Geschichte des Westens
Familienklans an, die vorrangig die Interessen ihrer jeweiligen Klientel bedienten.
Das Regime des Generals Metaxas brachte den Griechen zwar einige soziale Verbesserungen wie Mindestlöhne, kürzere Arbeitszeiten und eine Sozialversicherung. Als eine Modernisierungsdiktatur aber ließ sich seine Herrschaft nicht bezeichnen: Die gesellschaftliche Rückständigkeit blieb Griechenland nach 1936 ebenso erhalten wie eine politische Kultur, die von tief verfeindeten Lagern, politisierenden Militärs und verbreiteter Korruption bestimmt wurde.
Was für Griechenland gilt, trifft auf Albanien in ungleich höherem Maß zu: In der politischen Entwicklung, die das Land in der Zwischenkriegszeit durchlief, spiegelte sich gesellschaftliche Rückständigkeit. Noch 1945 machten die Analphabeten 80 Prozent der Bevölkerung aus. Albanien war um 1918 noch ein fast reines Agrarland; eswar der einzige überwiegend islamische Staat Europas. Etwa 70 Prozent der Bewohner waren Muslime, 20 Prozent Orthodoxe, 10 Prozent katholische Christen. Die Oberschicht bildeten muslimische Großgrundbesitzer («Beys»), aus denen sich die herrschenden Klans rekrutierten; die Masse der Bevölkerung bestand aus zumindest formell freien Bauern und Hirten, die wirtschaftlich von den Familien der Grundherren abhingen. In Tirana, das 1920 zur Hauptstadt erklärt wurde, lebten damals 15.000, im Lande insgesamt weniger als eine Million Menschen. Seine Unabhängigkeit hatte Albanien 1912 im Gefolge des Ersten Balkankrieges erhalten. Im Ersten Weltkrieg war der Süden von griechischen, italienischen und französischen Truppen, der Norden erst von serbischen, dann österreich-ungarischen und nach deren Abzug teilweise wieder von südslawischen Armee-Einheiten besetzt worden.
Die Grenzen und der Bestand Albaniens waren nach 1918 zunächst durch Ansprüche der beiden Nachbarstaaten, Griechenlands und des neuen Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen, sowie durch Italien bedroht. Italien betrachtete Albanien als künftiges Protektorat und hielt als Faustpfand Valona (Vlona) besetzt, bis es nach heftigen Kämpfen im Sommer 1920 auch diese Bastion räumen mußte. Am 2. August 1920 erkannte Rom die Integrität und Unabhängigkeit Albaniens an und verpflichtete sich zum Abzug aller Truppen aus dem albanischen Festland. Von einigen Grenzgebieten abgesehen, die um diese Zeit noch von griechischen und südslawischen Verbänden besetzt waren, war Albanien damit frei. Im Dezember 1920 erfolgte seine Aufnahme in den Völkerbund.
In den Monaten zuvor hatte eine zunächst von Suleyman Bey Delvina, dann, seit November, von Elias Bey Vrioni geführte Regierung mit Sitz in Tirana ihre Autorität über ganz Albanien ausdehnen können. Im April 1921 wurde nach dem gleichen, aber indirekten Männerwahlrecht ein Parlament gewählt, in dem zwei Parteien, die von Großgrundbesitzern dominierte Fortschrittspartei und die etwas weiter links stehende Volkspartei vertreten waren. Zwecks Abwehr eines Aufstandes des katholischen Stammes der Mirditen wurde im Oktober eine neue Regierung unter Pandel Evangheli eingesetzt; ihre beherrschende Persönlichkeit war Kriegsminister Ahmed Bey Zogu, der die Erhebung rasch und energisch niederwarf. Seit Dezember 1921 war er Innenminister im neuen Kabinett von Dscharfer Ypi. Als solcher schluger im Frühjahr 1922 einen weiteren, gegen ihn gerichteten Aufstand nieder. Im Dezember übernahm er das Amt des Ministerpräsidenten. Die Grenzen Albaniens lagen mittlerweile dank der Entscheidung einer alliierten Botschafterkonferenz vom September 1922 fest: Es waren im wesentlichen die von 1913; das südslawische Königreich und Griechenland mußten ihre Truppen vom albanischen Territorium zurückziehen.
Zur politischen Kultur des Landes gehörten politische Morde, die, entsprechend der Tradition der Blutrache, von Angehörigen der konkurrierenden Klans verübt wurden. Einem Attentat auf Zogu, bei dem dieser verletzt wurde, im Februar 1924 folgte im April ein von Zogu veranlaßter tödlicher Anschlag auf den Abgeordneten Avni Rustem. Dieser Mord löste einen neuen, diesmal landesweiten Aufstand aus. Er endete mit dem Einzug der Rebellen in die Hauptstadt und nötigte Zogu, der inzwischen als Ministerpräsident zurückgetreten war, zur Flucht ins benachbarte Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen.
Von dort aus eroberte Zogu an der Spitze einer von Jugoslawien bewaffneten Truppe im Dezember 1924 die Macht in Tirana zurück. Mitte
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