Geschichte des Westens
bisherigen, überwiegend historischen Verwaltungseinheiten – Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Dalmatien, Kroatien-Slawonien, Slowenien und die Vojvodina – traten nach dem Vorbildder französischen Departements gebildete Verwaltungsbezirke (oblasti), denen keine Autonomierechte zustanden. Die militanteste Oppositionspartei waren die Kommunisten, die 58 von insgesamt 401 Abgeordneten stellten und damit nach Demokraten und Altradikalen die drittstärkste Partei bildeten. Nach mehreren von ihren Anhängern verübten Attentaten auf Mitglieder der Regierung wurden die kommunistischen Organisationen am 3. August 1921 verboten und die Mandate der kommunistischen Abgeordneten für ungültig erklärt. Kurz darauf, am 16. August, starb König Peter. Seine Nachfolge trat sein Sohn, der Prinzregent, als König Alexander I. an.
Im November 1925 schien es, als sei ein Ausgleich zwischen Serben und Kroaten zum Greifen nahe: Der Führer der zeitweilig verbotenen Kroatischen Bauernpartei, Stjepan Radic, trat als Unterrichtsminister in ein Kabinett des Ministerpräsidenten Nikola Pašic ein. Doch der Gegensatz zwischen Zentralisten und Föderalisten war dadurch nicht zu überbrücken. Im Frühjahr 1926 brach Radic mit Pašic’ Nachfolger Uzunovic; seit dem Februar 1927 war seine Partei nicht mehr in der Regierung vertreten. Am 20. Juni 1928 erschoß ein Abgeordneter der serbischen Altradikalen im Parlament drei Abgeordnete der Kroatischen Bauernpartei, unter ihnen Stjepan Radic’ Bruder Pavle, und verletzte zwei weitere, darunter Stjepan Radic selbst, schwer. Am 8. August erlag der Parteiführer seinen Verletzungen. Die Kroaten nahmen fortan an den Sitzungen der Skuptschina nicht mehr teil. Am 6. Januar 1929, dem orthodoxen Weihnachtsfest, zog König Alexander aus den ständigen Regierungskrisen einen radikalen Schluß: Er löste das Parlament auf und setzte die Verfassung von 1921 außer Kraft. Zum Ministerpräsidenten ernannte er einen unpolitischen General, Pera Zivkovic. So begann eine neue Phase in der Geschichte des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen: die auf das Militär gestützte Königsdiktatur.
Die Beziehungen des (seit Oktober 1929 offiziell so genannten) Königreichs Jugoslawien zu seinen Nachbarn gestalteten sich vor wie nach dem Putsch des Königs überwiegend schwierig. Zwischen Belgrad und Sofia war die Mazedonienfrage strittig. (Mazedonien war 1913 nach dem zweiten Balkankrieg zwischen Serbien, Griechenland und Bulgarien aufgeteilt worden.) Auf die Vojvodina, wo überwiegend Madjaren lebten, erhob Ungarn historische Ansprüche. Von Albanien hätte das südslawische Königreich gern größere Gebiete an der Mittelmeerküsteübernommen, was aber nach der Festlegung der albanischen Grenzen durch eine alliierte Botschafterkonferenz im November 1921 nicht mehr aktuell war. Italien hatte sich in Istrien und an der dalmatinischen Küste Gebiete gesichert, in denen es starke slowenische und kroatische Minderheiten, zusammen rund eine halbe Million Menschen, gab. Die Rechte
seiner
Minderheiten zu achten hatte sich das Königreich 1919 in einem Minderheitenschutzvertrag verpflichtet: Schutz vor ungarischen Revisionsbestrebungen sollte die «Kleine Entente» gewähren, zu der sich im August 1920 unter französischem Patronat das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen mit der Tschechoslowakei zusammengeschlossen hatte. Im Juni 1921 folgte ein entsprechender Vertrag mit Rumänien, das sich seinerseits zwei Monate zuvor mit der Tschechoslowakei verbündet hatte.
Gegenüber Italien erwies sich das neue Königreich verständigungsbereit, als es im Vertrag von Rapallo der Umwandlung Rijekas (Fiumes) in einen Freistaat und der Abtretung von Zadar (Zara) an Italien zustimmte, ohne auf einem analogen Minderheitenschutz zu bestehen, wie es ihn den ethnischen Italienern in seinem Staatsgebiet zugestand. Im Januar 1924, inzwischen war in Rom Mussolini an der Macht, folgte der «Pakt von Rom», auch «Adriapakt» genannt, in dem Belgrad der Angliederung Fiumes an Italien zustimmte und dafür einen Teil des bisherigen Freistaatsgebiets einschließlich des Hafens Baros erhielt. Beide Staaten verpflichteten sich für die Dauer von fünf Jahren überdies zu freundschaftlicher Zusammenarbeit, zur Aufrechterhaltung des Status quo und zur Neutralität im Fall eines unprovozierten Angriffs.
In der Skuptschina fand der Vertrag, ebenso wie ein anschließendes Handels- und Schiffahrtsabkommen mit
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