Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)
American Desert» als dauerhaft unbewohnbar. Die australische «frontier» wanderte, auf die Gesellschaft im ganzen wirkte sie jedoch weniger prägend als die amerikanische. Die Institutionen der entstehenden australischen Demokratie, ihre Parteien und Gewerkschaften wurden stark durch das Mutterland beeinflußt, das mit der Reform Bill von 1832 selbst in eine neue Phase des politischen und sozialen Wandels eingetreten war.
Entsprechendes galt von Neuseeland, das sehr viel später als der fünfte Kontinent von Weißen besiedelt wurde. Die ersten unter ihnen waren Walfänger und Robbenjäger, seit 1814 dann anglikanische, bald auch methodistische Missionare. Um 1838 lebten etwa 2000 Menschen europäischer Herkunft, darunter viele ehemalige Sträflinge aus Australien, auf der Nord- und der Südinsel. 1840 wurden beide Inseln von Großbritannien annektiert, wobei sich London im Falle der Südinsel auf das Recht der Entdeckung (durch James Cook im Jahre 1768) berief, während es sich die Souveränität über die Nordinsel durch einen Vertrag mit Häuptlingen der einheimischen Maoris übertragen ließ. Durch denselben Vertrag, das Abkommen von Waitangi, erwarb die britische Krone das Vorkaufsrecht auf Land, das die Maoris abzugeben bereit waren. Erst nach der Annexion setzte die Einwanderung von «Squatters» im größeren Stil ein. Bereits 1852 erhielt Neuseeland eine Verfassung, die den weißen Siedlern ein hohes Maß an demokratischer Mitbestimmung gewährte.
Anders als in Nordamerika, Südafrika und Australien war die Kolonialmacht in Neuseeland zunächst bestrebt, die Eingeborenen entsprechend den Forderungen der erstarkten evangelikalen Bewegung human zu behandeln: ein Vorsatz, der allerdings nur solange durchgehalten wurde, als die Maoris willens waren, Land an Weiße zu verkaufen. Diese Bereitschaft ließ in dem Maß nach, wie die Zahl der Siedler und der Siedlungswilligen wuchs. 1860 begann auf der Nordinsel ein fünfjähriger Krieg zwischen einem Teil der Maoris, die sich der Führung eines Königs unterstellt hatten, auf der einen, Kolonialtruppen, Siedlermilizen, Freiwilligen und mit den Weißen verbündeten Maoris auf der anderen Seite. Die Zahl der Toten wird bei den Rebellen auf 2000, bei den Weißen und ihren einheimischen Alliierten auf 1000 geschätzt.
Dem offiziellen Friedensschluß von 1865, der die Niederlage der aufständischen Maoris besiegelte, schloß sich ein mehrjähriger Kleinkrieg an. An die Stelle des Landverkaufs durch die Maoris trat vielfach die Konfiskation ihres Grundbesitzes, wovon vor allem, aber nicht nur die ehemaligen Rebellen betroffen waren. Die Verteidigung des neubesiedelten Gebiets überließ Großbritannien fortan den Kolonisten. Die neuseeländische «frontier» war durch die Kämpfe mit den Maoris der nordamerikanischen ähnlicher geworden, als sie es vor 1860 gewesen war. Das Schicksal der Maoris war zwar nicht so schrecklich wie das der australischen Aborigines, die bis in die späten 1830er Jahre von vielen Weißen im Wortsinn als «Freiwild» betrachtet und getötet wurden, aber auch nicht viel besser als das der überlebenden Indianer in den Vereinigten Staaten und in Kanada. Wo immer es eine breit angelegte Landnahme durch weiße Siedler gab, ging sie einher mit der Entrechtung, Vertreibung, Demoralisierung und wenn nicht Vernichtung, so doch Dezimierung der Ureinwohner.
Ähnlich wie in Australien und Neuseeland zog auch Kanada Nutzen aus der Reformpolitik, der sich Großbritannien zu Beginn der 1830er Jahre zugewandt hatte. 1840 wurden aufgrund eines ausführlichen Berichts des Generalgouverneurs von Britisch-Nordamerika, Lord Durham, das überwiegend französischsprachige und katholische Unterkanada und das überwiegend englische und protestantische Oberkanada durch ein britisches Gesetz, den Canada Union Act, zur Provinz Kanada vereinigt und einer Regierung unterstellt, die seit 1848 vom Vertrauen des Unterhauses abhängig war. Damit reagierte London auf Aufstände, die 1837 sowohl Quebec als auch Ontario erschüttert hatten. 1867 folgte die Bildung des Dominion of Canada mit den Provinzen Quebec, Ontario, Nova Scotia und New Brunswick; bis 1873 schlossen sich die Provinzen Manitoba, British Columbia und Prince Edward Island (im St. Lorenzstrom) an. Kanada wurde durch das Gesetz von 1867 ein Bundesstaat. Die Mitglieder des Senats, in dem die Provinzen vertreten waren, wurden allerdings nicht gewählt, sondern auf Vorschlag des Premierministers vom
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