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Geschichte machen: Roman (German Edition)

Geschichte machen: Roman (German Edition)

Titel: Geschichte machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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konnte, einfach um quitt zu sein.
    Und auf dem Parkplatz standen prachtvolle viertausend Pfund in Form eines Renault Clio. Mit
meiner
Killerbrille auf der Ablage.
Die
gönnte ich Jane gleich gar nicht. Ich stellte die Mappe neben dem Auto ab, wühlte meine Autoschlüssel aus der Tasche, öffnete den Wagen, nahm die Brille heraus und setzte sie auf. Verleiht eine Sonnenbrille einem mehr oder weniger Souveränität? Man verbirgt seine Augen, was gemeinhin als schüchtern und schwach gilt, andererseits wirkt man cool und unnahbar. Beim Autofahren sieht man natürlich schlechter. Vor dem Fahrersitz konnte ich eine Rolle Pfefferminzbonbons erkennen, die auf jeden Fall mir gehörte. Ich wußte noch genau, wie ich sie an einer Tankstelle gekauft hatte. Ach und apropos, die Hälfte der Kassetten gehörte auch mir. Ich nahm so viele, wie ich auf einmal packen konnte. Von allem etwas: ein bißchen Pulp, Portishead, Kinks, Verdi, Tschaik, Blur, den Morricone, die Alfred-Newman-Sammlungen und natürlich meine über alles geliebten Oily-Moily. Die Mariah Carey, k. d. lang, Wagner und Bach konnte sie meinetwegen behalten. Bei der Auflösung kinderloser Beziehungen dreht sich heutzutage alles darum, wer das Sorgerecht für die Plattensammlung bekommt. Man sollte seine Ansprüche also tunlichst als erster geltend machen.
    Und in diesem Augenblick war der erste teuflische Gedanke ausgereift. Ich beugte mich noch einmal in den Wagen, riß die Parkerlaubnis fürs College von der Windschutzscheibe und zerriß sie in kleine Schnipsel. Ha-ha.
    Meinen zweiten teuflischen Gedanken hatte ich, als sich die Kassetten zu Double Eddies CDs gesellten und mir das Fläschchen Tippex in die Finger kam.
    Für einen Angehörigen der Tastatur-Generation darf ich mich einer exzellenten Handschrift rühmen. Als ich vierzehn war, hat mir meine Patentante zu Weihnachten ein OsmiroidKalligraphieset geschenkt, und eine Zeitlang bin ich da voll drauf abgefahren. Man konnte die Buchstaben regelrecht ausgestalten, das »o« mit zwei Strichen schreiben, den Unterlängen und Oberlängen zierliche aufwärtsgerichtete Serifen verleihen, dick dünn, dick dünn, alles mit den richtigen Proportionen, das ganze Drum und Dran. Sie hätten in dem Jahr meine Dankesbriefe sehen sollen. Umwerfend.
    Ich lehnte mich über die Kühlerhaube des Renault wie ein Verkehrssünder, der für einen Highway-Polizisten in den USA in Position geht, klemmte die Zunge in den Mundwinkel und machte mich an die Arbeit. Vielleicht würden die Lösungsmittel im Tippex den Lack ganz fabelhaft korrodieren, so daß meine kleine Liebesbotschaft sich nur mit einer langweiligen, zeitraubenden und kostspieligen Neulackierung entfernen ließe. Cool. Das war doch bestimmt der neue, souveräne Michael Young, auf den wir alle gewartet hatten. Mein Herz klopfte bis zum Hals, als ich einen Schritt zurücktrat, um den Gesamteindruck zu bewundern. So was hatte ich wirklich noch nie gemacht. Ich fühlte mich wie ein Ladendieb oder wie ein Kunde vor dem Sexshop.
    Die Schrift war kleiner geraten, als ich mir gewünscht hätte, aber mit einem Fläschchen Tippex kommt man nicht weit, auch nicht auf der kompakten Kühlerhaube einer Clio. Trotzdem war das Weiß auf dem Dubonnetrot ziemlich eindrucksvoll, und der Wortlaut traf den Nagel auf den Kopf:
     
    Ich bin von einer dummen Pute gestohlen worden.
     
    Ich bewunderte mein Werk eine Zeitlang und überlegte, ob ich noch den albernen, einfach
albernen
Aufkleber an der Heckscheibe abreißen sollte: GENETIKER MACHEN ES IN VITRO, har-har-har, aber ich merkte, daß es schon fast elf war. Ich mußte Zuckermann noch sein blödes Päckchen vorbeibringen, das Meisterwerk bei Fraser-Stuart abliefern und mich mit einer Studienanfängerin zum Tutorium treffen.Soweit ich mich erinnern konnte, war ihr Aufsatz über Castlereagh und Canning überfällig, obwohl ich ihr in meiner Güte bereits zwei Verlängerungen gewährt hatte. Wenn sie ihn immer noch nicht fertig hatte, konnte sie sich auf was gefaßt machen. Schließlich hatte ich soeben eine zweihunderttausend Worte lange Dissertation säuberlich argumentierter, penibel recherchierter, innovativ präsentierter und elegant formulierter historischer Thesen vollendet, da konnten mir selbst in Bestlaune faule und träge Studenten gestohlen bleiben. Jetzt war Schluß mit Mr. Kumpel. Ab sofort hieß es Dr. Ekelpaket.
    Ich bückte mich nach meiner Aktentasche, als ES geschah. Die Mutter aller GAUs passierte. An sich schon beschissen

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