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Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition)

Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition)

Titel: Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Osterhammel , Emily S. Rosenberg , Akira Iriye
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Veränderung vergiftet waren und faktisch die brutalsten Führer verehrt hatten; und schließlich waren sie bestrebt gewesen, Normalität und ein prekäres Gleichgewicht zu den immer mächtiger werdenden Kräften der Ökonomie herzustellen. Natürlich waren Staaten die ererbten «Geschöpfe» von Individuen, Gemeinschaften und Parteien, durchsetzt von Ideen, Interessen und vielleicht auch Instinkten. Sie agierten mit Hilfe von politischen Strategien und Instrumenten, die sie nicht vollständig unter Kontrolle hatten. Wir können tatsächlich daran arbeiten, ihre Beschränkungen oder ihre Bevormundung zu verringern. Aber die Bedürfnisse und Bestrebungen, aus denen sie hervorgingen, werden in irgendwelchen Händen bleiben, und bestimmte Fragen werden nicht verschwinden. Nicht nur die Hobbessche Frage wird bleiben: Wie sieht das Leben ohne den Staat aus? Sondern auch die aristotelische Frage: Wollen wir, dass einer, viele oder einige wenige den Staat kontrollieren? Und nicht zuletzt die Frage, die sich die Gründerväter der USA stellten: Wie können wir den Staat zum Wohle aller regieren?

IMPERIEN UND GLOBALITÄT
Tony Ballantyne/Antoinette Burton

MIGRATIONEN UND ZUGEHÖRIGKEITEN
Dirk Hoerder

2. DAS GLOBALE UND DAS LOKALE
    Der Überblick über Migrationen vor dem Beginn der Industrialisierung und der Transformation verdeutlicht, dass die Bewegung von Menschen wie von Gütern damals – und tatsächlich auch schon früher – global war. Die «Globalisierung» hat eine viel längere Geschichte, als das Schlagwort aus dem späten 20. Jahrhundert nahelegt. Um räumliche Bewegungen von Menschen zu analysieren, müssen wir die Sphäre der Regionen weltweit, die durch Migranten miteinander verbunden wurden, genau herausarbeiten, und Kategorien der Migration differenzieren. Zudem müssen wir systematisch verstehen, wie sich die Handlungskompetenz von Migranten im Kontext der Geburtsgesellschaft entwickelte und wie Migranten Zugehörigkeiten und Identifikationen entwickelten beziehungsweise – in einer älteren Interpretation – nationale Identitäten besaßen. Schließlich müssen wir fragen, wie Migranten sich an ihrem Zielort integrierten, wenn es nur einen gab, oder wie sie dies während mehrerer Zwischenaufenthalte und an mehreren Ankunftsorten taten.
    Der Ansatz einer älteren Migrationshistoriographie umfasste eine Perspektive des «historischen Fortschritts», die für gewöhnlich die vermeintlich rückwärtsgewandten Ausgangsgesellschaften vernachlässigte, am Einreisehafen begann und annahm, dass nur hochentwickelte Gesellschaften Migranten anziehen. Der größte Teil der historischen Schriften entstand in den Aufnahmeländern, insbesondere in denen der atlantischen Welt, daher bildete sich ein selbstgefälliger Ton heraus. Bis auf wenige Ausnahmen begann man sich erst in den 1890er Jahren für Migrationen innerhalb Europas zu interessieren. Migrationen in anderen Regionen wurden in eigenständigen historiographischen Teildisziplinen behandelt. Der US-amerikanische «Ellis Island»-Ansatz in der Migrationsgeschichtsschreibung sah «freie» Europäer, die ihr kulturelles «Gepäck» ablegten, ehe sie in einen Schmelztiegel eintraten. Andere Migranten wurden unter den Oberbegriffen «Kuli» oder «Sklave» subsumiert – Bezeichnungen, die Passivität und sogar Minderwertigkeit konnotieren. Es fehlte an einer vergleichenden Herangehensweise und auch an einem wissenschaftlichen Austausch mit Historikern der chinesischen Diaspora und ihren Migrationen oder denen des Indischen Ozeans.[ 40 ]

    Europäische Einwanderer treffen in der Ellis Island Immigration Station im Hafen von New York ein, um 1904. Ellis Island, seit 1892 Eingangstor für Immigranten aus Europa, galt sowohl als «Insel der Hoffnung» wie auch als «Insel der Tränen». Nur ganz wenige Einwanderer wurden abgewiesen, da die europäischen Behörden denjenigen, die keinen Zugang bekommen hätten, ohnehin bereits die Ausreise verweigert hatten. Doch während man auf die Überprüfung wartete, blieb die Furcht, doch nicht ins Land gelassen zu werden.
    Mobilitätsräume: lokal, regional,
transkontinental, transozeanisch, global
    In der obigen Übersicht wurden geographische Bezeichnungen – ob Kontinente oder Meere – als sozioökonomische Großräume mit örtlichen Referenzen wie etwa den atlantischen Ökonomien, dem Plantagengürtel und den verschiedenen eigenständigen Kulturräumen Asiens rekonfiguriert. Die physische Geographie besitzt, abgesehen

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