Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution
erklärt Trotzki, "waren von bedeutender Tiefe vor dem Aufstande - im Zentralkomitee wie in breiten Kreisen unserer Partei ... Man sagte dasselbe, wie jetzt nach dem siegreichen Aufstand: es werde der technische Apparat fehlen. Man trug die Farben dick auf, um zu schrecken, wie jetzt, um den Sieg nicht auszunutzen." Hand in Hand mit Lenin führt Trotzki gegen die Anhänger der Koalition den gleichen Kampf; den er vor dem Umsturz gegen die Gegner des Aufstandes geführt hatte. Lenin sagt in dieser Sitzung: "Verständigung? Ich kann darüber nicht mal ernsthaft sprechen. Trotzki hat längst gesagt, eine Vereinigung ist unmöglich. Trotzki hat das begriffen, und seitdem hat es keinen besseren Bolschewik gegeben."
Unter den wichtigsten Bedingungen einer Verständigung stellten die Sozialrevolutionäre und Menschewiki die Forderung auf, aus der Regierung die zwei ihnen verhaßtesten Figuren zu entfernen, "die persönlichen Urheber der Oktoberumwälzung, Lenin und Trotzki". Das Verhalten des Zentralkomitees und der Partei zu dieser Forderung war so, daß Kamenjew, äußerster Anhänger der Verständigung, persönlich auch zu dieser Konzession bereit, es als notwendig erachtete, in der Sitzung des Zentral-Exekutivkomitees vom 2. November zu erklären: "Der Vorschlag, Lenin und Trotzki auszuschließen, ist ein Vorschlag zur Enthauptung unserer Partei, und wir nehmen ihn nicht an."
Den revolutionären Standpunkt - für den Aufstand, gegen die Koalition mit den Versöhnlern - nannte man in den Bezirken "Lenins und Trotzkis Standpunkt". Dieser Ausdruck wurde, wie Dokumente und Protokolle bezeugen, allgemein gebräuchlich. Im Augenblick der Krise innerhalb des Zentralkomitees nahm eine überfüllte Arbeiterinnenkonferenz in Petrograd einstimmig die Resolution an: "Wir begrüßen die Politik des Zentralkomitees unserer Partei, geführt von Lenin und Trotzki." Baron Budberg schrieb bereits im November 1917 in seinem Tagebuch von den "neuen Du-umvirn Lenin und Trotzki". Als eine Gruppe von Sozialrevolutionären im Dezember beschloß, "den bolschewistischen Kopf abzuschneiden", da war es für sie, nach den Worten Boris Sokolows, eines der Verschwörer, "klar, daß die schädlichsten und bedeutendsten der Bolschewiki Lenin und Trotzki sind. Man muß mit ihnen beginnen." In den Jahren des Bürgerkrieges wurden diese zwei Namen stets zusammen genannt, als wäre die Rede von einer Person. Parvus, ehemals revolutionärer Marxist und später wütender Feind der Oktoberrevolution, schrieb: "Lenin und Trotzki, das ist der Sammelname für alle jene, die aus Idealismus den bolschewistischen Weg gegangen sind ... " Rosa Luxemburg, die die Politik der Oktoberrevolution hart kritisiert hat, bezog ihre Kritik in gleicher Weise auf Lenin wie auf Trotzki. Sie schrieb: "Lenin und Trotzki mit ihren Freunden waren die ersten , die dem Weltproletariat mit dem Beispiel vorangingen. Sie sind auch jetzt noch die einzigen, die mit Hutten ausrufen können: Ich hab's gewagt!" Im Oktober 1918 zitierte Lenin in einer feierlichen Sitzung des Zentral-Exekutivkomitees die ausländische bürgerliche Presse: "Die italienischen Arbeiter benehmen sich so, daß sie, scheint's, nur Lenin und Trotzki das Reisen in Italien erlauben würden." Solche Zeugnisse sind zahllos. Sie ziehen sieh wie ein Leitmotiv durch die ersten Jahre des Sowjetregimes und der Kommunistischen Internationale. Teilnehmer und Beobachter, Freunde und Feinde, Nah- und Fernstehende haben Lenins und Trotzkis Tätigkeit in der Oktoberumwälzung mit einem so festen Knoten verknüpft, daß ihn zu lösen oder zu durchhauen der Epigonen-Historiographie nicht gelingen wird.
Fußnote von Trotzki
1. Während des Dritten Kongresses der Kommunistischen Internationale berief sich Lenin, um seine Schläge gegen einige "Ultralinke" zu mildern, darauf, daß auch er ultralinke Fehler begangen hätte, besonders in der Emigration, darunter auch in der letzten "Emigration", im Jahre 1917 in Finnland, als er einen ungünstigeren Aufstandsplan verteidigte als jenen, der tatsächlich verwirklicht wurde. Auf diesen seinen Fehler verwies Lenin, wenn uns das Gedächtnis nicht trügt, auch in einer schriftlichen Erklärung in der Kommission des Kongresses für deutsche Angelegenheiten. Leider ist uns das Archiv der Kommunistischen Internationale nicht zugänglich; die uns hier interessierenden Erklärung Lenins ist aber offenbar nicht veröffentlicht worden.
Anhang 2 zu Band 2:
Sozialismus in einem Lande?
"Das
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