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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Sowjetzeitung zu sichern ... Lenin war begeistert, was sich in Ausrufen, Lachen und Händereiben äußerte. Dann wurde er schweigsam, dachte nach und sagte: "Nun, man kann auch so. Es kommt nur darauf an, die Macht zu ergreifen." Mir wurde klar, daß er sich erst in diesem Augenblick mit unserem Verzicht, die Macht durch konspirative Verschwörung zu ergreifen, aussöhnte. Bis zur letzten Stunde hatte er befürchtet, der Feind könnte uns den Weg a> schneiden und überrumpeln. Erst jetzt ... beruhigte er sich und sanktionierte endgültig die Bahn, die die Ereignisse genommen hatten."
    Auch diese Darstellung wurde später bestritten. Indes stützt sie sich unerschütterlich auf die objektive Lage. Am Abend des 24. wurde Lenin vom letzten Ausbruch der Besorgnis derart erfaßt, daß er den verspäteten Versuch machte, Soldaten und Arbeiter für einen Druck auf das Smolny zu mobilisieren. Wie stürmisch mußte seine Stimmung umschlagen, als er, einige Stunden später die tatsächliche Lage im Smolny erfuhr! Ist es da nicht klar, daß er, wenn auch nur in einigen Sätzen, in einigen Worten ein Fazit ziehen mußte unter seine Besorgnis, seine direkten und indirekten Vorwürfe an die Adresse des Smolny? Komplizierte Erklärungen waren nicht nötig! Jedem der beiden Gesprächspartner, die sich in dieser ungewöhnlichen Stunde Auge in Auge trafen, waren die Quellen der Mißverständnisse vollkommen klar. Jetzt waren sie liquidiert. Es verlohnte nicht, zu ihnen zurückzukehren. Der eine Satz genügte: "Man kann auch so!" Das hieß: "Vielleicht war ich zu weit gegangen in nörglerischem Argwohn, aber Sie verstehen doch? ..." Wer hätte auch nicht verstehen können! Lenin neigte nicht zu Sentimentalitäten. Sein Satz: "Man kann auch so", mit dem besonderen Lächeln, genügte vollkommen, um die episodischen Mißverständnisse des gestrigen Tages wegzuräumen und die Bande des Vertrauens fester zu knüpfen.
    Lenins Stimmung am Tage des 25. zeigte sich am krassesten in der durch Wolodarski eingebrachten Resolution, die den Aufstand charakterisierte als "ausnehmend unblutig und ausnehmend erfolgreich". Die Tatsache, daß Lenin diese, wie immer bei ihm, an Worten karge, dem Wesen nach aber sehr hohe Bewertung der Umwälzung auf sich nahm, ist kein Zufall. Gerade er, als Autor der "Ratschläge eines Außenstehenden", hielt sich für unabhängig genug, um nicht nur dem Heroismus der Massen, sondern auch den Verdiensten der Führung den gebührenden Tribut zu entrichten. Man braucht wohl kaum daran zu zweifeln, daß Lenin dafür auch ergänzende psychologische Motive besaß: er hatte die ganze Zeit hindurch den vom Smolny zu langsam genommenen Kurs gefürchtet, und er beeilte sich nun als erster, dessen durch die Wirklichkeit bewiesene Vorzüge anzuerkennen.
    Von dem Augenblick an, wo Lenin im Smolny erscheint, stellt er sich naturnotwendig an die Spitze der gesamten Arbeit: der politischen, organisatorischen und technischen. Am 29. findet in Petrograd ein Aufstand der Junker statt. Kerenski greift an der Spitze einiger Kosakenhundertschaften Petrograd an. Das Militärische Revolutionskomitee steht vor der Aufgabe der Verteidigung. Diese Arbeit leitet Lenin. In seinen Erinnerungen schreibt Trotzki: "Ein schneller Erfolg entwaffnet, genau wie eine Niederlage. Den Hauptfaden der Ereignisse nicht aus den Augen verlieren; nach jedem Erfolg sich sagen: es ist noch nichts erreicht, noch nichts gesichert; fünf Minuten vor dem entscheidenden Sieg mit der gleichen Sorgfalt, Energie, mit dem gleichen Druck wie fünf Minuten vor dem Beginn der bewaffneten Handlungen; fünf Minuten nach dem Siege, noch ehe die ersten Begrüßungsworte verklungen sind, sich sagen: das Errungene ist noch nicht gesichert, man darf keine Minute verlieren das ist die Einstellung, das ist die Handlungsweise, das ist die Methode Lenins, das ist das organische Wesen seines politischen Charakters, seines revolutionären Geistes."
    Die oben erwähnte Sitzung des Petrograder Komitees vom 1. November, wo Lenin über seine unberechtigt gewesenen Befürchtungen bezüglich der Interrayonisten sprach, war der Frage der Koalitionsregierung mit den Menschewiki und Sozialrevolutionären gewidmet. Auf eine Koalition drängen nach dem Siege die Rechten: Sinowjew, Kamenjew, Rykow, Lunatscharski, Rjasanow, Miljutin und andere. Lenin und Trotzki treten entschieden gegen jegliche Koalition auf; die über den Rahmen des zweiten Sowjetkongresses hinausgeht. "Die Meinungsverschiedenheiten",

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