Geschichte des Westens
und zahlreicheVerletzte gab, und brachten anschließend vor dem Redaktionssitz des «Popolo d’Italia» Mussolini eine öffentliche Huldigung dar. Eine neue Zeit warf in Italien ihre Schatten voraus.[ 5 ]
Der fragile Frieden:
Von Versailles zum Völkerbund
Am 18. Januar 1919, dem 48. Jahrestag der Proklamation König Wilhelms I. von Preußen zum Deutschen Kaiser, begann in Paris die Friedenskonferenz. Auf ihr waren 32 Staaten, die «Alliierten und Assoziierten Mächte», mit vollen Rechten vertreten. («Alliierte» waren die Mächte der Entente cordiale, Großbritannien und Frankreich, «assoziierte» Mächte unter anderen die Vereinigten Staaten, Japan, Belgien und Italien.) Zu den vollberechtigten Teilnehmern kamen die «additional members of the British Empire», nämlich die Dominions Kanada, Australien, Neuseeland und Südafrika sowie Indien, neue Staaten wie Polen und die Tschechoslowakei, ferner Staaten, die lediglich die diplomatischen Beziehungen mit den Mittelmächten abgebrochen hatten, und Rumänien, das im November 1918, ein halbes Jahr nach dem Frieden von Bukarest, erneut auf der Seite der Verbündeten in den Krieg eingetreten war. Nicht vertreten waren die besiegten Länder, aber auch nicht Rußland, das im Frühjahr 1918 auf Grund der Revolution der Bolschewiki aus dem Kreis der kriegführenden Mächte ausgeschieden war.
Nur selten, insgesamt achtmal, traten alle Teilnehmerstaaten zu Plenarsitzungen zusammen. Das tatsächliche Entscheidungsgremium war bis zum 24. März 1919 der Oberste Rat der Verbündeten oder der «Rat der Zehn», in dem die Großmächte USA, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan, jeweils vertreten durch ihre Staats- beziehungsweise Regierungschefs und die Außenminister, unter sich waren. In der Zeit danach hatte ein noch kleineres Gremium, der Rat der Vier, bestehend aus den USA und den drei europäischen Großmächten, das Sagen. Eine der vier Mächte, Italien, nahm zwischen dem 23. April und dem 6. Mai 1919 nicht an den Beratungen teil, weil es über der Zukunft von Fiume zum offenen Streit zwischen den Siegermächten gekommen war und Ministerpräsident Orlando und Außenminister Sonnino sich unter dem Druck der nationalistischen Rechten entschieden hatten, ihrer Forderung nach der Angliederung dieser adriatischenHafenstadt an Italien demonstrativen Ausdruck zu verleihen. Einer der wichtigsten Teilnehmer der Konferenz, Präsident Wilson, konnte vom 14. Februar bis zum 14. März 1919 nicht in Paris sein, weil er in Washington um seinen Rückhalt im Kongreß kämpfen mußte; er ließ sich von Außenminister Lansing vertreten. Den Staats- und Regierungschefs und ihren Außenministern arbeiteten rund 60 Kommissionen zu, von denen nur eine, die über den Völkerbund, die League of Nations oder Société des Nations, unmittelbar dem Plenum der Teilnehmerstaaten berichten durfte.
Der Völkerbund sollte dem Frieden und der Sicherheit der Welt den notwendigen organisatorischen Rahmen geben. Darum machte er es den Mitgliedern zur Pflicht, sich gegenseitig zu helfen und im Falle von Streitigkeiten zwischen ihnen den Schiedsspruch des Ständigen Internationalen Gerichtshofes in Den Haag beziehungsweise eines besonderen, von den streitenden Parteien eingesetzten Schiedsgerichts anrufen. Die Bundesversammlung, der alle Mitgliedstaaten mit je einer Stimme und bis zu drei Delegierten angehörten, konnte mit Zweidrittelmehrheit Sanktionen verhängen. Dasselbe konnte, ebenfalls mit Zweidrittelmehrheit, der Völkerbundsrat tun. Dieser bestand aus ständigen und nichtständigen Mitgliedern. Die ständigen waren die Großmächte, wenn sie denn alle dem Völkerbund beitraten, die USA, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan; die nichtständigen Mitglieder (deren Zahl nicht ein für alle Mal feststand) wurden für die Dauer von drei Jahren gewählt. Mit Zweidrittelmehrheit konnte die Bundesversammlung Mitglieder ausschließen und neue aufnehmen.
Die Bundesversammlung verfügte über ein Ständiges Generalsekretariat unter einem Generalsekretär mit Sitz in Genf. Sie setzte die Kommission für die Mandatsgebiete, das heißt die ehemaligen deutschen Kolonien und die arabischen Teile des untergegangenen Osmanischen Reiches, darunter Palästina, ein, ebenso das Hochkommissariat für Flüchtlingshilfe und Sonderorganisationen wie die für das Gesundheitswesen. Sie führte die Aufsicht über das Internationale Arbeitsamt, das Institut für geistige Zusammenarbeit in Paris
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