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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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genauen Zahlen ausgedrückt werden. Deren Eindringlichkeit wird aber nicht hindern, daß die Arbeiter Chinas eher an die Macht gelangen können als die Arbeiter Großbritanniens. Wiederum würde die Diktatur des chinesischen Proletariats noch keinesfalls den Aufbau des Sozialismus innerhalb der Grenzen der großen chinesischen Mauer bedeuten. Schulmäßige, geradlinigpedantische oder zu kurze nationale Kriterien taugen nicht für unsere Epoche. Rußland wurde aus seiner Rückständigkeit und seinem Asiatentum durch die Weltentwicklung hinausgestoßen. Außerhalb der Verflechtung ihrer Wege ist auch sein weiteres Schicksal nicht zu verstehen.
    Die bürgerlichen Revolutionen richteten sich im gleichen Maße gegen die feudalen Eigentumsverhältnisse wie gegen den Partikularismus der Provinzen. Auf den Befreiungsbannern stand neben Liberalismus - Nationalismus. Die westliche Menschheit hat diese Kinderschuhe längst ausgetreten. Die Produktivkräfte unserer Zeit sind nicht nur den bürgerlichen Eigentumsformen entwachsen, sondern auch den Grenzen der Nationalstaaten. Liberalismus und Nationalismus wurden in gleichem Maße Fesseln der Weltwirtschaft. Die proletarische Revolution richtet sich sowohl gegen Privatbesitz an Produktionsmitteln wie auch gegen nationale Zersplitterung der Weltwirtschaft. Der Unabhängigkeitskampf der
    Ostvölker ist in diesen Weltprozeß eingeschlossen, um dann mit ihm zu verschmelzen. Die Schaffung einer nationalen sozialistischen Gesellschaft, wäre ein solches Ziel überhaupt zu verwirklichen, würde die äußerste Herabminderung der ökonomischen Macht des Menschen bedeuten; und gerade deshalb ist sie undurchführbar. Der Internationalismus ist kein abstraktes Prinzip, sondern Ausdruck einer ökonomischen Tatsache. Wie der Liberalismus national war, so ist der Sozialismus international. Ausgehend von der internationalen Arbeitsteilung, hat der Sozialismus zur Aufgabe, den internationalen Austausch von Gütern und Leistungen zur höchsten Blüte zu bringen.
    Eine Revolution hat noch niemals und nirgend vollständig mit den Vorstellungen übereingestimmt und übereinstimmen können, die sich ihre Teilnehmer von ihr gemacht hatten. Nichtsdestoweniger bilden Ideen und Ziele der Kampfteilnehmer einen wichtigen Bestandteil in ihr. Das bezieht sich besonders auf die Oktoberumwälzung, denn noch niemals in der Vergangenheit hatten sich die Vorstellungen der Revolutionäre von der Revolution dem wirklichen Wesen der Ereignisse so stark genähert wie im Jahre 1917.
    Eine Arbeit über die Oktoberrevolution würde unvollständig bleiben, wenn sie nicht mit der größtmöglichen historischen Genauigkeit die Frage beantwortetet: wie hatte sich die Partei auf der Höhe der Ereignisse die weitere Entwicklung der Revolution vorgestellt und was erwartete sie von ihr?
    Die Frage gewinnt um so größere Bedeutung, je mehr der gestrige Tag vom Spiel neuer Interessen verdunkelt wird. Die Politik sucht stets einen Stützpunkt in der Vergangenheit, und bekommt sie ihn nicht freiwillig, dann beginnt sie häufig, ihn sich gewaltsam zu erzwingen. Die heutige offizielle Politik der Sowjetunion geht von der Theorie des "Sozialismus in einem Lande" aus, als der angeblich traditionellen Auffassung der bolschewistischen Partei. Die jungen Generationen, nicht nur der Kommunistischen Internationale, sondern vielleicht auch aller anderen Parteien, werden in der Überzeugung erzogen, die Sowjetmacht sei erobert worden ins Namen des Aufbaus einer selbständigen sozialistischen Gesellschaft in Rußland.
    Die historische Wirklichkeit hatte mit diesem Mythos nichts gemein. Bis zum Jahre 1917 ließ die Partei den Gedanken überhaupt nicht zu, die proletarische Revolution könnte sich in Rußland früher vollziehen als im Westen. Auf der Aprilkonferenz bekannte sich die Partei unter dem Druck der restlos enthüllten Situation zum erstenmal zu dem Ziel der Machteroberung. Während es ein neues Kapitel in der Geschichte des Bolschewismus einleitete, hatte dieses Bekenntnis jedoch nichts gemein mit der Perspektive einer selbständigen sozialistischen Gesellschaft. Im Gegenteil, die Bolschewiki lehnten kategorisch die ihnen von den Menschewiki unterschobene karikierte Idee des Aufbaus eines "bäuerlichen Sozialismus" in einem rückständigen Lande ab. Die Diktatur des Proletariats war für die Bolschewiki eine Brücke zur Revolution im Westen. Die Aufgabe der sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft wurde als eine ihrem Wesen nach

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