Geschichte des Gens
Pflanzen konkrete »Elemente« gibt, die in »lebendiger Wechselwirkung« die Qualitäten hervorbringen, die wir außen wahrnehmen können. Mendels Versuche weisen zudem den Weg, wie man diese Erbelemente zählen kann. Modern ausgedrückt: Mendel hat entdeckt, dass Vererbung an partikuläre Strukturen und nicht an Flüssigkeiten - wie das Blut -gebunden ist.
Mendel hat also die Atome der Vererbung entdeckt, die wir heute Gene nennen. Aber er hat auch verstanden, was sich aus der Wissenschaft heraus nicht sagen lässt, nämlich welche Gene für welche Merkmale zuständig sind. Es lässt sich nur sagen, so Mendel, dass »die unterscheidenden Merkmale zweier Pflanzen zuletzt... auf Differenzen in der Beschaffenheit der Elemente beruhen«. Das galt damals, und das gilt heute: Es gibt keine Gene, die Menschen festlegen; es gibt Unterschiede zwischen Genen, die Unterschiede zwischen Menschen festlegen.
ERBGESETZE
Die meist als Mendel'sche Erbgesetze bezeichneten Regelmäßigkeiten statistischer Art, die bei der Weitergabe von messbaren Qualitä-ten von einer Generation an die nächste beobachtet werden können, lassen sich in knappster Form wie folgt zusammenfassen:
Bei sexuell sich vermehrenden Organismen (wie den Erbsen, die Mendel untersuchte) werden viele Merkmale von zwei getrennten Faktoren-Genen beziehungsweise Allelengesteuert. Einer der Faktoren kann sich gegen den anderen durchsetzen und wahrnehmbare Wirkungen zeigen. Man spricht seit Mendel von dominanten und rezessiven Genen. Einer der Faktoren stammt von der Mutter, der zweite vom Vater. Die Merkmale werden nicht als Ganzes vererbt, sondern einzeln und in getrennten Erbeinheiten (Genen). Die Feststellung, dass die Gene sich unabhängig voneinander trennen können, wird manchmal als das erste Mendel'sche Gesetz bezeichnet. Der Tatbestand, dass Gene (Erbfaktoren) keine Tendenz zeigen zusammenzubleiben und sich als frei kombinierbar erweisen, wird oft als zweites Mendel'sches Gesetz bezeichnet.
Die Erbgesetze werden normalerweise durch die Häufigkeiten ausgedrückt, mit der dominante oder rezessive Gene ihr Vorhandensein in einer nachfolgenden Generation anzeigen. Diese Quantitäten spielen keine Rolle, wenn es nur - wie in diesem Buch - um die Idee des Gens geht; und sie manifestiert sich darin, dass aus Kreuzungsexperimenten auf die Existenz von partikulären Erbelementen - den spä-teren Genen - geschlossen werden konnte. Als sich etwa in den gleichen Jahrzehnten um die Wende zum 20. Jahrhundert herausstellte, dass es farbige Körperchen - »Chromosomen« - in den Zellen gab, die in zweifacher Ausfertigung vorliegen und sich vor einer Zellteilung verdoppeln, hatte man einen ersten Blick auf die Träger der Gene. Bald gab es eine Chromosomentheorie der Vererbung, und sie öffnete das Tor für die genauere Erkundung der Gensubstanz.
FRANCIS CRICK
Im Zentrum der Genetik steht seit bald fünfzig Jahren die Doppelhelix, und ihre beiden Stränge werden von den Molekularbiologen gerne »Watson« und »Crick« genannt. Tatsächlich bilden die beiden genannten Forscher im Bewusstsein vieler Wissenschaftler ein unzertrennliches Paar, aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Selten haben zwei derart unterschiedliche Menschen kooperiert, und selten haben zwei Karrieren sich nach der kurzen Zeit der Zusammenarbeit derart verschieden entwickelt. Während der jüngere Watson sich schnell aus der Forschung verabschiedet, um fortan als Lehrer, Autor und Organisator tätig zu werden, bleibt der ältere Crick (*1916) seiner wissenschaftlichen Arbeit treu, und er prägt wie kein Zweiter das intellektuelle Klima der mächtig an Schwung gewinnenden Genetik. Souverän dominiert Crick die Molekularbiologie in den dreizehn Jahren, die zwischen der Darstellung der DNA-Struktur (1953) und der Aufklärung des genetischen Codes (1966) liegen. In dieser Zeit formuliert er auch das berühmte Dogma der Molekularbiologie, das den Genen beziehungsweise der DNA genau eine Aufgabe zuweist, nämlich die Anleitung für den Bau von anderen Molekülen der Zelle zu liefern. Gemeint sind die so genannten Proteine, die für die Reaktionen sorgen, ohne die kein Leben möglich ist. Wie gelingt es einer Zelle, mit Hilfe von Genen die Proteine zu machen, die sie braucht? Das will Crick wissen, und das wird er herausfinden.
Erst kümmert er sich um den Code. Von dieser Idee hat der ursprünglich als Physiker ausgebildete Crick in Schrödingers Was ist Leben? gelesen, und die Suche nach dem Code
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