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Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition)

Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition)

Titel: Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Osterhammel , Emily S. Rosenberg , Akira Iriye
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Boykott gegen jüdische Geschäfte. Im Verlauf der nächsten Monate sollte die Regierung die Kontrolle über die Presse verschärfen, den Beamtenapparat «reformieren», wobei alle Juden vom Staatsdient ausgeschlossen wurden, die politischen Parteien dazu drängen, sich selbst aufzulösen – die Führungsspitze der SPD ging ins Exil –, und einen Einparteienstaat ausrufen, gewählte Parlamentarier durch ernannte Bevollmächtigte ersetzen und die so genannte Einheit von Partei und Staat verkünden. Nachdem das geschafft war, machte Hitler sich wie Mussolini in den 1920er Jahren tatsächlich daran, die Autonomie der Partei einzuschränken. Die Hoffnungen radikaler Nationalsozialisten, gestützt auf die SA eine zweite Revolution in Gang zu setzen – ein Ansinnen, das die Reichswehr mit Abscheu und gehöriger Sorge betrachtete –, fanden am 30. Juni 1934 ein abruptes Ende, als die SA-Führung, ein paar NS-Dissidenten und mehrere ehemalige Spitzenpolitiker ermordet wurden. Die Reichswehr zeigte sich im August erkenntlich, als Reichspräsident Hindenburg starb und Hitler die Zustimmung der Armee erhielt, die Ämter des Staatsoberhaupts und des Regierungschefs miteinander zu verschmelzen; er trug fortan den Titel «Führer und Reichskanzler» und verfügte damit über eine Machtfülle, die Mussolini nie erlangte. Soldaten mussten von jetzt an einen Eid auf persönlichen Gehorsam gegenüber Adolf Hitler leisten.[ 166 ]

    Diktatur und Verherrlichung: Adolf Hitler wird von seinen Anhängern auf einer Parteiveranstaltung 1938 begeistert empfangen. Zu dieser Zeit, als der «Führer» auf dem Höhepunkt seiner charismatischen Popularität angelangt war, rüsteten die Deutschen rasant auf, sie hatten das Rheinland remilitarisiert, Österreich annektiert und standen kurz davor, der Tschechoslowakei das Sudetenland zu entreißen. Die Verherrlichung ging einher mit absoluter Macht: Zehntausende, die ihre Gegnerschaft zum Regime zum Ausdruck gebracht hatten, saßen bereits in Konzentrationslagern; die deutschen Juden wurden systematisch entrechtet und enteignet.
    Die Konsolidierung bis dato beispielloser Macht vor dem Hintergrund rassistischer, immer wieder in Gewalt umschlagender Hetzparolen und die Abschaffung bürgerlicher Freiheitsrechte verhalfen dem Regime offenkundig zu immer größerer Beliebtheit. Hitler verließ im Herbst 1933 die festgefahrene Abrüstungskonferenz in Genf und hielt eine Volksabstimmung über diese Entscheidung und allgemein über seinen außenpolitischen Kurs ab, bei der er erstmals eine Zustimmung von fast 97 Prozent erhielt. Die Arbeitslosigkeit sank, und die Unternehmer investierten wieder, weil sie wussten, dass sie von der offiziellen Deutschen Arbeitsfront keinen wirklichen Widerstand zu gewärtigen hatten. 1935 votierte das Saarland nach fünfzehn Jahren erzwungener Trennung für die Rückgliederung ins Reich. Im gleichen Jahr kündigte Hitler einseitig die militärischen Bedingungen des Versailler Friedensvertrags auf, verkündete die Wiedereinführung der Wehrpflicht und den Aufbau einer deutschen Luftstreitmacht, und im März 1936 besetzten Truppen die entmilitarisierten Zonen im Rheinland – alles Schritte, die gegen die Vereinbarungen des Friedensvertrags von 1919 verstießen, welche die militärische Sicherheit von Deutschlands Nachbarn garantieren sollten. 1936 konnte Hitler die Olympischen Spiele in Deutschland eröffnen; 1938 gelang es ihm, die aristokratische Domäne des Auswärtigen Amtes durch Ämterneubesetzungen unter direktere Kontrolle zu bringen, ebenso die Wehrmacht, bei der er die alte Führung entließ und ihm ergebene Generäle einsetzte. Durch die auf dem Reichsparteitag 1935 in Nürnberg verkündeten Gesetze waren Juden zu einer separaten Gruppe innerhalb des Reiches erklärt worden – sie waren noch immer Rechtssubjekte eines deutschen Staates, der sie demütigte und drangsalierte, aber nicht mehr der deutschen «Volksgemeinschaft».
    Der «Führer» setzte sich über Vorbehalte seines Wirtschaftsministers hinweg und erließ einen Vierjahresplan, der mittels einer massiven Aufrüstung die Grundlage für einen Krieg schaffen sollte. Österreich wurde annektiert, die Regierungen in London und Paris wurden dazu veranlasst, Druck auf die Tschechoslowakei auszuüben, damit diese das mehrheitlich von Deutschen bewohnte Sudetenland abtrat (was dann Ende September 1938 auf der Münchener Konferenz auch geschah), im März 1939 besetzten deutsche Truppen Böhmen und Mähren, im

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