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Geschichte des Gens

Geschichte des Gens

Titel: Geschichte des Gens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
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Chargaff-Regeln besagen, dass in der DNA das Verhältnis der Basen Adenin und Thymin gleich dem Verhältnis der Basen Guanin und Cytosin ist, und der Zahlenwert ist in beiden Fällen Eins. Mit anderen Worten, in der Erbsubstanz DNA gibt es genau so viel A wie T und genau so viel G wie C. Dies wusste Anfang 1953 jeder, der es wissen wollte. Leiderführt von diesem Messergebnis kein direkter Weg zur Doppelhe-
    lix. Um diese herrliche Struktur zu finden, brauchte es mehr als die Kenntnis der Chargaff-Regeln, die sich dann sofort aus dem DNA-Modell ableiten. Was dieses Mehr ist, kann hier offen bleiben.
RNA
    RNA ist die Abkürzung für Ribonukleinsäure. Der im Namen angesprochene Unterschied zur DNA besteht in dem Zuckermolekül, das sich in den Bausteinen (Ribonukleotiden) findet und das Ribose heißt. Das Hauptaugenmerk der Biologen hat jahrzehntelang den Proteinen und der DNA gegolten. Dabei konnte man immer annehmen, dass die RNA nur als eine Art Zwischenglied fungiert und leicht zu erfassen ist. Tatsächlich hat sich nach und nach gezeigt, dass die RNA äußerst vielseitig ist und komplex agiert. Als Boten-RNA (mRNA) enthält sie die Information zum Bau eines Proteinanteils (einer Polypeptidkette), als Transfer-RNA (tRNA) sorgt sie für den korrekten Einbau der Aminosäuren in ein Protein nach Maßgabe des genetischen Codes, und als ribosomale RNA (rRNA) - als Baustein der Zellorganellen namens Ribosomen - hilft sie den Ort zu bereiten, an dem sich die Synthese eines Proteins vollzieht.
    Waren diese drei in den sechziger Jahren erfassten Möglichkeiten schon eindrucksvoll genug, so hat sich in letzter Zeit gezeigt, dass das RNA-Spektrum noch viel bunter ist, als man gedacht hat. In den achtziger Jahren ist zum Beispiel entdeckt worden, dass RNA-Moleküle auch chemische Reaktionen katalysieren können und also wie Enzyme agieren. Man spricht von Ribozymen und glaubt, mit diesen Molekülen die Frage nach dem Ursprung des Lebens beantworten zu können. Doch diese Entdeckung, für die Thomas Cech und Sidney Altmann 1989 mit Nobelwürden ausgestattet wurden, war nur der Anfang für weitere Überraschungen auf dem Terrain der RNA. Heute kennt man neben den genannten Varianten noch die so genannte mikroRNA und die Interferenz-RNA. In den Fachblättern der Genetik wird schon von einem ganz neuen Forschungsgebiet geredet, das RNAi genannt wird, womit eben alle Zellphänomene gemeint sind, bei denen sich die neuen RNA-Moleküle einschalten (mit denen sie interferieren). Der Ausdruck Interferenz bezieht sich auf die Herstellung von Proteinen, denen die genannten RNA-Moleküle ins Gehege kommen. Sie lagern sich an andere RNA-Moleküle an und geben sie auf diese Weise für den Abbau frei. Der einfache biologische Sinn dieses Eingreifens scheint der Schutz vor Viren oder anderen Erregern zu sein, deren Erbmaterial aus RNA besteht. Darüber hinaus ist aber kürzlich bekannt geworden, dass zumindest einige menschliche Chromosomen zehnmal mehr von diesen kleinen Ribonukleinsäuren ablesen, als die Zahl der Gene vermuten lässt. Es könnten also vielleicht diese eher kurzen und nicht kodierenden RNA-Sequenzen sein, die zur Komplexität eines Lebens beitragen. Die oben erwähnte mikroRNA wird nicht direkt von Genen abgelesen, sondern aus bereits vorhandenen RNA-Molekülen mittels biochemischer Verfahren ausgeschnitten, um anschließend laufende Proteinsynthesen anzuhalten. Vielleicht - so wird spekuliert - kann eine Zelle auf diese Weise schneller auf einen Wechsel im Milieu reagieren. Auf jeden Fall sprechen fast alle Zeichen dafür, dass die Bedeutung der RNA zunimmt und es weniger auf die Pole Gen und Protein, sondern mehr auf das ankommt, was sich dazwischen abspielt.
PROTEINSYNTHESE
    Die Synthese eines Proteins ist ein sehr komplizierter Vorgang, der hier nur in wenigen groben Zügen vorgestellt werden kann (und für die Geschichte des Gens nicht übermäßig wichtig ist, wohl aber für die Geschichte der Genetik). Der Prozess beginnt mit der Überschreibung (Transkription) einer DNA-Sequenz in eine RNA-Sequenz. Dieses primäre Transkript kann in Bakterien direkt als Messenger (mRNA) verwendet werden; es verlässt den Zellkern und sucht Zellpartikel, die als Ribosomen bezeichnet werden. Diese Gebilde hält die mRNA so fest, dass einige Tripletts exponiert werden, an die eine andere Sorte von RNA anbinden kann, die Transfer-RNA (tRNA) heißt und mit einer Aminosäure beladen ist. Wenn eine tRNA an dem Ribosom andockt, wird die

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