Geschichte des Westens
Athen hatte sich mittlerweile unter Aufsicht der Besatzungsmacht eine griechische Regierung unter General Georgios Tsolakoglou gebildet. Ende Mai begaben sich König Georg II., die Regierung und Teile des Militärs ins Exil nach Ägypten. Da Hitler die deutschen Truppen für den Ostfeldzug benötigte, überließ er den Hauptteil des Landes den Italienern als Besatzungsgebiet; Wehrmachtsverbände verblieben unter anderem in Athen, Saloniki und auf Kreta. In Ostmazedonien und Westthrakien rückten bulgarische Truppen ein.
Während die Wehrmacht auf dem Balkan militärische Triumphe feierte, stagnierte im Westen der Kampf gegen Großbritannien. Am10. und 11. Mai 1941 fand der letzte große Luftangriff auf London statt, bei dem über 1200 Menschen ums Leben kamen. Ende Mai wurde im Atlantik das deutsche Schlachtschiff «Bismarck», das drei Tage zuvor den größten britischen Schlachtkreuzer, die «Hood», zerstört hatte, von den Briten versenkt, womit der deutsche Überwasserkrieg im Atlantik fast schon beendet war. Der U-Boot-Krieg ging weiter, aber trotz schwerer britischer Verluste brachte er nicht die von der Seekriegsleitung erhoffte Wende. In Nordafrika gab es zwischen Mitte Juni und Mitte November 1941 keine größeren Kämpfe. In Ostafrika dagegen fügten die Briten den Italienern schwere Niederlagen zu: Im April nahmen sie Addis Abeba ein; im Mai kapitulierte das Gros der in Äthiopien eingesetzten italienischen Streitkräfte am Amba Alagi. Im Irak gelang es den Briten, die im April durch einen Putsch an die Macht gelangte achsenfreundliche Regierung Raschid al-Gailani zu Fall zu bringen: Am 30. Mai eroberten Verbände des Vereinigten Königreichs Bagdad, woraufhin sich die antibritischen Machthaber ins Exil begaben.
Rund eine Woche später rückten britische und gaullistische Truppen von Palästina und vom Irak aus in Syrien ein. Im Juli mußten die dort stationierten Truppen der Vichy-Regierung unter General Dentz ihren Widerstand aufgeben und einen Waffenstillstand schließen. Im Nahen Osten hatte sich damit Großbritannien auf breiter Front durchgesetzt. Ein bescheidener Trost für Hitler lag darin, daß die Türkei, die im Frühjahr 1939 unter dem Eindruck des italienischen Einmarsches in Albanien wechselseitige Beistandserklärungen mit Großbritannien und Frankreich ausgetauscht und sich im März 1941 mit der Sowjetunion auf gegenseitige Neutralität im Kriegsfalle verständigt hatte, am 18. Juni 1941 einen Freundschaftsvertrag mit Deutschland schloß. Einen Widerspruch zwischen diesen Abmachungen gab es aus der Sicht von Präsident Ismet Inönü, dem Nachfolger des im November 1938 verstorbenen Staatsgründers Atatürk, nicht: Die Vereinbarungen unterstrichen nach seiner Überzeugung lediglich die Entschlossenheit der Türkei, unter allen Umständen ihre Neutralität zu wahren.
Für seinen Vertragspartner Hitler bedeuteten die rasch erzwungenen Siege in den beiden «Blitzkriegen» auf dem Balkan, daß er seinen Terminplan für den «Fall Barbarossa», den Angriff auf die Sowjetunion, nicht ändern mußte. Bereits Mitte Mai 1941, dem von Hitlervorgegebenen frühesten Zeitpunkt, loszuschlagen erwies sich jedoch als unmöglich: Das verspätet einsetzende Frühjahrtauwetter, das Hochwasser der großen russischen Flüsse und interne organisatorische Probleme beim Heer führten schließlich zur Festlegung des Angriffstermins auf den 22. Juni 1941. Das Datum hätte den geschichtsbewußten «Führer» freilich stutzig machen müssen: An einem 22. Juni, dem des Jahres 1812, hatte ein anderer Eroberer, Napoleon I.,
seinen
Krieg gegen Rußland begonnen – einen Krieg, der für ihn in einer militärischen Katastrophe endete.
Knapp 16 Wochen vor dem tatsächlichen Kriegsbeginn, am 3. März 1941, wies Hitler dem Reichsführer SS Heinrich Himmler im künftigen Operationsgebiet des Heeres «zur Vorbereitung der
politischen Verwaltung Sonderaufgaben
» zu, «die sich aus dem endgültig auszutragenden Kampf zweier entgegengesetzter politische Systeme ergeben». Vor etwa 200 hohen Offizieren erklärte Hitler kurz darauf, am 30. März, den Aufzeichnungen von Generalstabschef Halder zufolge, der Bolschewismus sei «asoziales Verbrechertum» und der Kommunismus eine «ungeheure Gefahr»: «Wir müssen von dem Standpunkt des soldatischen Kameradentums abrücken. Der Kommunismus ist vorher kein Kamerad und nachher kein Kamerad. Es handelt sich um einen Vernichtungskrieg … Kampf gegen Rußland:
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