Geschichte Irlands
atlantischen Kolonialhandels, weil dieser Irlands Abhängigkeit vom transnationalen Wirtschaftssystem des jungen Kolonialreichs nur umso deutlicher illustrierte.
Von der Pacht profitierten Mittelsmänner, die Church of Ireland und eine kleine landbesitzende Elite, die ihren Wohlstand in prächtigen sogenannten Big Houses zur Schau trug. Diese soziale Minderheit brachte einen grundsätzlich anderen ethnischen, kulturellen und religiösen Hintergrund mit als die gälisch-katholische Bevölkerungsmehrheit â ganz gleich, ob sie sich als Nachkommen der anglo-normannischen oder der englischen Siedler aus der Zeit Elisabeths I. betrachteten. Die politisch Ambitionierten unter ihnen besaÃen einen Zweitwohnsitz in Dublin, das um 1690 etwa 60.000 Einwohner zählte und im Schloss den Sitz des englischen Statthalters beherbergte. Mit ihm in regelmäÃigem Kontakt zu stehen, war entscheidend für das politische Fortkommen. Als blühende Seehäfen waren hingegen nur Cork und Limerick wettbewerbsfähig.
Aus europäischer Perspektive hatte Irland sich zu einem auf Dublin hin zentralisierten, doch von England komplett abhängigen Königtum entwickelt. Petty beschrieb, wie sich in dieser Zeit das Erscheinungsbild Dublins veränderte und wie die Provinzhauptstadt parallel zu London urbaner und wohlhabender wurde. An ihrer frühgeorgianischen Architektur, den Anlagen von St. Stephenâs Green und Merrion Square, am Royal Hospital und dem Customâs House, sind auch die Ansprüche der Stadtplaner abzulesen, durch Eleganz die Eigenbedeutung derStadt zu unterstreichen. Zwar konnte das Trinity College mit den Universitäten von Oxford und Cambridge noch nicht konkurrieren, sofern es galt, durch höhere Bildung politische und kulturelle Konformität zu bewirken; noch wurde es, wie z.B. von den Schriftstellern William Congreve und George Farquhar, nur als Zwischenstation benutzt. Aber es war lediglich eine Frage der Zeit, dass diese Wahrnehmung korrigiert wurde. 1704 verbot ein Gesetz den irischen Katholiken, Land zu kaufen oder durch Heirat zu erwerben. Das wenige bei katholischen Familien verbliebene Land wurde durch erzwungene Erbteilung automatisch immer kleiner und zerstreuter, es sei denn, ein Erbe konvertierte zum Protestantismus: In diesem Fall wurde ihm das ganze Land übertragen. Geleitet war dieses Programm von der Idee, flächendeckend materielle Armut unter den Katholiken und in ihrer Folge auch Bildungsarmut zu schaffen.
Zwei Kulturen
Der Fluss Shannon markierte fortan die Grenze zwischen den Kulturen, zwischen Westen und Osten. Eine andere Barriere bildete das Gälische, das auch ein Grund für das Scheitern der protestantischen Missionierung war. Denn die protestantischen Geistlichen konnten sich an die Mehrheit der Iren nicht in deren eigener Sprache wenden. Nirgendwo war Irland in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kulturell und religiös stärker polarisiert, nirgendwo wurden die englische Herrschaft und der Widerstand gegen sie brutaler praktiziert als in Connacht, jener Provinz, in der katholische Priester und Barden den Mythos erfanden, einst werde die gälische Nation wieder an das angeblich geeinte Mittelalter anknüpfen und auferstehen.
Um Irland in das konfessionelle Korsett von Cromwells Siedlungspolitik zu zwängen, fehlte es allerdings an Zeit. Der Plan scheiterte schon allein daran, dass sich nach Abflauen der kriegerischen Auseinandersetzungen und noch vor Cromwells Tod 1658 abzeichnete, dass sich die Republik in England nicht lange würde halten können. Die Restauration der Monarchie war absehbar, und so hatten die Konfiszierungen von irischem Landunter Cromwell die Insel nicht nur in Sieger und Besiegte geteilt: Ihre NutznieÃer standen nun im Verdacht, keine loyalen Royalisten zu sein.
Eine Vermittlerrolle zwischen der protestantischen Oberschicht Irlands und der englischen Monarchie übernahm in dieser Zeit James Butler, Herzog von Ormond. Der persönliche Vertraute von Karl II. sorgte dafür, dass die bestehenden Besitzregelungen nicht revidiert wurden, aber die Verfolgung der Katholiken ein Ende nahm. Bis 1690 konnte der Katholizismus sich in Irland als Volksreligion erholen, und in weite Teile der Insel remigrierte der Klerus, der in Frankreich und den katholischen Ländern Südeuropas vorübergehend Zuflucht gefunden hatte. Als 1685 mit Jakob II. ein katholischer König den
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