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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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unerschütterlichen Glauben an uns selbst genommen … Der Krieg ist vorbei, zum Schaden und zur Schande Italiens … Wir haben gesehen, wie die Deutschen, zwar spät, aber gleichsam wie Blitze flogen, und wir haben die Italiener gesehen, langsam wie Schildkröten … Der Krieg ist ein großes Übel für die Völker, ein noch größeres Übel aber ist ein unehrenhafter Frieden … Wir werden Venetien besitzen, nicht aber Trient und Triest. Unsere Ehre ist für immer verloren … Nicht das Festungsviereck von Mantua oder Verona hat uns auf unserem Weg gebremst, sondern das Festungsviereck von 17 Millionen Analphabeten und 5 Millionen Hirten.»[ 10 ]

Bonapartismus in der Krise: Frankreichs Zweites Kaiserreich 1866–1870
    Nur einen kurzen Augenblick lang hatte es so ausgesehen, als seien die Veränderungen, die das Jahr 1866 für Deutschland und Italien mit sich brachte, zu einem wesentlichen Teil das Werk Napoleons III. gewesen. Seine Vermittlungsaktion vom Juli 1866 wurde in Frankreich entsprechend offiziell als großer Erfolg gefeiert. Bei nüchterner Betrachtung gab es dazu keinen Anlaß. Königgrätz oder, wie man in Frankreich sagte, Sadowa markierte eine schwere Niederlage der bisherigen französischen Gleichgewichtspolitik. Österreich war weit mehr geschwächt worden, als Paris es gewünscht hatte, und Preußen war so erstarkt, daß ein Versuch, ganz Deutschland unter seiner Führung zu vereinigen, nach allgemeiner Einschätzung nur noch eine Frage der Zeit war.
    Da auch Napoleon III. sich keinen Illusionen über die Machtverschiebungen zu Lasten Frankreichs hingab, setzte er auf diplomatische Erfolge, die geeignet waren, dem verbreiteten Eindruck einer internationalen Degradierung des Zweiten Kaiserreichs entgegenzuwirken. Ein Zugewinn an nationaler «gloire» erschien um so dringlicher, als der Abzug der französischen Truppen aus Mexiko im Herbst 1866 in der öffentlichen Meinung ebenfalls als schwere Schlappe für Frankreich und den Mann an seiner Spitze bewertet wurde. Die Aufmerksamkeit des Kaisers richtete sich vor allem auf das Großherzogtum Luxemburg, das dem Deutschen Zollverein angehörte und mit dem Königreich der Niederlande in Personalunion verbunden war. Seit den Tagen des Deutschen Bundes gab es dort eine Bundesfestung mit preußischer Garnison: ein Anachronismus, da der Deutsche Bund seit dem Prager Frieden vom 23. August 1866 nicht mehr existierte. Mit Rücksicht auf Frankreich hatte Bismarck denn auch bereits in seinem Bundesreformplan vom 10. Juni 1866 ein Ausscheiden Luxemburgs aus dem künftigen Bundesgebiet vorgesehen und sich in der Folgezeit nicht um eine Eingliederung des Großherzogtums in den Norddeutschen Bund bemüht.
    Ende März 1867, kurz nachdem Bismarck die Tatsache der geheimen Schutz- und Trutzbündnisse mit den süddeutschen Staaten publik gemacht und damit in Frankreich große Beunruhigung ausgelöst hatte, teilte der König der Niederlande, Wilhelm III., öffentlich mit, daß er, wenn die preußische Regierung zustimme, bereit sei, Luxemburg gegen eine Geldentschädigung an Frankreich abzutreten. Die öffentliche Meinung Deutschlands reagierte empört, allen voran die Nationalliberalen im Konstituierenden Norddeutschen Reichstag. In Süddeutschland jedoch waren die antipreußischen Ressentiments noch so stark, daß sich die Regierungen in München und Stuttgart nicht in der Lage sahen, Bismarcks vertraulich übermittelter Auffassung zuzustimmen, im Falle eines preußisch-französischen Krieges wegen Luxemburg würde der Bündnisfall entsprechend den Verträgen von 1866 eintreten.
    Eine gute Nachricht war für Bismarck hingegen, daß König Wilhelm III. am 5. April verlauten ließ, er werde den Verkaufsvertrag mit Frankreich nicht unterzeichnen. Der preußische Ministerpräsident, der einen Krieg mit Frankreich zu diesem Zeitpunkt ohnehin tunlichst vermeiden wollte, ließ England kurz darauf wissen, daß er mit einer internationalen Konferenz über die Luxemburg-Frage einverstanden wäre. Wenig später gab auch Frankreich eine entsprechende Erklärung ab. Das Ergebnis der internationalen Konferenz, die im Mai 1867 in London stattfand, bedeutete das Ende der Krise: Die fünf Großmächte, die Niederlande, Belgien und Italien Übernahmen die Garantie der Unabhängigkeit und Neutralität des Großherzogtums Luxemburg.
    Damit war der Versuch eines Erwerbs Luxemburgs durch Frankreich endgültig gescheitert. Der einzige Trost für Napoleon III. und Frankreich lag darin, daß

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