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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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internationale Aufgabe erklärt.
    Erst im Jahre 1924 vollzog sich in dieser Kernfrage ein Umschwung. Zum erstenmal wurde verkündet, daß der Aufbau des Sozialismus innerhalb der Grenzen der Sowjetunion durchaus möglich sei, unabhängig von der Entwicklung der übrigen Menschheit, wenn nur die Imperialisten die Sowjetmacht nicht vermittels einer Militärintervention stürzen. Der neuen Theorie wurde sofort rückwirkende Kraft verliehen. Hätte die Partei im Jahre 1917 nicht an die Möglichkeit geglaubt, eine selbständige sozialistische Gesellschaft in Rußland aufzubauen - erklärten die Epigonen -, sie hätte nicht das Recht gehabt, die Macht in ihre Hände zu nehmen. Im Jahre 1926 verurteilte die Kommunistische Internationale offiziell die Nichtanerkennung der Theorie des Sozialismus in einem Lande, wobei dieses Urteil auf die gesamte Vergangenheit ausgedehnt wurde, beginnend mit dem Jahre 1905.
    Drei Ideenreihen wurden von nun an als dem Bolschewismus feindlich deklariert: die Verneinung der Möglichkeit für die Sowjetunion, sich unbestimmt lange Zeit in kapitalistischer Umzingelung zu halten (Problem der militärischen Intervention); die Verneinung der Möglichkeit, mit eigenen Mitteln und in nationalen Grenzen den Widerspruch zwischen Stadt und Land zu überwinden (Problem der ökonomischen Rückständigkeit und Problem der Bauernschaft); die Verneinung der Möglichkeit des Aufbaus einer isolierten sozialistischen Gesellschaft (Problem der internationalen Arbeitsteilung). Die Unantastbarkeit der Sowjetunion sei, nach der neuen Schule, zu schützen möglichst auch ohne Revolution in den anderen Ländern: durch "Neutralisierung der Bourgeoisie". Die Mitarbeit der Bauernschaft auf dem Gebiete des sozialistischen Aufbaus sei als gesichert anzuerkennen. Die Abhängigkeit von der Weltwirtschaft sei durch die Oktoberumwälzung und die Wirtschaftserfolge der Sowjets liquidiert. Die Nichtanerkennung dieser drei Thesen sei "Trotzkismus", das heißt eine mit dem Bolschewismus unvereinbare Doktrin.
    Eine historische Arbeit stößt hier an die Aufgabe der ideologischen Restauration: es ist notwendig, die wahren Ansichten und Ziele der revolutionären Partei von den späteren politischen Ablagerungen zu befreien. Trotz der Kürze der einander ablösenden Perioden erhält diese Aufgabe um so mehr Ähnlichkeit mit der Entzifferung von Palimpsesten, als die Konstruktionen der Epigonenschule sich bei weitem nicht immer über die theologischen Klügeleien erheben, um derentwillen die Mönche des VII. und VIII. Jahrhunderts Pergament und Papyrus der Klassiker vernichteten.
    Wenn wir auf den Seiten dieses Buches im allgemeinen vermieden, die Darstellung durch zahlreiche Zitate zu überhäufen, so wird das vorliegende Kapitel, dem Wesen der Aufgabe entsprechend, dem Leser Originaltexte bieten müssen, und zwar in einem Umfange, der schon den Gedanken an eine künstliche Auswahl ausschließt. Es ist notwendig, den
    Bolschewismus in seiner eigenen Sprache sprechen zu lassen: unter dem Regime der Stalinschen Bürokratie ist er dieser Möglichkeit beraubt.
    Die bolschewistische Partei war seit dem Tage ihrer Entstehung eine Partei des revolutionären Sozialismus, Doch die nächste historische Aufgabe erblickte sie, notgedrungen, im Sturze des Zarismus und in der Errichtung des demokratischen Regimes. Hauptinhalt der Umwälzung sollte die demokratische Lösung der Agrarfrage sein. Die sozialistische Revolution wurde in eine recht ferne, jedenfalls unbestimmte Zukunft gerückt. Es galt als unbestreitbar, daß sie praktisch auf die Tagesordnung gestellt werden könnte erst nach dem Siege des Proletariats im Westen. Diese Grundsätze, geschmiedet vom russischen Marxismus im Kampfe gegen Narodnitschestwo und Anarchismus, bildeten das eherne Inventar der Partei. Weiter folgten hypothetische Erwägungen: sollte die demokratische Revolution in Rußland machtvollen Schwung erreichen, dann könnte sie unmittelbaren Anstoß zur sozialistischen Revolution im Westen geben, und dies wieder würde dann dem russischen Proletariat erlauben; in beschleunigtem Marsch zur Macht zu kommen. Die allgemeine historische Perspektive änderte sich auch bei dieser allergünstigsten Variante nicht: nur der Gang der Entwicklung wurde beschleunigt und die Fristen nähergerückt.
    Eben im Geiste dieser Anschauungen schrieb Lenin im September 1905: "Von der demokratischen Revolution werden wir, und zwar im Ausmaß unserer Kräfte, der Kräfte des klassenbewußten und

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