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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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überzeugen. Was die Wirkung ihrer moralischen Argumente verstärkte, war die nüchterne Einsicht, daß Sklavenarbeit auf die Dauer teurer war als die Arbeit freier Menschen – eine Erkenntnis, die Adam Smith schon 1776 in seinem Buch über den Wohlstand der Nationen verfochten hatte, die sich aber erst jetzt, ein Vierteljahrhundert später, allmählich durchzusetzen begann.
    Da auch die Vereinigten Staaten um dieselbe Zeit den Sklavenhandel abschafften, markiert das Jahr 1807 tatsächlich den Anfang vom Ende dieser unmenschlichsten Form von Handel – freilich auch nicht mehr. Denn zwei Mächte, Spanien und Portugal, betrieben weiterhin Sklavenhandel, und die Sklaverei selbst wurde von Großbritannien und seinen Kolonien erst 1833 abgeschafft.
    Pitt hatte für die Bemühungen seines Freundes Wilberforce Sympathie gezeigt, sie aber nicht tatkräftig gefördert, weil ihm andere politische Ziele wichtiger waren. Die Verabschiedung des Gesetzes vom März 1807 erlebte er nicht mehr. Er starb im Januar 1807; nach seinem Tod wurde zunächst ein Ministerium «aller Talente» gebildet, dem der Tory Lord Grenville als Premierminister und bis zu seinem Tod im September 1806 der Führer der Whigs, Charles Fox, als Außenminister angehörten. Grenville stürzte kurz nach dem Beschluß über die Abschaffung des Sklavenhandels, weil er keine Mehrheit für die Gleichberechtigung der Katholiken in der Armee fand und Georg III. ein rein konservatives Kabinett wünschte. Aus den Wahlen von 1807 gingen, auch dank der massiven finanziellen Unterstützung des Hofes, die Tories als eindeutige Sieger hervor. Damit stand fest, daß der Kampf gegen Napoleon mit aller Entschiedenheit und ohne Rücksicht auf den innenpolitischen Preis, die fortdauernde Unterdrückung überlieferter Freiheiten, weitergeführt werden würde.
    Seit dem 21. November 1806 war dieser Kampf vor allem ein Wirtschaftskrieg. An diesem Tag hatte Napoleon von Berlin aus die «Kontinentalsperre» verkündet, die den Handel zwischen Großbritannien und dem Festland vollständig unterbinden sollte (und Schmuggel im großen Stil zur Folge hatte). Die britische Antwort gab Außenminister George Canning in Gestalt der «Orders in Council» vom Januar und März 1807, die erst 1812 wieder aufgehoben wurden. Zur Gegenblockade gehörte es, daß jedes den Kontinent oder die französischen Kolonien, etwa die auf den Westindischen Inseln, anlaufende Schiff zur britischen Prise erklärt wurde. Diese Maßnahme traf die Vereinigten Staaten besonders hart, zumal die Franzosen ihrerseits jedes Schiff beschlagnahmten, das sich von Briten durchsuchen ließ oder einen britischen Hafen ansteuerte. Dazu kam die von den Amerikanern als besonders demütigend empfundene Londoner Weisung, sämtliche amerikanischen Schiffe nach Untertanen seiner Majestät zu untersuchen, die sich dem Dienst in der Kriegsmarine entzogen.
    Die amerikanische Reaktion war ein von Präsident Jefferson durchgesetzter Beschluß des Kongresses vom Dezember 1807, den gesamten amerikanischen Außenhandel zu verbieten. Die Folgen waren für die Wirtschaft der USA so verheerend, daß das entsprechende Gesetz vier Monate später aufgehoben werden mußte. Das neue Gesetz verbot nur noch den Handel mit Großbritannien, Frankreich und deren Besitzungen. Unter Jeffersons Nachfolger James Madison, dem vierten Präsidenten der Vereinigten Staaten, verschlechterte sich das Verhältnis zwischen der jungen Republik und dem ehemaligen Mutterland so sehr, daß die Vereinigten Staaten Großbritannien schließlich am 1. Juni 1812 den Krieg erklärten. Er führte die USA an den Rand der Katastrophe. Eine Invasion Kanadas scheiterte vollständig; im August 1814 besetzten die Briten die Hauptstadt Washington und brannten das Weiße Haus nieder. Mehr zu erreichen aber war den Briten angesichts der Belastungen, die der Krieg in Europa mit sich brachte, nicht möglich. Der «Zweite Unabhängigkeitskrieg» endete im Dezember 1814 mit dem Frieden von Gent, der den vorherigen Zustand wiederherstellte.
    Auf dem europäischen Festland hatte die Kontinentalsperre widersprüchliche Folgen, wie sich besonders deutlich am deutschen Beispiel zeigen läßt. Die Absperrung des britischen Marktes traf die Hafenstädte und die exportierenden Wirtschaftszweige, darunter den ostelbischen Getreideanbau, hart, während andere Branchen aus dem protektionistischen Effekt des Wirtschaftskrieges, dem Wegfall der englischen Konkurrenz, großen Nutzen zogen, so das

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