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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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und Teilen von Katalonien, außerdem der ländliche Klerus und die Ordensgeistlichen. Die Karlisten entfesselten einen blutigen Bürgerkrieg, der sechs Jahre währte und von beiden Parteien mit großer Grausamkeit geführt wurde.
    Die in Madrid regierenden Liberalen gehörten zunächst der gemäßigten Richtung an. 1834 verbriefte ein verfassungsartiges Dokument, das Estatuto Real, den Spaniern das Recht auf die Einberufung der Cortes, stellte neben die Kammer der Abgeordneten einen Senat als Oberhaus und legte für die Wahl der Abgeordneten, der Procuradores, ein Zensuswahlrecht fest. Den radikaleren Liberalen aber, den «Progressistas», reichte dieses Zugeständnis nicht. Sie verlangten die Rückkehr zur Verfassung von Cádiz, die mancherorts von örtlichen Militärs auch bereits eigenmächtig in Kraft gesetzt wurde. Nach einigen Siegen der Karlisten gingen erregte Volksmassen dazu über, Klöster zu stürmen und Mönche zu ermorden. Unter dem entschieden liberalen Ministerpräsidenten Juan Alvarez Mendizábal, dem Sproß einer jüdischen Kaufmannsfamilie, wurde der Klosterbesitz enteignet und nach und nach versteigert: eine Bodenreform, von der vor allem das wohlhabende Bürgertum profitierte.
    Im Jahre 1836 führte ein Pronunciamiento von Angehörigen der königlichen Leibgarde zur Wiederinkraftsetzung der Cortes-Verfassung. Eine Konstituante übernahm ihre überarbeitung. Die revidierte Verfassung vom 18. Juni 1837 behielt das Zweikammersystem des Estatuto Real bei und stärkte die königlichen Rechte. Am 31. August 1839 endete der (erste) Karlistenkrieg mit dem Abkommen von Vergara. Es war ein Kompromiß: Karl begab sich ins Exil nach Frankreich; seine Offiziere durften unter Beibehaltung ihres Ranges in das königliche Heer eintreten; die Sonderrechte der Provinzen (Fueros) sollten, wie von den Karlisten gefordert, beibehalten werden. Nach einem neuerlichen Pronunciamiento legte Königin Maria Cristina 1840 die Regentschaft nieder und übergab sie dem General Baldomero Espartero, dem Besieger der Karlisten, der den Progressistas nahestand. Drei Jahre später wurde nach einem Putsch der Moderados unter General Ramón María Narváez die erst dreizehnjährige Tochter Ferdinands für großjährig erklärt. Als Isabella II. saß sie bis 1868 auf dem spanischen Thron. Die militärischen Pronunciamientos, durch die sich gemäßigte und radikale Liberale in der Regierungsmacht abwechselten, bildeten auch weiterhin ein Grundmuster der spanischen Politik im 19. Jahrhundert.[ 77 ]
    In Italien verging nach der Julirevolution rund ein halbes Jahr, bis es zu einem Aufstand gegen die alte Ordnung kam. Den Anfang machte die alte Universitätsstadt Bologna; ihrem Beispiel, das von einem raschen Erfolg gekrönt war, folgten binnen kurzem andere Teile des Kirchenstaates, nämlich die Romagna, die Marken und Umbrien, sowie die Herzogtümer Parma und Modena. Es waren überall liberal und patriotisch gesinnte Bürger und Adlige, die die revolutionäre Erhebung trugen, während die Unterschichten sich zurückhielten.
    Liberal und national war auch das Programm der Regierung der «Vereinigten Provinzen von Mittelitalien», die sich in Bologna konstituierte und die weltliche Herrschaft des Papstes für beendet erklärte. Dieser, der hochkonservative Gregor XVI., rief das Österreich Metternichs zur Hilfe, die ihm auch ohne Zögern gewährt wurde. Die Aufständischen hingegen hofften vergebens auf auswärtige Unterstützung: Die einzige Großmacht, die dafür in Frage kam, das Frankreich Louis Philippes, hatte nicht das geringste Interesse daran, sich in Italien auf die Seite der Revolution zu stellen. Die habsburgische Intervention führte rasch zum Ziel, der Kapitulation der Rebellen. Als nach dem Abzug der österreichischen Truppen im Sommer 1831 erneut Aufstände ausbrachen, griff Wien abermals militärisch in das Geschehen ein. Um ein Gegengewicht zur Präsenz der Österreicher zu schaffen, schickte jetzt auch Frankreich Truppen, die Ancona besetzten und dort so lange blieben, wie Österreich Truppen im Kirchenstaat unterhielt: bis 1839.
    Frankreich nutzte die neugewonnene Bastion, um bei der Kurie auf eine maßvolle Haltung gegenüber den besiegten Liberalen und auf überfällige politische Reformen zu drängen. Tatsächlich wurden die Revolutionäre von 1831 im Kirchenstaat weniger scharf verfolgt als im Herzogtum Modena, wo seit 1815 wieder das Haus Habsburg-Este regierte: Hier gab es nicht nur Todesurteile, sie wurden auch

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