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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Anfang des Jahres geschaffene, dem italienischen «Opera nazionale Dopolavoro» nachempfundene, der DAF unterstellte Freizeitorganisation «Kraft durch Freude» (KdF) trug mit ihrem reichhaltigen Angebot an Urlaubsreisen, Volkssport, Konzert- und Theaterbesuchen sowie «bunten Abenden» erheblich dazu bei, das «Dritte Reich» bei den Arbeitern populär zu machen. Ein Berliner Vertrauensmann des Prager Exilvorstands der SPD kam kurz nach dem sogenannten «Röhm-Putsch» zu dem Ergebnis: «Die Stellung der Arbeiterschaft zum Regime muß nach wie vor als wohlwollend neutral bezeichnet werden, eine Änderung hat sich auch nach den letzten Ereignissen noch nicht bemerkbar gemacht.»[ 5 ]
Roms zweite Reichsgründung:
Das faschistische Italien und der Abessinienkrieg
    Keinem europäischen Land fühlte sich Hitler ideologisch so eng verbunden wie dem faschistischen Italien; keinem politischen Führer zollte er so viel Respekt und Bewunderung wie Benito Mussolini. Als Hitler am 30. Januar 1933 das Amt des Reichskanzlers antrat, war Italien das einzige Land, dessen Presse positiv auf den Machtwechsel reagierte. Der «Popolo d’Italia» titelte am 31. Januar «Der Zusammenbruch der alten demoliberalen Systeme in der Welt. Adolf Hitler übernimmt in Koalition mit den nationalistischen Kräften und Wehrverbändendie Regierung in Deutschland». Der «Resto del Carlino» erschien am gleichen Tag mit der Schlagzeile: «Auf den Spuren des Faschismus. Reichskanzler Hitler führt in Deutschland die jungen Kräfte der Erneuerung an die Macht.»
    Nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933, die Hitler im Besitz der Macht bestätigte, versuchte Mussolini sich als Mittler zwischen Deutschland und den Westmächten zu profilieren. Der «Duce» beteiligte sich aktiv an dem vom britischen Premierminister MacDonald bereits im Sommer und Herbst 1932 angeregten Projekt eines Konsultativpakts zwischen Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien, wie er dann tatsächlich am 7. Juli 1933 in Rom paraphiert wurde. Ratifiziert wurde der Vertrag im August und September 1933 dann freilich nur von Italien und Großbritannien. Das Scheitern des Vorhabens hing eng mit der aggressiven Politik zusammen, die Deutschland gegenüber Österreich einschlug – dem Land, an dessen fortdauernder Unabhängigkeit Mussolini schon deswegen gelegen sein mußte, weil er das Deutsche Reich nicht als unmittelbaren Nachbarn an der Brennergrenze zu bekommen wünschte.
    Im Mai und Juni 1933 spitzte sich der Konflikt zwischen den österreichischen Nationalsozialisten und der autoritären Regierung des christlich-sozialen Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß dramatisch zu. Attentate, Bombenanschläge und Brückensprengungen brachten die Alpenrepublik an den Rand eines Bürgerkrieges; die Regierung antwortete mit Verhaftungen, Hausdurchsuchungen und Versammlungsverboten. Nach mehreren aufrührerischen Reden, die er in Wien und Graz hielt, wurde der kurz zuvor eingereiste nationalsozialistische bayerische Justizminister Hans Frank Ende Mai des Landes verwiesen. Die Reichsregierung verhängte daraufhin die «Tausendmarksperre», durch die die Einreise deutscher Touristen nach Österreich unterbunden wurde. Berlin setzte darauf, daß mit diesen und anderen Kampfmaßnahmen die Regierung Dollfuß binnen kurzer Zeit zur Kapitulation gezwungen werden würde.
    Um sich an der Macht zu behaupten und eine deutsche Annexion Österreichs zu verhindern, bat die Wiener Regierung Ende Juli London und Rom, in Berlin auf eine Abkehr von der völkerrechtswidrigen Politik gegenüber dem Nachbarland zu drängen. Mussolini hatte sich bisher bemüht, einer Parteinahme zwischen den Westmächten und Deutschland auszuweichen, und versuchte daher zunächst im Alleingangauf die Reichsregierung einzuwirken. Er hatte damit jedoch ebensowenig Erfolg wie London und Paris mit einer Demarche vom 4. August. Die Folgerung, die der «Duce» aus diesem Fehlschlag zog, war eine Politik, die auf die «Faschisierung des österreichischen Staates» und damit seine Umwandlung in einen italienischen Satellitenstaat hinauslief. Dollfuß mußte sich am 19./20. August 1933 bei einem Treffen mit Mussolini in Riccione, dem dritten Italienbesuch innerhalb von vier Monaten, verpflichten, seiner Regierung einen betont diktatorialen Charakter zu geben, wozu auch ein verschärfter Kampf gegen die Sozialdemokratie gehörte.
    Den Republikanischen Schutzbund, den Wehrverband der Sozialdemokraten, hatte die Wiener

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