Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition)

Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition)

Titel: Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Osterhammel , Emily S. Rosenberg , Akira Iriye
Vom Netzwerk:
Gesetzen gegen Rassenmischung keine Europäerinnen heiraten. Insgesamt aber wurden politisch verordnete ethnonationale Hierarchien im alltäglichen Kontakt, durch Prinzipien der Menschlichkeit und durch emotional-sexuelle Beziehungen unterhöhlt. In den Vereinigten Staaten sollten Kriegsbräute zu den ethnokulturellen Kristallisationskernen für Nachkriegsmigrationen werden.[ 140 ]
    Aus dem zerstörten Europa setzte die Auswanderung wieder ein. Die niederländische Regierung unterstützte die Emigration aus Angst vor Überbevölkerung; die Regierungsübernahme durch Kommunisten in Ostmitteleuropa trieb Menschen in die Flucht. Weil eine wirtschaftliche Erholung nicht absehbar war, strebten viele Menschen in Gesellschaften, die nicht durch den Krieg verwüstet worden waren. Zwischen 1946 und 1955 wanderten (netto) 4,5 Millionen Männer und Frauen hauptsächlich nach Kanada, in die Vereinigten Staaten, nach Südamerika (aus Südeuropa), Australien und nach Israel aus.
    Wiederaufbau und Arbeitskräftebedarf
nach dem Krieg
    Von Westeuropa bis Ostasien mussten verwüstete Länder wieder aufgebaut werden, demobilisierte Soldaten mussten wieder in die Gesellschaft integriert werden, Industriearbeiter, deren Fabriken in Trümmern lagen, mussten wieder beschäftigt werden und die Arbeitsteilung auf der Basis zugeschriebener Geschlechterrollen musste neu ausgehandelt werden, da Frauen Industriearbeitsplätze übernommen hatten – als die Männer als Soldaten dafür nicht mehr verfügbar waren. In den meisten Gesellschaften wurden Frauen aus den Arbeitsplätzen, die sie während des Kriegs bekleidet hatten, wieder verdrängt, aber ihre neu gewonnene wirtschaftliche Macht erlaubte es ihnen, zu protestieren und sich zu organisieren. Die Grenzen zwischen verschiedenen Migrationstypen verschwammen: Nach dem Krieg mussten etwa 30.000 deutsche Kriegsgefangene in belgischen Kohlebergwerken arbeiten und 1,75 Millionen deutsche Kriegsgefangene mussten in Frankreich Arbeitsdienst leisten. Als die Rückkehr möglich wurde, machten 20 Prozent der Kriegsgefangenen in Frankreich aus dem Zwangsdienst eine Migrationsentscheidung und beschlossen zu bleiben. Andernorts beschlossen demobilisierte ausländische Soldaten oder Kriegsgefangene, in der Demobilisierungsgesellschaft zu bleiben, statt in Heimatgesellschaften zurückzukehren, die in Trümmern lagen und die sie, oftmals gegen ihren Willen, in den Krieg geschickt hatten.
    Die nordamerikanischen Gesellschaften mussten Millionen von Soldaten, Migranten, die aus zerstörten Volkswirtschaften eintrafen, und Kriegsbräute integrieren. In Europa förderten beziehungsweise bremsten Politiker Arbeitsmigrationen. Die westdeutschen Bürokratien, die für die Zuteilung von Arbeitskräften zuständig waren, verweigerten arbeitsfähigen potentiellen Migranten Ausreisegenehmigungen, um Arbeitskräfte für den Wiederaufbau zurückzuhalten. Die konservative italienische Regierung förderte die Abwanderung, um radikale und erwerbslose Wähler aus der Arbeiterklasse loszuwerden. Anfang der 1950er Jahre machten das zügige Wirtschaftswachstum in Nordwesteuropa und die langsame Entwicklung in Südeuropa Ungleichgewichte auf den Arbeitsmärkten offensichtlich. Regierungen handelten Abkommen aus, die eine kontrollierte zwischenstaatliche Mobilität von Arbeitern erlaubten, die allerdings in ihre Ausgangsländer zurückkehren mussten. Das «Gastarbeiter»-System entstand. Im Nordamerika der 1950er Jahre stützte sich Kanada weiterhin auf Einwanderer, insbesondere aus Südeuropa; die Vereinigten Staaten rekrutierten im Rahmen eines bracero -Programms mexikanische Arbeiter, von denen sie erwarteten, dass sie wieder zurückgingen. Aus ideologischen Gründen erlaubten die kommunistischen Staaten in Ostmitteleuropa weder Emigration noch Immigration. Japan verfolgte aus rassistischen Gründen ebenfalls eine Politik der Nicht-Einwanderung. Folglich wurden die Systeme der Arbeitswanderung umgestaltet. Das transatlantische System kam Mitte der 1950er Jahre zum Stillstand, abgesehen von den Wanderungen aus Südeuropa nach Kanada. Ein Jahrzehnt später entstand ein transpazifisches System der Migration von Arbeitskräften, Investoren und Studenten, das oftmals mit Familiennachzug verbunden war. In der sozialistischen Welt, die vom «Eisernen Vorhang» im Westen und der japanischen Abschottung (gegen Einwanderung) im Osten begrenzt wurde, fanden Migrationen nur in Form von Binnenwanderungen statt – auch wenn es später in

Weitere Kostenlose Bücher