Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition)
Bürgerkrieg Ende der 1930er Jahre fast vierzig Jahre lang. Das unabhängige Ägypten geriet 1952 unter die Kontrolle des Militärs.
Das argentinische Militär schuf sich seinen eigenen Staat im Staate, man war stolz auf das riesige Territorium, hatte den Segen katholischer Bischöfe und war wütend auf den ultraeuropäischen Kosmopolitismus der Hauptstadt. General José Félix Uriburu übernahm 1930 die Macht, und die autoritären Hardliner des Militärs blieben sogar gegenüber dem eigenen begnadeten Demagogen skeptisch, nämlich Juan Perón, der wusste, wie man sich die Loyalität der breiten Masse sicherte und damit den dauerhaften Einfluss des Militärs festigte. Als Perón ihnen nicht mehr dienlich zu sein schien, intervenierten sie in den 1970er Jahren brutaler als je zuvor. Das brasilianische Militär stand dem kaum nach und übernahm Ende der 1960er Jahre die Macht, das Militär in Uruguay sollte mit Terror gegen städtische Guerillagruppen vorgehen, und in Chile vertrieb die Armee 1973 Salvador Allende von der Macht. Das indonesische Militär schritt Mitte der 1960er Jahre prophylaktisch gegen einen befürchteten kommunistischen Aufstand ein und massakrierte in den folgenden Jahrzehnten vermutlich mehrere hunderttausend angebliche Regierungsgegner. Da Washington während des Kalten Krieges seine nationalen Interessen verfolgte, tolerierten – und teilweise auch unterstützten – die USA diese autoritären Regime.
Auch in den USA blieben Generäle attraktive Kandidaten für zivile Positionen, und in der Nachkriegszeit spielten drei hochrangige Militärs des Zweiten Weltkriegs eine Schlüsselrolle: Dwight D. Eisenhower, Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte in Europa, fungierte in den 1950er Jahren als überaus ziviler Präsident, und General George C. Marshall, während des Krieges Chef des Generalstabs, als ausgesprochen ziviler Verteidigungs- und Außenminister. Der dritte hingegen, General Douglas MacArthur, stellte durch seine öffentlich bekundete Kritik an der Politik im Koreakrieg erstmals den Primat des Zivilen in Frage, wurde jedoch von Präsident Truman entschieden in die Schranken gewiesen und entlassen.
Ende des 20. Jahrhunderts kam es vor allem in zwei Milieus zu Militärregierungen. In den postkolonialen Staaten spielten sie vor allem in Nigeria, Indonesien und Pakistan eine Rolle und putschten sich wie gesehen an die Macht, wenn eine radikale Linke als bedrohlich erschien (Indonesien). Auch in Europa fehlten sie nicht (Spanien, Griechenland), standen dort jedoch offenbar vor dem endgültigen Aus. Militärregime ließen sich als relativ gutartige Eingriffe betrachten, wenn normale Staaten die Kontrolle verloren hatten und Gemeinwesen in Bürgerkrieg und Kreisläufe aus Vergeltung und Gegenvergeltung abrutschten, die sich nicht mehr stoppen ließen. Die «schmutzigen Kriege» der 1970er Jahre sorgten für ein Ausmaß an interner Brutalität, das es mit den formelleren faschistischen Regimen durchaus aufnehmen konnte. Und mitunter erwiesen sich Militärdiktatoren als paranoid, was dazu führte, dass selbst die ideologisch motivierte Rücksichtslosigkeit noch übertroffen wurde (wie beispielsweise im Irak, in Uganda, Libyen oder Sierra Leone).[ 182 ]
Es wäre freilich historisch falsch, mit solchen Beispielen deformierter Staatlichkeit zu enden. In den 1990er Jahren wurden Staaten empfänglicher für Forderungen nach Gerechtigkeit und Menschenrechten. So wie die Globalisierung achtzig Jahre zuvor zur Revolution beigetragen hatte, setzte sie auch Maßstäbe in Sachen Fortschrittlichkeit, die sich in den 1990er Jahren nicht so einfach bestreiten ließen. Die Idee, Tyrannen vor ein internationales Gericht zu stellen, kam voran, ebenso wie das Gefühl, Staaten müssten ihre finsteren und repressiven Phasen in der Vergangenheit durch so genannte Wahrheitskommissionen aufarbeiten. Gleiches galt für die Überzeugung, modern zu sein bedeute nicht, in Massenformationen zu marschieren, sondern zu reisen, zu diskutieren, internationale Beobachter zuzulassen und neue Strukturen grenzüberschreitender Politik zu entwickeln. Und schließlich verhieß die Tatsache, dass einige Staatsführer wie etwa Nelson Mandela die wahrlich heldenhafte Bereitschaft zeigten, auf eine Versöhnung hinzuarbeiten, Hoffnung und verdiente höchste Anerkennung. Das alles zeigte jedoch auch, dass Staaten wieder im Fluss waren: Staatlichkeit schien am Ende des 20. Jahrhunderts ein beinahe universelles Phänomen zu sein,
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