes Zentrum bleibt kein Platz übrig. Jedenfalls kann man weder in den Protokollen des Zentralkomitees noch in irgendwelchen anderen Materialien aus der zweiten Oktoberhälfte die geringste Spur finden von der Tätigkeit eines, wie man doch meinen müßte, so wichtigen Organs. Niemand berichtet über seine Arbeit, keine Aufträge werden ihm zugeteilt, selbst sein Name wird von keinem erwähnt, obwohl seine Mitglieder in den Sitzungen des Zentralkomitees anwesend sind und an der Lösung jener Fragen teilnehmen, die die direkte Kompetenz des "praktischen Zentrums" bilden müßten.
    Sweschnikow, Mitglied des Petrograder Parteikomitees, der während der zweiten Oktoberhälfte fast ununterbrochen im Smolny als Verbindungsmann Wachdienst tat, müßte doch jedenfalls wissen, wo praktische Anweisungen in Fragen des Aufstandes zu suchen gewesen waren. Er schreibt folgendes: "Es entsteht das Militärische Revolutionskomitee. Mit seiner Entstehung gewinnt das Elementare der revolutionären Aktivität des Proletariats ein führendes Zentrum." Kaju-row, den wir aus den Februartagen gut kennen, erzählt, wie der Wyborger Bezirk gespannt auf das Signal aus dem Smolny wartete: "gegen Abend (des 24.) kam die Antwort des Militärischen Revolutionskomitees - die Rote Garde für den Kampf bereitzuhalten". Kajurow weiß nichts von irgendeinem anderen Zentrum im Moment des Übergangs zum offenen Aufstand. Mit gleichem Recht kann man auf die Erinnerungen Sadowskis, Podwojskis, Antonows, Mecho-noschins, Blagonrawows und anderer unmittelbarer Teilnehmer der Umwälzung verweisen: nicht einer von ihnen erwähnt das "praktische Zentrum", das nach Jaroslawskis Behauptung sämtliche Organisationen geleitet haben soll. Schließlich begnügt sich Jaroslawski selbst in seiner Geschichte mit der nackten Mitteilung von der Schaffung des Zentrums: über dessen Tätigkeit sagt er kein Wort. Die Schlußfolgerung drängt sich von selbst auf: ein leitendes Zentrum, das keiner der Geleiteten kennt, existiert für die Geschichte nicht. Doch lassen sich auch direktere Beweise für das Scheindasein des "praktischen Zentrums" anführen. In der Sitzung des Zentralkomitees vom 20. Oktober verliest Swerdlow eine Erklärung der Militärischen Organisation, die, wie aus der Diskussion ersichtlich ist, die Forderung enthält, die Leiter der Militärischen Organisation bei Entschließungen in Fragen des Aufstandes hinzuzuziehen. Joffe schlägt vor, diese Forderung abzulehnen: "Alle, die den Willen zur Arbeit

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