Geschichte des Westens
Mai verließ die Rote Armee das Land. Im August wurde, um mindestens formell einer alliierten Empfehlung zu entsprechen, der Antifaschistische Rat der Nationalen Befreiung Jugoslawien um 121 politisch tätige Persönlichkeiten, darunter 39 frühere Parlamentarier, erweitert, wobei sich die Kommunisten und ihre Verbündeten eine Zweidrittelmehrheit sicherten. Der erweiterte Antifaschistische Rat erklärte sich zum provisorischen Parlament des demokratischen föderativen Jugoslawien und verabschiedete ein Wahlgesetz, das «Kollaborateure» von der Wahl der Volksvertretung ausschloß und das Wahlalter von 21 auf 18 Jahre herabsetzte.
Noch während des Wahlkampfes schied der frühere Exil-Ministerpräsident Ivan Šubašic, der Außenminister in Titos Koalitionskabinett, desillusioniert über das rücksichtslose Vorgehen der Kommunisten, im Oktober aus der Regierung aus. Die Wahlen zu den beiden Kammern der Konstituante brachten der kommunistischen «Volksfront» am 11. November 1945 eine Mehrheit von über 90 Prozent im Bundesrat und von knapp 89 Prozent im Nationalitätenrat. In ihren ersten Beschlüssen erklärte die Konstituante Jugoslawien zur Republik und alle vom Antifaschistischen Rat erlassenen Gesetze für rechtens. Am 31. Januar 1946 trat eine Verfassung in Kraft, die sich an die sowjetische von 1936 anlehnte und Jugoslawien zu einer Föderativen Volksrepublik machte, die aus sechs Teilrepubliken bestand: Slowenien, Kroatien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Mazedonien.
Noch rascher als in Jugoslawien vollzog sich die kommunistische Machtergreifung in Albanien. Die kleine, 1941 gegründete Kommunistische Partei hatte unter Anleitung Titos und mit seiner tatkräftigen Hilfe im Mai 1944 einen dem Anschein nach überparteilichen Antifaschistischen Rat der Nationalen Befreiung ins Leben gerufen, der ebenso wie sein jugoslawisches Vorbild von den Westmächten und besonders von Großbritannien materiell und militärisch unterstützt wurde. Den Vorsitz im Exekutivorgan des Rates, dem Nationalen Befreiungskomitee, sicherte sich der Mann an der Spitze des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei, der Gymnasiallehrer Enver Hodscha (Hoxha). Eine im Süden Albaniens aktive konkurrierende Organisation, die Nationale Front, hatte zwar gegen die italienischen Okkupanten und das von ihnen eingesetzte Satellitenregime in Tirana gekämpft, kooperierte aber mit den Deutschen, die nach der Kapitulation des faschistischen Italien im September 1943 in Albanien einmarschierten und nominell die Unabhängigkeit des Landes wiederherstellten.
Den Kampf gegen die Deutschen nahm mit beträchtlichem Erfolg die kommunistisch geführte Nationale Befreiungsarmee auf. Ihre Aktionen beschleunigten im Herbst 1944 den Abzug der Wehrmacht aus der Mitte und dem Norden Albaniens. Am 22. Oktober, noch vor der Eroberung Tiranas, ließ sich das Nationale Befreiungskomitee von einer ad hoc einberufenen Versammlung, dem Zweiten Antifaschistischen Kongreß zur Nationalen Befreiung, zur Demokratischen RegierungAlbaniens erklären. Damit waren die Kommunisten faktisch bereits an der Macht. Am 2. Dezember 1945 verschaffte sich Hodschas Demokratische Einheitsliste durch eine manipulierte Parlamentswahl den Schein einer demokratischen Legitimation. Am 11. Januar 1946 proklamierte die neugewählte Nationalversammlung die Albanische Volksrepublik. Die kommunistische Umwälzung konnte fortan in «legalen» Formen weitergehen.
Daß Stalin sich in den Ländern Ostmittel- und Südosteuropas, die unter direktem Einfluß der Sowjetunion standen, mit der Einrichtung kommunistischer Regime mehr Zeit ließ als Tito und Hodscha, hatte gute Gründe. Der Generalsekretär der KPdSU achtete 1945 sorgfältig darauf, in den von der Roten Armee besetzten Ländern die demokratische Fassade zu wahren und wo immer möglich Koalitionsregierungen zu etablieren, in denen die kommunistische Hegemonie nicht allzu deutlich in Erscheinung trat. Er schlug diesen sogenannten «Mittelweg» nicht nur deshalb ein, weil er den westlichen Demokratien keine schlagenden Argumente für ihre Kritik an den entstehenden «Volksdemokratien» liefern wollte. Er tat es auch im Interesse der kommunistischen Parteien Westeuropas, die in vier Ländern, nämlich Frankreich, Italien, Belgien und Dänemark an der Regierung beteiligt waren.
In Frankreich waren die Kommunisten im April 1944 auf die wiederholte Aufforderung General de Gaulles hin in das Nationale Befreiungskomitee
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