Geschichte des Westens
Propaganda zuständig war, der Staatssekretär beim Vizepräsidenten des Ministerrates, Jacques Bénoist-Méchin, und Joseph Darnand, der Chef der Milice, der, tatkräftig unterstützt von seinem engen Mitarbeiter Philippe Henriot, seit 1943 zum Inbegriff der fortschreitenden Faschisierung des Vichy-Regimes wurde.
1943 wurde zu einem Jahr der Résistance. Seit der Einführung des Zwangsarbeitsdienstes im Januar stieg nicht nur die Zahl der Widerstandskämpfer, sondern auch die ihrer bewaffneten Aktionen gegen Vichy-Polizisten, Milizionäre, bekannte Kollaborateure und Angehörige der Besatzungsmacht steil an. Die Okkupanten reagierten mit massenhaften Deportationen in deutsche Konzentrationslager: Von den 87.000 Franzosen, die dieses Schicksal erlitten, waren zwei DrittelAngehörige der Résistance; das verbleibende Drittel bestand vor allem aus Geiseln, Strafgefangenen und Homosexuellen.
Unter dem Eindruck der zunehmenden Repression schlossen sich die regional und politisch gespaltenen Widerstandsgruppen enger zusammen. Dem persönlichen Beauftragten General de Gaulles in Frankreich, dem früheren Präfekten des Departements Eure-et-Loire, Jean Moulin, gelang es im Januar 1943, die wichtigsten linken Widerstandsgruppen der östlichen Zone, «Combat», «Libération» und «Franc-Tireur», zusammenzuschließen. Am 27. Mai gründete er in Paris den Conseil national de la résistance (CNR), in dem neben den illegalen Kampfverbänden der gemäßigten Rechten und Linken und den republikanischen Parteien auch die größte und aktivste aller Widerstandsorganisationen, der von der Kommunistischen Partei kontrollierte Front national, mitarbeitete. Viereinhalb Wochen später, am 21. Juni 1943, wurde Jean Moulin von der Gestapo verhaftet; vom Gestapo- Chef von Lyon, Klaus Barbie, auf brutalste Weise gefoltert, starb er am 8. Juli an Herzversagen. Moulins Tod war ein schwerer Schlag für die Résistance, aber keine Zäsur: Der Kampf der «maquisards», die aus dem Schutz des Dickichts (maquis) im Zentralmassiv und anderen für den Partisanenkampf gut geeigneten Regionen gegen die Besatzer und ihre französischen Helfer losschlugen, ging unvermindert weiter.
Der Zusammenschluß der Résistance in Frankreich gab den Bemühungen um eine Zusammenarbeit der Anti-Vichy-Kräfte außerhalb des Mutterlandes Auftrieb. Nachdem General Henri Giraud, der zivile und militärische Hochkommissar in Nordafrika, im Frühjahr 1943 unter dem Einfluß seines engen Beraters Jean Monnet öffentlich mit der Regierung des Marschalls gebrochen hatte, zeigte sich de Gaulle bereit, dem britischen Drängen nachzugeben und eine Allianz mit Giraud einzugehen. In Algier riefen beide Generäle am 3. Juni 1943 das Comité français de libération nationale (CFLN) ins Leben. Die Doppelpräsidentschaft Girauds und de Gaulles war allerdings nur von kurzer Dauer. Unter dem Druck der Anhänger der Résistance in Algerien, die in der im September einberufenen Beratenden Versammlung den Ton angaben, mußte Giraud Anfang Oktober zurücktreten. De Gaulle war nunmehr der alleinige Führer des CFLN und zugleich der Inhaber der französischen Macht in Algerien. Da die Alliierten das Komitee bereits im Juli als Vertretung der französischen Interessen anerkannt hatten, konnte der Chef des Freien Frankreich fortan auch aufdie Unterstützung der Macht rechnen, die bis zum 8. November 1942 diplomatische Beziehungen zu Vichy unterhalten und in Nordafrika auf Giraud gesetzt hatte: der USA.
Mit der Ausschaltung Girauds endete die Spaltung des außerhalb des Mutterlandes agierenden französischen Militärs – ein Gegensatz, der zahlreiche Menschenleben gefordert hatte, unter anderem bei dem Versuch de Gaulles vom September 1940, seine Truppen mit britischer Hilfe in Dakar landen zu lassen, bei den Kämpfen zwischen Vichy-Streitkräften auf der einen, Briten und France-libre-Kräften auf der anderen Seite in Syrien im Sommer 1941 und bei der Schlacht um Nordafrika anläßlich der Landung der Alliierten im November 1942. Auch im innerfranzösischen Widerstand wuchs die Autorität de Gaulles. An die Spitze des CNR trat nach der Verhaftung Moulins ein anderer Vertrauensmann des Chefs des Freien Frankreich, Georges Bidault. Dafür, daß die Résistance weiteren Zulauf hatte, sorgte nicht nur die immer härter werdende Repression durch das Vichy-Regime und die Besatzungsmacht, sondern auch ein Faktor, auf den die Franzosen der unterschiedlichen Richtungen nur wenig
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