Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
Vom Netzwerk:
verlangte Sondersteuer auf exzessive Gewinne einführteund die Steuerzuschläge auf den höchsten Stand der Geschichte brachte, rief es in Wirtschaftskreisen mehr Ressentiments hervor als jedes andere New-Deal-Gesetz.»
    Alle Gesetze von 1935, für die Roosevelt sich persönlich einsetzte, dienten auch der Verbesserung seiner Chancen, im Jahr darauf als Präsident wiedergewählt zu werden. Nach dem Bruch mit «big business» traten die Konturen der «Roosevelt Coalition» so klar wie nie hervor: Sie umfaßte vor allem Arbeiter, Katholiken, Frauen, die ethnischen Minderheiten und die schwarzen Amerikaner. Die organisierten Arbeiter waren die Zielgruppe des Wagner Act, die erwerbslosen Arbeiter die Adressaten einer Vielzahl von Hilfsprogrammen; um die Frauen kümmerte sich besonders Eleanor Roosevelt, die Frau des Präsidenten; die Katholiken und die noch nicht voll assimilierten ethnischen Minderheiten gehörten meist zu den weniger gut situierten Bevölkerungsschichten und standen darum den besonders unternehmerfreundlichen Republikanern ferner als den Demokraten, die sich gern als die Partei der «kleinen Leute» gaben.
    Die schwarze Bevölkerung zog aus dem New Deal Nutzen, soweit er den unteren Gesellschaftsschichten zugute kam. Eine Politik zur Durchsetzung der Bürgerrechte der Schwarzen aber betrieb Roosevelt nicht. Er nahm es hin, daß die CCC separate Lager für schwarze Amerikaner errichtete, die NRA Tarifverträge akzeptierte, die für schwarze Arbeiter trotz gleichwertiger Leistung niedrigere Löhne vorsah als für weiße und die WPA Schwarzen regelmäßig die am schlechtesten bezahlten Arbeitsplätze gab. Der Präsident machte sich nicht einmal zum Anwalt des Entwurfs eines Anti-Lynching-Gesetzes, den die demokratischen Senatoren Robert F. Wagner aus New York und Edward P. Costigan aus Colorado 1935 vorlegten. (1935 wurden insgesamt 18 Lynchmorde im Süden der USA begangen.) Der Präsident fürchtete, durch ein solches Engagement die Unterstützung der Südstaatendemokraten zu verlieren und so den New Deal insgesamt zu gefährden. Wenn es trotzdem gelang, die Schwarzen in die «Roosevelt Coalition» einzugliedern, dann nur, weil die Demokraten inzwischen aus ihrer Sicht ein kleineres Übel darstellten als die einstige Partei Abraham Lincolns.
    Für die Republikaner ging 1936 der Gouverneur von Kansas, Alfred M. Landon, ins Rennen um die Präsidentschaft. Father Coughlin, der als gebürtiger Kanadier nicht selbst kandidieren konnte, Francis Townsend und Gerald L. K. Smith, der an Stelle des ermordeten HueyLong an die Spitze der Share-Our-Wealth-Bewegung getreten war, schlossen sich im Juni 1936 zu einer neuen Partei, der Union Party, zusammen und stellten den nominell republikanischen Kongreßabgeordneten William Lemke aus North Dakota als ihren Kandidaten auf. Von einem gemeinsamen Wahlkampf der Union Party konnte keine Rede sein: Coughlin und Smith verschreckten gemäßigte Wähler durch antisemitische Tiraden und Smith noch deutlicher als Coughlin durch offen bekundete Sympathie für den Faschismus, was Lemke und Townsend veranlaßte, sich zumindest vom Nachfolger Longs zu distanzieren. Für die Sozialisten trat erneut Norman Thomas, für die Kommunisten ihr Parteivorsitzender Earl Browder an.
    Der Wahlkampf der Republikaner litt darunter, daß der Partei sowohl ein faszinierender Kandidat als auch zündende Parolen fehlten. Lemke appellierte vor allem an die Furcht der Arbeiter vor einer Lohnsenkung als Folge der Abzüge zugunsten der Altersversicherung, die am 1. Januar 1937 in Kraft trat. Roosevelt nahm seine erneute Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Demokraten am 27. Juni in Philadelphia mit einer Rede an, von der
ein
(von seinem Pressesprecher Thomas Corcoran formulierter) Satz in die Geschichtsbücher einging: «This generation of Americans has a rendezvous with destiny». Was er damit sagen wollte, machte er wenig später deutlich: «Wir kämpfen, um eine große und kostbare Regierungsform für uns selbst und für die Welt zu bewahren» (We are fighting to save a great and precious form of government for ourselves and for the world).
    Die Wahl vom 3. November 1936 brachte Roosevelt einen Stimmanteil von 60,8 Prozent und damit die größte Mehrheit, die je ein Präsidentschaftsbewerber errungen hatte. Entsprechende Rekorde verbuchten die Demokraten in Senat und Repräsentantenhaus. Der republikanische Bewerber Landon kam auf 36,5 Prozent. Nur in zwei Staaten, Maine und Vermont,

Weitere Kostenlose Bücher