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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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gestärkt." Das Vertrauen der Alliierten! Dreht sich nicht zu diesem Zwecke die Erde um ihre Achse?
    "Gegenwärtig sind die Offiziere die einzige Stütze der Freiheit und der Revolution", belehrt Klembowski. "Der Offizier ist kein Bourgeois", erläuterte Brjussilow, "er ist der echteste Proletarier." General Russki ergänzt: "Auch die Generale sind Proletarier." Die Komitees vernichten, die Macht der alten Vorgesetzten wiederherstellen, die Politik aus der Armee treiben - das heißt die Revolution -, das ist das Programm der Proletarier im Generalsrange. Kerenski hat gegen das Programm nichts einzuwenden, es beunruhigt ihn nur die Frage der Fristen. "Was die vorgeschlagenen Maßnahmen betrifft", sagte er, "so glaube ich, daß auch General Denikin nicht auf ihre sofortige Durchführung bestehen wird ..." Die Generale waren durchweg graue Mittelmäßigkeiten. Aber sie konnten nicht umhin sich zu sagen: "Das ist die Sprache, die man mit diesen Herrschaften sprechen muß!"
    Als Folge der Beratung fand ein Wechsel im obersten Kommandobestande statt. Der nachgiebige und geschmeidige Brjussilow, eingesetzt an Stelle des vorsichtigen Kanzleibeamten Alexejew, der gegen die Offensive gewesen war, wurde jetzt durch Kornilow abgelöst. Diesen Wechsel motivierte man verschieden: den Kadetten versprach man, Kornilow werde eiserne Disziplin einführen; den Versöhnlern versicherte man, Kornilow sei ein Freund der Komitees und der Kommissare: Sawinkow selbst bürge für dessen republikanische Gefühle. In Beantwortung der hohen Ernennung schickte der General an die Regierung ein neues Ultimatum: Er, Kornilow, nehme seine Ernennung nur an unter den Bedingungen: "Verantwortlichkeit vor dem eigenen Gewissen und dem Volke; Nichteinmischung in die Ernennung des höheren Kommandobestandes; Wiedereinführung der Todesstrafe im Hinterlande." Der erste Punkt schuf Schwierigkeiten: "Verantwortlichkeit vor dem eigenen Gewissen und dem Volke", damit hatte schon Kerenski begonnen, und diese Sache duldete keine Rivalität. Kornilows Telegramm wurde in der verbreitetsten liberalen Zeitung veröffentlicht. Die vorsichtigen Politiker der Reaktion runzelten die Stirn. Kornilows Ultimatum war das Ultimatum der Kadettenpartei, nur in die unverhüllte Sprache des Kosakengenerals übersetzt. Aber Kornilows Berechnung war richtig: die Übermäßigkeit der Forderungen und die Vermessenheit des Tones im Ultimatum löste das Entzücken aller Feinde der Revolution und besonders der gesamten Kaderoffiziere aus. Kerenski geriet in Erregung und wollte Kornilow unverzüglich entlassen, fand aber keine Unterstützung bei seiner Regierung. Letzten Endes willigte auf Anraten seiner Inspiratoren Kornilow ein, in einer mündlichen Erklärung festzustellen, daß er die Verantwortlichkeit vor dem Volke als Verantwortlichkeit vor der Provisorischen Regierung verstehe. Im übrigen wurde das Ultimatum mit kleinen Vorbehalten angenommen. Kornilow ward Höchstkommandierender. Gleichzeitig wurde ihm der Kriegsingenieur Filonenko als Kommissar beigeordnet und der frühere Kommissar der Südwestfront, Sawinkow, zum Leiter des Kriegsministeriums ernannt. Der eine - eine zufällige Figur, Emporkömmling; der andere - mit einer großen revolutionären Vergangenheit; beide vollendete Abenteurer, zu allem bereit, wie Filonenko, oder mindestens zu vielem, wie Sawinkow. Ihr enges Bündnis mit Kornilow hat die schnelle Karriere des Generals gefördert und, wie wir sehen werden, in der weiteren Entwicklung der Ereignisse eine Rolle gespielt.
    Die Versöhnler ergaben sich auf der ganzen Linie. Zeretelli wiederholte: "Die Koalition, das ist das Rettungsbündnis." Hinter den Kulissen waren die Verhandlungen trotz formellem Bruche in vollem Gange. Zur Beschleunigung der Lösung nimmt Kerenski, in offensichtlicher Übereinstimmung mit den Kadetten, Zuflucht zu einer rein theatralischen, das heißt ganz dem Geiste seiner Politik entsprechenden und gleichzeitig für seine Ziele sehr wirksamen Maßnahme: er demissioniert und reist aus der Stadt weg, die Versöhnler ihrer eigenen Verzweiflung überlassend. Miljukow sagt darüber: "Durch sein demonstratives Abtreten ... bewies er sowohl seinen Gegnern wie seinen Rivalen wie auch seinen Anhängern, daß er, wie man zu seinen persönlichen Qualitäten auch stehen mochte, einfach wegen der von ihm eingenommenen politischen Haltung - zwischen zwei kämpfenden Lagern im gegebenen Moment unentbehrlich war." Die Partie war, nach dem System des

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