Geschichte des Westens
großzügige Schmiergeldzahlungen an private Unternehmer verpachtet. An die Öffentlichkeit gelangte die Affäre, die Fall schließlich für ein Jahr ins Gefängnis brachte, im Sommer 1923, kurz nach dem Tod des Präsidenten. Die Nachfolge Hardings trat Vizepräsident Coolidge an. Im November 1924 gewann er die Präsidentschaftswahlen als Kandidat der Republikaner souverän. Auf ihn entfielen 54 Prozent der Wählerstimmen, auf den demokratischen Bewerber, John W. Davis, einen Wirtschaftsanwalt aus New York, 29 Prozent, auf den Senator Robert M. La Follette aus Wisconsin, der für die League for Progressive Political Action antrat, 17 Prozent.
Die Demokraten hatten während des Präsidentschaftswahlkampfes von 1924 überlegt, ob sie offensiv gegen den Ku-Klux-Klan (KKK) auftreten sollten, sich aber dann aus Rücksicht auf ihre Wählerschaft in den Südstaaten dagegen entschieden. Der KKK, die nach dem Bürgerkrieg entstandene, in den siebziger Jahren abgestorbene Geheimorganisation rassistischer Südstaatler, war 1915 neu gegründet worden. Sein «mobbing» richtete sich nicht nur gegen die Schwarzen, sondern auch gegen Juden, Katholiken und «linke» Ausländer. In der Nachkriegszeit fand er zunehmenden Widerhall nicht nur im Süden, sondern auch in kleineren Städten des Mittleren und des Fernen Westens; Indiana wurde seine neue Hochburg. Die Anhänger waren überwiegendverschuldete Farmer, kleine Ladenbesitzer, andere Selbständige und Angestellte. Die Mitgliederzahlen erreichten 1924 mit angeblich über 4 Millionen ihren Höhepunkt. Einschüchterung bis hin zu Verprügeln, «Teeren und Federn», Auspeitschen und Lynchen gehörten zu den Kampfmethoden des KKK, die schon in der Zeit der Reconstruction erprobt worden waren. Während der Prosperität der mittleren zwanziger Jahre ließ der Zulauf zum KKK nach, aber auch danach blieb er die schlagkräftigste, seit 1928 auch nicht mehr geheime Kampforganisation der äußersten Rechten.
Der Ku-Klux-Klan war die extremste Äußerung des amerikanischen «Nativismus» der Nachkriegsjahre. Der Klan machte sich damit zum Sprachrohr verbreiteter Ängste und Ressentiments, denen auch die Gesetzgebung Tribut zollte. 1921 verabschiedete der Kongreß ein Gesetz zur Beschränkung der Einwanderung. Eine darin enthaltene Quotenregelung sah vor, daß aus keinem Land mehr als 3 Prozent der Personen gleicher Nationalität einwandern durften, die schon 1910 in den USA gelebt hatten. Die Zahl der offiziell zugelassenen Immigranten sank daraufhin von 800.000 auf 300.000, was die Nativisten aber nur für eine Abschlagszahlung hielten.
1924 folgte ein weiteres Gesetz, der National Origins Act. Er sperrte, das Vorbild des kanadischen Chinese Exclusion Act von 1923 noch übertreffend, die Vereinigten Staaten für Einwanderer aus Ostasien vollständig und senkte für die europäischen Länder den 1921 festgelegten Quotenanteil von 3 auf 2 Prozent, wobei nicht mehr die Zahlen von 1910, sondern die von 1880 zugrunde gelegt wurden – eine Bestimmung, die unter anderem jüdische Einwanderer aus Ost- und Ostmitteleuropa diskriminierte. 1929 wurde die Einwanderung weiter eingeschränkt: auf eine Obergrenze von 150.000 Personen jährlich. In den folgenden Jahren lag die Zahl der zugelassenen Immigranten meist weiter unter dieser Marge. An den rassistischen Motiven der Einwanderungspolitik gab es nichts zu deuteln. Einer der Experten, die das Repräsentantenhaus bei der Erarbeitung des Gesetzes von 1924 berieten, war der Eugeniker Harry H. Laughlin. Er wurde nicht müde, seine Landsleute vor der Gefahr der «mongrelization» (Bastardisierung) zu warnen. Einer der Hauptbefürworter des Gesetzes, der demokratische Abgeordnete R. E. Allen aus West Virginia, ging so weit, am 5. April 1924 im Plenum des Repräsentantenhauses die «Reinigung und Reinhaltung des amerikanischen Blutes» (purifying and keeping pure of theblood of America) als einzigen Weg zur Rettung vor dem Bolschewismus zu bezeichnen.
Die Furcht vor dem Kommunismus war in keinem westlichen Land so wenig begründet wie in den USA. 1919 hatten sich von der kleinen Sozialistischen Partei zwei kommunistische Parteien abgespalten: die Communist Labor Party, deren 60.000 Mitglieder zu neun Zehnteln Einwanderer waren, und die kleinere, etwa 10.000 Mitglieder zählende Communist Party, der überwiegend geborene Amerikaner angehörten. Im Mai 1921 vereinigten sich beide Gruppen auf Drängen der Komintern zur Communist Party of America.
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