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Geschichte Hessens

Geschichte Hessens

Titel: Geschichte Hessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank-Lothar Kroll
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Frankenberg und Ziegenhain, betrug der Stimmenanteil für die NSDAP 1933 fast 80 Prozent.
     
    Universitäten und Wissenschaften.
Es war ein Faktor von Gewicht, daß sich zu Beginn der 1930er Jahre auch im akademischen Milieu die Anhänger Hitlers zusehends Gehör zu verschaffen wußten. Bei den Studentenratswahlen vom Juni 1931 erlangte der
Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund
an den hessischen Hochschulen absolute Mehrheiten – in Marburg ebenso wie in Gießen und Darmstadt. Lediglich Frankfurt am Main bildete hinsichtlich des dort vorherrschenden hochschulpolitischen Klimas eine Ausnahme. Die Universität hatte von Anfang an durch eine progressive Berufungspolitik von sich reden gemacht. Sozialkritisch und sozialwissenschaftlich orientierte Gelehrte wie Karl Mannheim, Max Scheler, Franz Oppenheim oder Paul Tillich verliehen ihr seit Beginn der Weimarer Republik erhebliche Reputation und machten sie zum Zentrum einer modernen, weltoffenen politischdemokratischen Kultur. Entsprechend schwerwiegend waren infolgedessen auch die Einbußen, die der Frankfurter Alma Mater 1933 durch Institutsschließungen, Emigration und Vertreibung zahlreicher jüdischerund politisch mißliebiger Professoren und Dozenten – gut ein Drittel des Lehrkörpers – widerfahren sollten. 1924 wurde das der Universität angegliederte
Institut für Sozialforschung
eingeweiht (erster Direktor: Carl Grünberg, seit 1930: Max Horkheimer). Es verstand sich als eine der wissenschaftlichen Erforschung des Marxismus und der Arbeiterbewegung gewidmete, interdisziplinär orientierte Einrichtung, die auf die Entwicklung einer zeitgemäßen Gesellschaftstheorie zielte und rasch zu einem Sammelbecken der Weimarer Linksintelligenz avancierte. 1920 hatte der Philosoph Franz Rosenzweig (1886–1929), fasziniert vom Gedanken einer Erneuerung der jüdischen Kultur, in Frankfurt das
Freie Jüdische Lehrhaus
eröffnet, das bis 1929 als Stätte der Begegnung und des jüdisch-christlichen Dialogs diente, und an dem seit 1925 Martin Buber (1878–1965) über jüdische Religionswissenschaft las. Im gleichen Jahr erhielt das durch den Ethnologen und Afrikaforscher Leo Frobenius (1873–1938) gegründete
Forschungsinstitut für Kulturmorphologie
seinen Sitz in der Mainmetropole, die damit zu einem zentralen Ort der vergleichenden Kulturforschung wurde. Eine 1921 gegründete
Akademie der Arbeit
zur Weiterbildung von Arbeitern und Angestellten war ebenso Ausdruck des damals in Frankfurt herrschenden volkspädagogischen Elans wie die dort 1927 eröffnete
Pädagogische Akademie
zur Fachausbildung von Lehrern.
     
    Das Kulturleben.
Hessen galt in den Jahren der Weimarer Republik weiterhin als vielbeachteter Schauplatz kultureller und künstlerischer Aktivitäten. Dabei verlor allerdings das bisher dominierende Darmstadt nach dem Abgang Großherzog Ernst Ludwigs stark an Strahlkraft. Zwar versuchte man im Theater- und Ausstellungswesen an die Vorkriegserfolge anzuknüpfen – etwa 1920 mit der Ausstellung «Deutscher Expressionismus» auf der Mathildenhöhe. Auch stiftete die Hessische Landesregierung darüber hinaus zum Reichsverfassungstag 1923 den «Georg-Büchner-Preis», und der Philosoph Hermann Graf von Keyserling (1880–1946) schuf mit seiner «Schule der Weisheit» (seit 1920) einen veritablen Anziehungspunkt für geistig-literarische Diskussionen mit gesamteuropäischer Resonanz. Übertroffenwurden solche Darmstädter Aktivitäten in den 1920er Jahren jedoch von Frankfurt am Main, dessen Bühnen durch die Aufführung zeitgenössischer expressionistischer Schauspiele von sich reden machten («Neues Theater»). Am Frankfurter Opernhaus wirkte zwischen 1915 und 1923 einer der bedeutendsten deutschen Komponisten des 20. Jahrhunderts als Konzertmeister: Paul Hindemith (1895–1963), in Hanau gebürtig, der in Frankfurt die Uraufführung zahlreicher eigener Stücke leitete. Sie wurden, wie viele andere avantgardistische Kompositionen moderner Musik, im 1923 als
Südwestdeutsche Rundfunkdienst AG
gegründeten
Radio Frankfurt
– immerhin der fünftgrößten deutschen Sendeanstalt – einer wachsenden Zahl von Hörern diesseits und jenseits der hessischen Grenzen präsentiert. Hinzu kam die steigende Bedeutung, die der Geburtsort Goethes nun auch als eines der Zentren literarischintellektuellen Lebens in der Weimarer Republik gewann. 1927 verlieh die Stadt erstmals den
Goethe-Preis
für herausragende Leistungen auf wissenschaftlichem und künstlerischem

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